Einer der weltweit strengsten Lockdowns wurde Mitte März 2020 in Südafrika verhängt – obwohl es zum damaligen Zeitpunkt nur gut hundert Corona-Fälle im Staat am Kap der Guten Hoffnung gab. Ziel war, Zeit zu gewinnen, um das südafrikanische Gesundheitssystem auf die erste Corona-Welle vorzubereiten: Die Zahl der Intensivbetten pro Kopf war dort deutlich kleiner als in Deutschland. Zwei Monate lang durften die Südafrikaner das Haus kaum verlassen.
In Kapstadt wurde das Konferenzzentrum in ein Feldlazarett
sich in seiner
Ehrlichkeit bestraft.
mit 860 Betten umgebaut. Die Sorge war damals allerdings weniger, dass die Zahl der Krankenhausbetten nicht reichen würde, sondern dass nicht genügend medizinisches Personal zur Verfügung stehen würde, um diese Betten zu versorgen. Außerdem bestand die Gefahr, dass durch den Lockdown die Wirtschaft so stark einbrechen würde, dass in Südafrikas Armenvierteln eine Hungersnot ausbrechen würde. Die Menschen in den Armenvierteln wurden während des Lockdowns durch Hilfslieferungen unterstützt.
Ab Juni 2020 wurde der Lockdown spürbar gelockert. An der DSK, einer Privatschule, wurde der Online-Unterricht schrittweise wieder durch den Präsenzunterricht ersetzt. Die meisten der südafrikanischen Staatsschulen sind allerdings räumlich schlecht ausgestattet und können deshalb die Abstandsregeln nur umsetzen, wenn die Schüler jeden zweiten Tag in die Schule gehen.
Nachdem im Dezember 2020 in Südafrika die Beta-Variante entdeckt worden war, wurde Südafrika unter anderem von Deutschland als Variantengebiet eingestuft. Für viele Monate waren 14 Tage Quarantäne für Einreisende aus Südafrika vorgeschrieben.
Zunächst bestand auch in Südafrika die Hoffnung, dass es ab März 2021 mit den Impfungen losgehen könnte. Als herausgefunden wurde, dass der von Südafrika bestellte Astrazeneca-Impfstoff gegen die südafrikanische Beta-Variante keinen ausreichenden Schutz bietet, wurde der Impfstoff an andere Länder weiterverkauft. Seit Mitte Juli sind auch in Südafrika geeignete Impfstoffe verfügbar. Allerdings sind aus verschiedenen Gründen, unter anderem wegen der schlechten medizinischen Infrastruktur in den ländlichen Gebieten, bisher erst um die 30 Prozent der südafrikanischen Bevölkerung geimpft. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass die meisten Bürger bereits eine Corona-Infektion hinter sich haben.
In Südafrika sieht man die gesundheitlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie auch im Vergleich zu dem bereits seit Langem bestehenden Kampf gegen Tuberkulose und HIV. Im Jahr 2019 starben in Südafrika etwa 58 000 Menschen an Tuberkulose. An einer Covid-19-Infektion lauf offizieller Statistik im Jahr 2020 dagegen weniger als 30 000 Menschen. Auch wenn die Übersterblichkeit in Südafrika im Jahr 2020 als Kriterium herangezogen wird, dürfte die Zahl der Corona-Toten sich nicht stark von der Zahl der Tuberkulose-Toten unterscheiden.
Südafrika hat eine junge Bevölkerung. Das dürfte ein Grund sein, dass die Zahl der Corona-Toten nicht so hoch ist wie ursprünglich befürchtet. Am Kap übersteigt inzwischen die Angst vor wirtschaftlichen Schäden die Angst vor dem Virus. Das war auch bei der Entdeckung der Omikron-Variante Ende November durch südafrikanische Wissenschaftler spürbar. Anstatt der Furcht vor der Omikron-Welle dominierte die Wut über die Reaktion der Welt, die Flüge nach Südafrika gestrichen und Quarantänevorschriften für Einreisende aus Südafrika verhängt hat. Insbesondere die Tourismusbranche leidet. Die Südafrikaner fühlen sich für ihre Ehrlichkeit bestraft.
Die Eltern aus Ohmden kamen Ende November in Kapstadt an – mit einem der wenigen internationalen Flüge, die es noch gab, nachdem die Omikron-Variante international bekannt gemacht wurde. Sie freuen sich, mit der Familie sommerliche Weihnachten feiern zu können. Wegen der Wärme und der strengen Corona-Kontrollen wie Händedesinfektion und Fiebermessung in Restaurants fühlen sie sich in Südafrika trotz Omikron sicherer als im deutschen Winter.