Wenn von „städtebaulichen Missständen“ die Rede ist, kommt einem nicht unbedingt die Gemeinde Holzmaden mit ihrem herausgeputzten Fachwerk-Rathaus und der noch jungen Gemeindekirche in den Sinn. Doch rein formal muss die Verwaltung genau diese geltend machen, wenn sie Finanzhilfen für eine Ortskernsanierung beantragen will. Das soll nun mit hilfe der „Steg“ passieren, einer Stuttgarter Agentur für Stadtentwicklung. Die hat schon erfolgreich Projekte für Sanierungen in Gemeinden wie Ohmden, Bissingen oder Owen auf die Schiene gesetzt, weiß also „wie der Hase läuft“.
„Unser Ziel ist es, ein strategisches Konzept für die nächsten zehn Jahre zu entwickeln und zu entscheiden, wo wir als Ort hinwollen“, sagt Bürgermeister Florian Schepp. Dazu gehören Fassaden- und energetische Sanierungen, aber auch Themen wie Nahversorgung, Wohnraum und Verkehr. Ohnehin hatte der Gemeinderat in früheren Sitzungen beschlossen, sich der künftigen Nutzung der Pfarrscheuer zu widmen, die sich derzeit in Besitz der Kirche befindet und den Kindergarten Seestraße zu sanieren. Auch soll die Parkplatzsituation im Ortskern neu gestaltet werden und tatsächlich bräuchte auch das Rathaus außen und innen wieder eine Frischzellenkur. Nun will der Schultes das Paket noch etwas größer schnüren und im Rahmen einer Ortskernsanierung auch Privathäuser mit einbeziehen. Die Vorteile: Es gibt ein strukturelleres Vorgehen und mehr Möglichkeiten für Landeszuschüsse.
Marianne Maier-Rivera vom Stadtentwickler Steg hat dem Gemeinderat jetzt einen Überblick verschafft, wie so ein Projekt aussehen kann, vom Antrag über die vorbereitende Untersuchung bis zur eigentlichen Sanierung. Zuschüsse können auch Privatleute bekommen, wenn sie zum Beispiel Fassaden erneuern. Bis zu 60 Prozent sind da möglich. Bei einer ersten Untersuchung im Ortskern hat Maier-Rivera schon ehebliche Mängel festgestellt. „Einige Gebäude sind in einem sehr schlechten Zustand“, sagt sie.
„Ambitionierter Zeitplan“
Bis Oktober muss der Antrag fertig sein, bis dahin soll es auch eine offene Bürgerbeteiligung geben, also nicht nur von den unmittelbar betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern, sondern von allen Holzmadenern. „Das ist ein ambitionierter Zeitplan“, meint der Schultes, sieht es aber auch als Vorteil an, die Sache „möglichst schnell aufs Gleis“ zu setzen. Was ihm vor allem gefällt: „Es gibt eine umfangreiche Bestandsaufnahme.“
Dennoch kann es auch bei einem erfolgreichen Antrag zu Zeitverzögerungen kommen. „Es gibt keinen Anspruch, dass man sofort reinkommt“, tritt Marianne Maier-Rivera vorsorglich auf die Euphoriebremse. Das hänge immer auch von der Zahl der Anträge im jeweiligen Regierungsbezirk ab.
Bei dringenden Projekten wie dem Kindergarten hat die Gemeinde allerdings nicht so viel Zeit. „Was ist, wenn es nicht klappt?“, will Gemeinderat Dr. Markus Ocker (HBL) wissen. „Dann müssen wir sehen, ob wir es ohne Programm machen“, antwortet der Bürgermeister. „Bei Kindergärten ändern sich auch ständig die Förderkulissen“, ergänzt die Expertin.
Doch dass man es gemeinsam versucht und die Gelegenheit schafft, dem Ortskern eine Frischzellenkur zu verordnen, darüber ist sich der Gemeinderat einig: Die Steg wird beauftragt, eine Bestandsaufnahme zu machen, dann anschließend die Bürgerbeteiligung vorzubereiten und schließlich den Antrag fertigzustellen. Und dann wird zur Tat geschritten: Insgesamt acht Jahre hat die Gemeinde Zeit, die Pläne um- und die Fördermittel einzusetzen. Das passt perfekt in die Zehn-Jahres-Perspektive des Schultes.
Zwei Hauptamtsleiter in einer Sitzung
Premiere Im Gemeinderat hat in der jüngsten Sitzung der neue Hauptamtsleiter Marcel Straub seine Premiere gehabt. Vorerst beschränkt sich der gebürtiger Aichelberger noch auf die Rolle des aufmerksamen Beobachters. Für die Hintergrundinformationen und Präsentationen ist während der Sitzung immer noch die bisherige Amtsleiterin Roswitha Haselbeck zuständig. Sie geht am 30. Juni nach 38 Jahren in den verdienten Ruhestand. Bis dahin kann sie ihrem Nachfolger noch reichlich Tipps geben und Hintergrundinformationen vermitteln. zap