Energie
Photovoltaik als Haupt-Energiequelle

Martin Kull und Peter Kluge sind Nachbarn im Notzinger Gewerbegebiet. Beide eint ihre Überzeugung für die Solarenergie. Auf ihren Grundstücken betreiben die Unternehmer große Anlagen. 

Martin Kull (vorne) hat Photovoltaik auf und an seinen Firmengebäuden, dem Wohnhausdach und im Außenbereich. Sein Nachbar im Notzinger Gewerbegebiet, Peter Kluge, betreibt ebenfalls mehrere Anlagen auf dem Privat- und Firmendach. Beide Unternehmer erzeugen damit den Großteil ihres Stroms selbst. Foto: Katja Eisenhardt

Kürzlich hat der Notzinger Gemeinderat beschlossen, Photovoltaik auf den Dächern des Rathauses und der Gemeindehalle zu installieren. Auch die restlichen gemeindeeigenen Gebäude wurden auf deren Tauglichkeit dafür untersucht und sollen voraussichtlich nach und nach ebenfalls mit Photovoltaik ausgestattet werden. Diesem Vorhaben einige Schritte voraus sind Martin Kull und Peter Kluge. Im Notzinger Gewerbegebiet sind sie Nachbarn. Kull führt ein Unternehmen für Messtechnik, Kluge eines für den Werkzeugbau. Beide sind vom Nutzen der Photovoltaik überzeugt.

Es muss ein Umdenken stattfinden. Nicht nur für den Geldbeutel, auch für die Umwelt.

Peter Kluge über den Nutzen von Photovoltaik

 

Auf ihren Firmengebäuden und den zugehörigen privaten Wohnhäusern sind nahezu alle verfügbaren Dach- und im Fall von Martin Kull auch Fassadenflächen mit PV-Modulen belegt. Weitere Anlagen sind in Planung. Peter Kluge hat bereits 2005 seine erste in Betrieb genommen, Martin Kull hat 2014 mit Solarthermie begonnen und drei Jahre später angefangen, seine Gebäude mit der universeller nutzbaren Photovoltaik auszustatten. Auf der Wiese davor wurden ebenso wie auf einem Hallendach zu Testzwecken Module mit Hagelschäden beziehungsweise speziell präparierte Module verbaut. „Um den Einfluss von Schäden an einzelnen Zellen im Lauf der Zeit zu beurteilen“, erklärt Martin Kull. Das Projekt sei unter der Leitung des Instituts für Photovoltaik der Universität Stuttgart und der Beteiligung von Versicherungsunternehmen durchgeführt worden. Die Leistung dieser Module sei zwar etwas geringer, „ansonsten funktionieren sie aber problemlos“, so Kull. 

Energetisch nahezu autark

Über die Jahre haben die beiden Unternehmer sehr positive Ergebnisse mit ihren Anlagen erzielt und sind überzeugt: „Photovoltaik lohnt sich auf jeden Fall.“ Das belegen die Zahlen ihrer Anlagen. Peter Kluge hat 2005 mit 115 Modulen auf dem Dach seiner Werkstatt angefangen. „Das war damals eine der großen Anlagen in der Gegend“, erinnert er sich. 2019 kamen weitere Anlagen auf dem Wohnhaus und einem weiteren Werkstattgebäude dazu. Alle Anlagen zusammen haben eine Gesamtleistung von 89,5 kWp (Kilowatt-Peak) und haben seit den Anfängen 2005 insgesamt 717.000 kWh Strom produziert. Aktuell läuft die Erweiterung um eine 30 kWp-Anlage. Zum aktuellen Speicher mit 6,4 kW soll ein weiterer mit 22 kW dazukommen. Unterm Strich wurden seither 418,7 Tonnen CO2 eingespart. Die PV-Anlage auf dem Dach des Wohnhauses versorge den Drei-Personen-Haushalt zu 81 Prozent autark, so Kluge. Der Betrieb nutzt drei Elektro- sowie zwei Hybridfahrzeuge, die mit dem PV-Strom geladen werden. Auch Martin Kull nutzt in seinem Betrieb überwiegend Elektrofahrzeuge. 

