Corona hat vielen Leuten einen Strich durch die Rechnung gemacht. Auch die Schüler, die jetzt Abitur oder einen anderen Abschluss gemacht haben, gehen leer aus. Jahrelang haben sie die Abschlüsse ihrer Vorgänger kräftig mitgefeiert, nun wird ihre eigene Feier einfach gestrichen - „ab(i)gesagt“ könnte man sagen.
Am Kirchheimer Schlossgymnasium gibt es, wie überall, keine Feier. Stattdessen soll eine Zeugnisverleihung im Freien stattfinden, verrät der stellvertretende Schulleiter Hans-Ulrich Lay. „Aber nur bei gutem Wetter, sonst haben wir ein Problem“, meint er. Einzelne Tische für jede Familie und ein ausgeklügeltes Hygienekonzept versprechen Sicherheit. Trotzdem soll es möglichst feierlich werden. Ein paar Reden von Lehrern und eine Band sorgen für die passende Atmosphäre.
Die Max-Eyth-Schule, die nicht nur Abiturienten verabschiedet, sondern auch viele weitere Schulabgänger, handhabt die Sache ähnlich. In einem großen Raum soll jede Klasse ihre eigene kleine Zeugnisübergabe erleben. „Wir haben sie bis ans Ziel gebracht, jetzt möchten wir sie auch feiern“, sagt der Schulleiter Jochen Schade. Einen Abischerz gab es dort schon länger nicht mehr. Jede Klasse hatte aber ihre eigene Art, zu feiern. „Die Techniker haben zum Beispiel Grillpartys veranstaltet oder den Lehrern selbst gemachte Skulpturen geschenkt“, erinnert er sich.
Die Jakob-Friedrich-Schöllkopf-Schule überreicht ihren Abgängern am letzten Schultag in der großen Aula die Zeugnisse. Jede Klasse muss einzeln feiern, und zwar so festlich wie möglich. Der traditionelle Abiball in der Kirchheimer Stadthalle fällt dieses Jahr aus. Sogar die Abizeitung, die jedes Jahr von Abiturienten gestaltet wird, gibt es nicht. „Wegen Corona sind die Klassen auseinandergegangen“, bedauert Schulleiterin Ulrike Hauke-Kubel.
Auch am Ludwig-Uhland-Gymnasium gibt es keine Fete. Statt dessen findet in feierlichem Rahmen im großen Musiksaal die Zeugnisübergabe statt. „Abiturfeierlichkeiten sind das Highlight für mich“, sagt Schulleiter Georg Braun, der mit seinen Abiturienten leidet. Der Abischerz war schon länger nicht mehr so wild wie noch vor einigen Jahren, doch auch die weniger chaotischen Spiele für die Unterstufe müssen dieses Jahr ausfallen.
Die Schulleiter fühlen alle mit. Denn immerhin haben ihre Schützlinge jahrelang gepaukt und auf ihr Abitur oder andere Abschlüsse hingearbeitet. Und jetzt soll alles sang- und klanglos vorbei sein? Feiern muss diesmal klein gehen.
Abi in unterschiedlichsten Zeiten:
Mit Spaßvogel
Verstehen Sie Abi? Besonders geistreich fanden wir unser Motto selbst nicht. Dafür haben wir es konsequent durchgezogen und nicht nur beim Abi-Gag aufgegriffen, sondern auch unsere Feier an die beliebte Show „Verstehen Sie Spaß?“ angelehnt. Beim Abi-Scherz thronte ein riesiger Pappmaché-Spaßvogel auf dem Schulgebäude. Er wurde Zeuge einer „Herzblatt“-Episode mit Lehrern und erlebte eines unserer Kult-Feste auf der Wendeplatte vorm Schulhaus mit. Auch bei der Abi-Feier stand der gelbe Vogel auf der Bühne - zusammen mit „Kurt Felix“ und „Paola“. Dieses Mal allerdings verkörperte ihn ein Mitschüler in Federkleid und Strumpfhosen. Höhepunkt dürften aber die Einspieler mit der versteckten Kamera gewesen sein. Wann sonst kann man schon mal das verdutzte Gesicht eines Lehrers sehen, dessen Auto weggetragen wurde? bil
Im Grünen
Gefühlt sind wir damals gar nicht mehr aus dem Feiern rausgekommen: Nach Abiball und Abi-Streich mit lautstarkem Autokorso durch die Stadt folgte der Höhepunkt: Abifest aller Geislinger Gymnasien mitten im Grünen beim beschaulichen Ortsteil Stötten, hoch oben auf der Alb. Mit großem Partyzelt, DJ und üblem, selbst zusammengemixtem Gesöff. Ganze drei Tage lang dauerte dieses Fest, das schon Kultcharakter besaß und jedes Jahr Hunderte Abiturienten und Schüler der unteren Jahrgangsstufen anlockte. Sehr zum Verdruss der Bewohner von Stötten, die regelrecht überfallen wurden von den zahlreichen Feierwütigen. Auch ein Lagerfeuer gehörte dazu, in dem manch‘ ein Abiturient seine Schulbücher verbrannte. Übrigens gibt es das Abifest in Stötten mittlerweile nicht mehr. Die Nachfolgenden haben wohl eine andere Art des Feierns bevorzugt. hs
Schön war´s!
