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Parteien sollen mit den Bürgern reden

Neujahrsempfang Die Kirchheimer SPD geht engagiert und mit viel Elan ins neue Jahr. Gastredner Uwe Hück, ehemaliger Betriebsratsvorsitzender der Porsche AG, fordert Zusammenhalt gegen „rechts“. Von Andrea Barner

Uwe Hück ist ein Freund klarer Worte. Der ehemalige Betriebsratsvorsitzende und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Porsche AG will schon dieses Jahr das Bildungssystem im Land komplett umkrempeln und stärker aufs digitale Zeitalter einstimmen. Und er fordert eine Rückbesinnung auf das, was „Anstand“ und „Wertschätzung“ bedeuten. Also weg vom ewigen Gewinngedanken, Respekt vor der Arbeitsleistung jüngerer und älterer Menschen. Respekt auch vor dem Ehrenamt und vor Politikern. „Es darf nicht sein, dass Politiker beschimpft werden“, bis hin zu körperlichen Angriffen oder gar der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübke.

Der 57-Jährige strotzt vor Energie und seine Rede reißt die Gäste regelrecht mit. „Wahrscheinlich ist Uwe Deutschlands bekanntester Betriebsrat“, stellt Andreas Kenner den Gastredner vor. Es ist der 28. Neujahrsempfang der Kirchheimer Sozialdemokraten, bei dem sich Mitglieder des Ortsverbands und der Gemeinderatsfraktion mit allerlei Politprominenz treffen. Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dr. Nils Schmid, ist zu Gast ebenso wie der Kirchheimer CDU-Landtagsabgeordnete Karl Zimmermann. Stark vertreten auch die Stadtverwaltung mit Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker sowie den Bürgermeistern Günter Riemer und Stefan Wörner. Verschiedene Stadträte mit unterschiedlichem Parteibuch begrüßt Andreas Kenner ebenso wie Kirchheims Ex-Oberbürgermeister Werner Hauser. „Und des hot mer jetzt au ned oft“, richtet Kenner schmunzelnd auch einen kurzen Gruß an seinen Sohn, Kreisrat Jonas Kenner.

Der SPD-Landtagsabgeordnete und Stadtrat streift kurz die brisanten Themen des Jahres 2020: Einerseits treiben die Machenschaften von Donald Trump die Menschen um, ebenso wie Boris Johnson und der Brexit, die Arbeitsmarktpolitik, Stimmverluste an die AfD oder die „Fridays for Future“-Bewegung. Andererseits kann er auch wie fast jedes Jahr vermelden, dass der VfB wieder einen neuen Trainer hat und jetzt auch „eine Doppelspitze wie die SPD“. Für beide Institutionen kann’s da ja nur aufwärts gehen. Und wieder im Ernst lobt Kenner das neu eingeführte Kirchheimer Stadtticket: „Es gilt landesweit als Vorbild“, auch in Bezug auf die super Zusammenarbeit mit der Nachbargemeinde Dettingen. Der Veranstaltungsort im Henriettensaal der Feuerwache erinnert ihn daran, dass dieser Tage Feuerwehr und Rettungskräfte zunehmend beschimpft und behindert werden. „Wehret den Anfängen“, appelliert er an die Gäste, da müsse mit der vollen Härte des Gesetzes durchgegriffen werden. „Die Verrohung der Sitten macht mir mehr Sorgen als der Klimawandel.“

In diese Richtung zielt auch der Gastredner. Uwe Hück findet, dass das Bildungssystem so „gar nicht geht“. Eine qualifizierte, offensive Bildung ist seiner Ansicht nach die „stärkste Waffe gegen Terror und andere Schweinereien“. Die Parteien in Deutschland müssten aufhören, sich gegenseitig permanent zu beschimpfen. „Das ist wirklich unerträglich“, sagt er. „Die Anständigen müssen lauter werden und die anderen 20 Prozent überstimmen.“ Er hatte anlässlich seiner eigenen Kandidatur für den Pforzheimer Gemeinderat ein „Revolutionswahlbüro“ gegründet mit lauter jungen Leuten, denen er vertraute und wurde auf Anhieb Stimmenkönig. „Wir müssen den Mut haben, vor Ort zu gehen, den Menschen aufs Maul schauen und sie mit Inhalten überzeugen.“

Privatisierte Betriebe will er zurückholen. „Grundsätzliche Dinge wie Strom, Wasser, Wärme und Wohnungen gehören nicht in private Hand.“ Hück redet nicht von Enteignung, sondern von „Geld in die Hand nehmen, kaufen, bauen“. Statt ewig am Gewinngedanken fest zu hängen sei „Geld investieren für die Menschen“ das Gebot der Stunde. Das Bildungssystem umkrempeln, Digitalisierung vorantreiben, wie andere Länder dies vormachen. „Sonst verlieren wir.“

Uwe Hück wünscht allen Parteien, wieder emotionaler zu werden, mit den Leuten zu reden, aber ohne sie zu beschimpfen. „Wenn alle zusammenarbeiten, werden wir das Land nach vorne bringen.“ Alle Parteien gemeinsam. Alle, außer „den anderen“, deren Namen er grundsätzlich nicht in den Mund nimmt.