Die Medius-Kliniken mit Standorten in Kirchheim, Nürtingen und Ostfildern-Ruit gehen bei der Suche nach Pflegekräften auch ungewöhnliche Wege. Seit fast einem Jahr arbeiten dort 22 Pflegekräfte, die gezielt auf den Philippinen angeworben wurden. Um ihnen den Start zu erleichtern, gibt es seit Dezember mit der gebürtigen US-Amerikanerin Diane Sachs eine Integrationsbegleiterin.
Es ist nicht neu, dass die Medius-Kliniken im Ausland Pflegerinnen und Pfleger anwerben, erläutert Barbara Munz von der Pflegedirektion der Kliniken in Nürtingen und Kirchheim. In manchen Ländern wie Ungarn haben die Kliniken selbst Mühe, ihren Bedarf an Pflegekräften zu decken, weshalb dort nicht gerne gesehen wird, wenn welche abgeworben werden. In anderen Ländern werde über den Bedarf hinaus ausgebildet. Dazu gehören zum Beispiel Serbien, aber auch die Philippinen. Wer auf den Philippinen eine Pflegeausbildung beginnt, tut dies auch mit dem Wissen, eventuell ins Ausland zu gehen.
Der 29-jährige Mark Del Rosario berichtet, wie er auf Facebook das Inserat einer Vermittlungsfirma entdeckt hat, die Pflegekräfte für Deutschland suchte. Eigentlich wäre er lieber nach Großbritannien oder in die USA gegangen, da er bereits Englisch konnte. Doch das Angebot eines kostenlosen Deutschkurses überzeugte ihn. Del Rosario ist seit Januar 2021 in Deutschland. Zuvor war er noch nie in Europa, ebenso wenig wie seine Kolleginnen Cherish Patacsil (36), Arminda Aguirre (34) und Charie Camanse (27).
Während Pflegekräfte aus Serbien beispielsweise es relativ einfach haben, wenn sie einen Besuch in der Heimat machen möchten, sind es auf die Philippinen etwa 22 Stunden mit dem Flugzeug. Wegen der ungewissen Reiselage durch Corona war keiner der vier auf Heimatbesuch. Zu groß ist die Gefahr, wegen einer Quarantäne nicht mehr ausreisen zu dürfen. Deshalb hat Patacsil ihre zehnjährige Tochter und Aguirre ihren achtjährigen Sohn seit Langem nur per Video gesehen. Sie wünschen sich sehr, die Kinder zu sich zu holen. Dazu müssten sie einen Antrag auf Familienzusammenführung stellen, was mit einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung möglich ist. Diese gibt es, sobald die Pflegekräfte ihre Zusatzprüfung erfolgreich abgelegt haben.
Aguirre und Patacsil hatten zuvor in Saudi-Arabien gearbeitet. In Saudi-Arabien sei die Arbeit schwierig gewesen, da es keine Gleichbehandlung mit den Einheimischen gab. Eine saudische Rezeptionistin verdiene mehr als die qualifizierteren Pflegekräfte. Außerdem werde die Freizeit dort reglementiert.
Bedingungen sind besser
Wie unterscheidet sich die Pflegearbeit in Deutschland und auf den Philippinen? Alle vier sind sich einig, dass die Arbeitsbedingungen in Deutschland besser sind. Wovor sie allerdings niemand gewarnt hat, sind die Schwaben, auf deren Dialekt kein noch so guter Deutschunterricht die Pflegekräfte vorbereiten kann. Das Team der Medius-Kliniken ist aber so international aufgestellt, dass sich für fast alle Patienten jemand findet, der sie verstehen kann. Viele der philippinischen Pflegekräfte leben im Personalwohngebäude auf dem Säer. Cherish Patacsil möchte später auf die Philippinen zurück, um sich um ihre Eltern zu kümmern, die sich gerade ihrer Tochter annehmen. Charie Camanse und Mark Del Rosario haben noch keine Entscheidung getroffen, und Arminda Aguirre will bleiben und ihr Kind nachholen.
Beim Ankommen in Deutschland hilft Diane Sachs. Sie kommt aus den USA und musste sich selbst 1992 hier einleben. Sie sieht ihre Aufgabe im Begegnen, Begleiten und Beraten. Die einen brauchen mehr, die anderen weniger Unterstützung. Meistens ist diese ganz praktischer Natur und besteht darin, ein Konto zu eröffnen, eine SIM-Karte fürs Handy zu besorgen oder die Anmeldung bei der Krankenkasse.
Dann geht es darum, den richtigen Einsatzort zu finden. „Das geht bei uns nach Neigung. Wir sind ja ein sehr großer Betrieb mit vielen Fachgebieten, da können die Pflegekräfte auch einiges anschauen und dann wechseln“, so Pflegedirektorin Munz.
Eva Sutus ist Leiterin einer Station, auf der einige der Philippiner arbeiten. Sie ergänzt: „Wir sind auch Ansprechpartner, wenn jemand Heimweh hat. Da ist manchmal eine Umarmung sehr hilfreich.“ Aber auch Wünsche an den Dienstplan, damit man sich gegenseitig besuchen und gemeinsam etwas unternehmen kann.