Bielomatik beantragt Schutzschirmverfahren für Papierverarbeitung – Bereich ist schon seit Längerem in Schieflage*
Papiersparte droht die Insolvenz*

Paukenschlag in Neuffen: die Firma Bielomatik will sich von ihrer Papiersparte trennen. Das Unternehmen teilte mit, dass für den Bereich Papier­verarbeitung ein Schutzschirmverfahren beantragt wurde. Damit soll eine Insolvenz ­verhindert werden. Nun will man sich auf die Suche nach einem Käufer machen.*

Neuffen. Die Firma Bielomatik wolle sich künftig auf die ertragreichen Wachstumssparten Kunststoffschweißen und Schmiertechnik konzentrieren, so Unternehmenssprecher Patrick Hacker. Der im Zuge der schwierigen Marktlage in Schieflage geratene Bereich Papierverarbeitung solle verkauft werden. Bielomatik saniert sich in diesem Zusammenhang durch ein Schutzschirmverfahren. Das Amtsgericht Esslingen hat dem entsprechenden Antrag der Geschäftsführung zugestimmt.

Die Möglichkeit, bei einer drohenden Insolvenz ein Schutzschirmverfahren zu beantragen, gibt es in Deutschland seit 2012. Dabei wird dem Management die Sanierung des Unternehmens in Eigenregie unter den Maßgaben des Insolvenzrechts ermöglicht. Das Unternehmen erhält bis zu drei Monate Zeit, unter Aufsicht eines vorläufigen Sachwalters einen Sanierungsplan zu erstellen, der anschließend als Insolvenzplan umgesetzt werden kann. Auch ein Stellenabbau werde in Betracht gezogen, so Unternehmenssprecher Hacker: „Er ist aber nicht Kern der Strategie.“ Bereits während der Wirtschaftskrise 2009 waren beim Unternehmen 150 Stellen abgebaut worden, damals knapp ein Fünftel der Belegschaft.

Die rund 550 Mitarbeiter in Neuffen seien im Zuge einer Mitarbeiterversammlung über die Lage informiert worden. Bielomatik komme damit einer drohenden Zahlungsunfähigkeit zuvor, wird in Eigenverwaltung weitergeführt, kann aber im Schutzschirmverfahren die Möglichkeiten des neuen Insolvenzrechts zur Sanierung nutzen.

Die Entscheidung sei für die Belegschaft sehr überraschend gekommen, so der Betriebsratsvorsitzende Matthias Ade. Mehr wolle er derzeit aber nicht zur Situation sagen, der Betriebsrat sei erst kurz vor der Belegschaft über die drohende Insolvenz informiert worden und müsse nun zunächst die rechtliche Situation klären. Auch der Gewerkschaftssekretär der IG Metall, Andreas Streitberger, war von dieser Entwicklung bei Bielomatik überrascht. „Die Lage ist in der gesamten Papierbranche seit Jahren angespannt“, so Streitberger. Auch andere große Unternehmen seien davon betroffen. Doch diese Entwicklung bei dem Neuffener Unternehmen sei nicht vorhersehbar gewesen.

Der Geschäftsbetrieb soll uneingeschränkt fortgeführt werden, das Unternehmen sei weiterhin zahlungsfähig. Für die Tochtergesellschaft Bielomatik Jagenberg, die in Neuss 23 Mitarbeiter beschäftigt, wurde allerdings ein Regelinsolvenzverfahren eingeleitet.

Arndt Geiwitz begleitet das Schutzschirmverfahren als Sachwalter. „Bielomatik ist und bleibt auch unter dem Schutzschirm uneingeschränkt handlungsfähig“, so der Vorsitzende der Geschäftsführung, Alexander Wassermann, in einer Pressemitteilung.

Das Unternehmen habe sich in den vergangenen Jahren in den Bereichen Kunststoffschweißen und Schmiertechnik erfolgreich entwickelt. Die Geschäftsentwicklung in diesen Sparten sei positiv, und auch 2015 wird mit einem weiteren Wachstum gerechnet. „Auch im Bereich Papierverarbeitung sehen wir viele positive Ansätze, die in einem anderen unternehmerischen Umfeld ­Synergien erzeugen können und ihren Wert haben“, sagt Arndt Geiwitz. „Wir werden hier ganz intensiv in Verkaufsgespräche gehen.“

Das Unternehmen werde nun innerhalb von drei Monaten einen Sanierungsplan erstellen. Wassermann verspricht ein Vorgehen im engen Schulterschluss zwischen Gläubigern, Geschäftspartnern, Mitarbeitern, Gericht und Sachwalter.

Auf die Gültigkeit von Arbeitsverträgen habe der Schutzschirm-Antrag keine Auswirkungen. Alle Rechte und Pflichten blieben bestehen. Folglich haben Mitarbeiter auch in Schutzschirmverfahren einen gesicherten Gehaltsanspruch für drei Monate über das sogenannte Insolvenzgeld.