Wer kennt sie nicht, die markante Pappel-Allee zwischen Owen und Beuren. „Jeder weiß, wovon wir sprechen. Es gibt unzählige Fotos von der Allee. Es ist eine ortsbildprägende Landmarke wie das Z ahnbürstle oder die Teck – und die wollen wir behalten“, sagte Owens Bürgermeisterin Verena Grötzinger im Ratsrund. Zunächst informierte Manuela Scheerer, Leiterin der Finanz- und Bauverwaltung, über den teilweise kurios anmutenden Sachverhalt. Weil immer mehr Allee-Bäume vom Sturm gefällt oder altershalber abgestorben sind, wurden die Reihen immer lichter.
Leicht „zerrupft“ präsentiert sich die Allee, über 30 Bäume fehlen schon. Im Jahr 2020 hat die Owener Verwaltung Kontakt mit der Unteren Naturschutzbehörde im Esslinger Landratsamt deswegen Kontakt aufgenommen. Zwei Möglichkeiten standen aus Owener Sicht zur Diskussion: die Baumlücken mit jungen Pflänzchen schließen oder die Allee an anderer Stelle komplett neu pflanzen.
„Dafür war jedoch ein Gutachten nötig. Ein Jahr hat es gedauert, denn alle Vegetationsperioden mussten durchlaufen und berücksichtigt werden“, erklärte Manuela Scheerer. Die Bäume wurden einzeln auf ihre ökologische Bedeutung für die Artengruppen Vögel, Fledermäuse und Insekten untersucht. Ende vergangenen Jahres lag dann die Expertise vor. „Zu unserem großen Glück wurde der Gefleckte Pappel-Prachtkäfer entdeckt. Dadurch ist es uns jetzt erlaubt, sämtliche Varianten umzusetzen – auch die Hybrid-Pappeln“, konnte sie mit einer guten Nachricht aufwarten, denn der Gemeinderat war sich einig, die Pappel-Allee zu erhalten. Dies versuchte die Untere Naturschutzbehörde jedoch zu verhindern. Die Pappeln seien an dieser Stelle fehl am Platze, da sie weder eine typische Baumart für das Albvorland seien und deshalb auch nicht in die Landschaft passten, ließ der amtliche Naturschutz verlauten. Statt dessen solle Säulenahorn oder ähnliche Arten gepflanzt werden.
Dank des sechs bis elf Millimeter kleinen Gefleckten Pappel-Prachtkäfers ist das jetzt vom Tisch. „Wir sind alle froh, dass wir die Allee abschnittsweise nachpflanzen können“, fasste es Manuela Scheerer zusammen. Das Interesse am Erhalt der Pappel-Allee ist in der Bevölkerung groß. Einige Owener Bürger haben bereits ihre Bereitschaft erklärt, einen Baum pflanzen zu wollen. Mit im Boot sind auch der Obst- und Gartenbauverein sowie der Alt-Owen Förderkreis. Im kommenden Herbst soll der erste von drei Abschnitten in Angriff genommen werden. 15 Pappeln sollen gepflanzt werden. Die „Runderneuerung“ der Allee an gleicher Stelle lässt sich Owen knapp 70 000 Euro kosten. In drei bis vier Jahren soll die Aktion dann abgeschlossen sein.
„Das sind gute Nachrichten. Die Allee ist ein historisches Gut“, freute sich Verena Grötzinger. Gleicher Ansicht sind auch die Gemeinderäte. „Ich als Nachbar darf das sagen: Die Pappel-Allee gehört hierher und muss erhalten bleiben“, erklärte Thomas Rabel vom Berghof.
„Jeder hier ist für die ortsbildprägende Allee. Vor vielen Jahren haben sich zwei Männer was dabei gedacht. Sie haben Weiden geschnitten und sie an dieser Stelle gesetzt – und seit vier Jahren müssen wir uns nun mit der Bürokratie rumärgern, dass die Allee erhalten bleibt“, sagte Ulrich Raichle. Ins gleiche Horn blies Holger Röcker: „Die zwei haben sich was Schlaues überlegt. Die Pappeln haben einen klimatischen Einfluss auf die Wiesengrundstücke in Owen. Deshalb ist es wichtig, die Allee an gleicher Stelle neu zu pflanzen. Das ist ein richtiges Windbrett“, sagte er. Das konnte Anwohner Thomas Rabel bestätigen. „Bei uns geht immer gern ein rauer Wind.“
„Jetzt haben wir den akademischen Nachweis, dass die verbotene und total ortsfremde Hybrid-Pappel Heimat für den Pappel-Prachtkäfer ist – einen gefleckten noch dazu“, verkündete Armin Bittner ironisch. Er ist froh um das Insekt, hat es doch den Owener Moiakäfern den „Freifahrschein“ in Sachen Neubepflanzung beschert. „Mr glaubt’s schier ed – aber jetzt haben wir genau das, was wir wollten“, gab er sich versöhnlich.
„Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen – doch jetzt haben wir das Nüssle geschnappt und können unserem Wunsch entsprechend zur Tat schreiten“, fasste es Verena Grötzinger zusammen. Auch ein Zuhörer zeigte sich erleichtert: „Die Moia-Wedel sind damit bis ins nächste Jahrhundert gesichert“, sagte er im Hinblick auf den wichtigsten Feiertag in Owen – den Maientag.