Müde, leicht verkatert, aber überglücklich liefen wir nach einer durchfeierten Nacht mit unseren Schlafsäcken morgens auf dem Schulgelände am Milcherberg ein. Manch ein Lehrbeauftragter zuckte bei unserem Anblick sichtlich zusammen. Wir schmissen uns in die letzten Vorbereitungen, und nach und nach erfasste uns ein Strudel ganz tiefer Gefühle. Mit einer merkwürdigen Mischung aus „wir haben‘s geschafft“, „nie wieder Schule“, „die große weite Welt lockt“, „endlich frei“ und „oh Gott, was jetzt“ ließen wir uns von der Band durch den Abischerz tragen, würdigten oder rügten unsere jahrelangen Begleiter - die Lehrer - und verließen dann nach dem Motto „und nach uns der Anbau“ eine langjährige Gemeinschaft, die manch einer erst so richtig nach einigen Jahren Lebenserfahrung so richtig zu schätzen wusste. Schön war‘s! as
Gegacker
Abiball-Absagen sind kein Novum, das gab es in Plochingen bereits 1977. Erbost über das ungebührliche Verhalten einiger C-Klasse-Abiturienten (wie immer), verweigerte der Direktor die Aula als angestammten Event-Ort. Also - schnell den topmodischen und ungeliebten Samtblazer wieder eingemottet und eine Ersatzlocation gesucht, die mit der Farm und ihren zu Proberäumen umgestylten Hühnerställen schnell gefunden war. Statt Rumba dann eben „Samba Pa Ti“, statt Jive eben „Smoke on the Water“, wobei Wasser weniger vertreten war, sondern Hochprozentiges und süßlich duftender Rauch, der für viel Gegacker in den Hühnerställen sorgte. Ein abgesagter Abiball kann also ein Segen sein, vor allem, wenn man zu später Stunde noch eine fremde Zunge im Mund verspürt - ich glaube, sie hieß Gaby. Abstandsregeln gab‘s damals eben noch nicht. esy
Unter Palmen
Juli 2002. Es ist drückend heiß, aber wen interessiert das schon. Wir haben Abi, und getreu unserem selbst gewählten Motto „Schwimm in die Freiheit“ verbringen wir laut feiernd unsere letzten Stunden in den ehrwürdigen Mauern des Göppinger Freihof-Gymnasiums. Nichts ahnend kommen Schüler und Lehrer an diesem Morgen auf das abgeriegelte Schulgelände und finden sich inmitten einer gigantischen Schaum-Beach-Party wieder. Umgeben von Pools, Palmen und (meist) alkoholfreien Cocktails eröffnen wir den Abischerz mit den vertrauten Klängen von David Hasselhoffs Freiheitshymne „I‘m looking for freedom“. Nach einer (nicht unbedingt für alle Beteiligten) äußerst unterhaltsamen Lehrer-Schüler-Olympiade, der Vorführung unseres Abifilms sowie unserer Verewigung in Form einer Sitzbank auf dem Schulgelände wissen wir, dass es Zeit ist, „bye-bye“ zu sagen. mf
Biwak im Hof
Höhepunkt des fröhlichen Feierns war die Abi-Fete in der Bastion. Als wir das Fest irgendwann mitten in der Nacht beendet hatten, gab es noch einige, die den Schulbeginn am nächsten Morgen auf keinen Fall verschlafen wollten. Deswegen haben wir uns mit Isomatten und Schlafsäcken eingedeckt und sind zur Schule gefahren. Vor der Eingangstür haben wir biwakiert - und gleich von unserem neuen Status profitiert: Wohl an keinem anderen Tag unseres Schullebens hätten uns die Lehrer so nett begrüßt, wenn sie uns dermaßen übernächtigt vor der Türe angetroffen hätten. Das Wort „Penne“ bekam dadurch eine ganz neue Bedeutung. Der Abi-Scherz? Soll großartig gewesen sein, berichteten die Lehrer hinterher. Für mich allerdings nicht: Ich gehörte zu dem kleinen Trupp, der die Bastion säuberte. Das Wasser mussten wir damals noch aus dem Marktbrunnen schöpfen. vol