Aktuell haben die Anlagen von Martin Kull auf seinen Dächern, der Fassade und auf der Wiese eine Gesamtleistung von rund 300 kWp. Mit weiteren geplanten Anlagen wird die Leistung auf über 400 kWp steigen: „Aktuell decken wir schon rund zwei Drittel des gesamten Energieverbrauchs – Strom, Elektrofahrzeuge, Heizung – mit dem eigenen Photovoltaik-Strom ab.“ Dabei helfen auch zwei Wärmepumpen. Die im Betrieb entstehende Abwärme, etwa von den Produktionsmaschinen, wird zum Heizen weiterverwendet. Ein Batteriespeicher, ausgelegt auf den gesamten Betrieb, wird seit 2020 ebenfalls genutzt. „Wir hatten davor einige Jahre mehrmals pro Jahr Stromausfälle, teils über mehrere Stunden, was dem Betrieb entsprechend geschadet hat. Durch die nun unterbrechungsfreie Stromversorgung sind wir gut abgesichert. Durch die große Speicherkapazität können wir im Sommer mehrere Monate komplett autark nur mit Sonnenstrom arbeiten“, berichtet Martin Kull. In den Gebäuden befänden sich zudem Speicher für Warm- und Kühlwasser mit insgesamt fast 40.000 Litern. „Damit kann bei Sonnenschein genügend Energie für ein bis zwei Tage im Winter gespeichert werden und nachts ist kein Heizbetrieb nötig“, so Kull. 

Fehlende Wärme werde mit Heizöl und einem modernen Holzvergaserkessel erzeugt, fehlender Strom durch das öffentliche Netz bezogen. „Das sind allerdings sehr geringe Mengen, dadurch sind wir praktisch unabhängig von Preiserhöhungen“, erklärt Martin Kull. 

Vorausschauend handeln

Aus den Anlagen von Martin Kull und Peter Kluge werden jährlich jeweils zwischen 100.000 und 140.000 kWh überschüssiger Strom ins öffentliche Netz eingespeist. Beide stehen mit ihrer Erfahrung für Beratungen zur Verfügung. „Es ist wichtig, nicht nur auf kurzfristige Preisentwicklungen im Energiesektor zu reagieren, sondern vorausschauend zu handeln. Es muss ein Umdenken stattfinden, nicht nur was den Geldbeutel angeht, sondern auch für die Umwelt. Da ist, was Photovoltaik angeht, vielerorts noch Luft nach oben“, sagt Peter Kluge. 

 

Notzinger Unternehmer setzen auf Solarstrom

Im Notzinger Gewerbegebiet hat zudem die Firma Blessing seit 2006 eine große PV-Anlage.Mit damals 450 Quadratmetern Fläche und 56 kWp Leistung war sie damals die größte Anlage im Ort. Die Anlage produziert pro Jahr rund 61.600 kWh Strom. Die Firma Automation hat seit 2011 eine Anlage mit einer Leistung von 28,8 kWp, die Druckerei Hurler hat auf dem Wohngebäude eine PV-Anlage mit 7,2 kWp, eine weitere kam auf dem Hallendach neu dazu.

Den durchschnittlichen Jahresertrag einer PV-Anlage an Kilowattstunden Strom erhält man, indem man die Gesamtleistung (Kilowattpeak) der Anlage mit 1000 multipliziert. Das ist ein Richtwert. Die Sonneneinstrahlung variiert im Süden und Norden Deutschlands.

Wenig Nutzen sehen Martin Kull und Peter Kluge bei den PV-Förderangeboten. Bei den früher teureren Anlagen habe sich die Subvention gelohnt, heute bringe eine Förderung vielmehr hohe Auflagen und zusätzliche Investitionen mit sich. eis