Hohe Absätze
Vor Kurzem erst noch mehr schlecht als recht die schriftlichen Prüfungen hingelegt, hatte ich beim Abi-Ball schon die Gelegenheit, mein Können in einer anderen Disziplin unter Beweis zu stellen - nämlich dem Laufen in High-Heels. Denn es stand eine Modenschau auf dem Programm. Der ach so lustige Gag dabei: Wir Abschlussklassen-Jungs spielten die aufgetakelten, weiblichen Models. Trotz zwölf Zentimeter hohen Absätzen und Minirock bewältigte ich den Catwalk überraschend fehlerfrei. Selbst „GNTM“-Laufstegtrainer Jorge González hätte mir für diesen Auftritt bestimmt „eine große Lobe ausgesproche“. Ich jedenfalls fühlte mich prächtig. Nicht jedoch wegen des bestandenen Abiturs oder der Model-Einlage, sondern weil ich an diesem Abend von einem Knöchelbruch oder Bänderriss verschont geblieben bin. Schließlich stand tags darauf schon wieder ein wichtiges Fußballspiel an. max
Zitter-Musik
Die unerträgliche Leichtigkeit des Scheins hieß das Motto unseres Jahrgangs: Mein persönliches hieß Zittern und Übelkeit. Das waren keine Nachwehen der Abi-Prüfungen (die lagen noch vor uns), sondern einer schlaflosen Nacht. Bei uns zelebriert man den letzten regulären Schultag, weshalb am Abend zuvor Abiturienten aller elf Gymnasien in der Bielefelder City um die Wette feiern. Leider konnte ich mich am Morgen danach nicht unauffällig unter die 1 000 Schüler und Lehrer in unserer Turnhalle mischen, da ich als Teil der Abi-Band auf der Bühne gut sichtbar am Keyboard saß. Ich weiß nicht, was eine größere Ohrenqual war: Der von mir atonal ergänzte Phil-Collins-Song „Easy Lover“ oder das anschließende Karaoke-Singen unserer Lehrer-Ehepaare. Die Schüler feierten uns trotzdem euphorisch: Hauptsache kein Unterricht. zap
Runde Sache
Rund war die Wagenburg, zu der wir die wenigen elterlichen Autos zum Abifest aufreihten im Schulhof, der längst zugebaut ist. Dort fühlten wir uns so beschützt wie in der Schulzeit zuvor, die wir Babyboomer als Masse durchlebten, ohne dass viel Aufhebens um den Einzelnen gemacht wurde. Solchermaßen behütet und doch mit dem schönen Gefühl, dass uns die Welt offen steht, feierten wir bis der Morgen graute. - Dass über Nacht der Schuleingang zugemauert worden war (von wem, weiß ich nicht mehr, denn - wie gesagt - wir waren eine Masse), rief die Autoritäten nur kurz auf den Plan. Denn auch sie waren in Feierlaune. In einer Ordensverleihung kriegte so manch ein Lehrer noch sein Fett ab, doch in Maßen - sonst hätte wohl kaum die Lehrerband an diesem Tag eigens für uns aufgespielt. Einfach einer runde Sache! ist