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Pionier erfindet intelligente Zisterne

Technik Regenwasser statt Trinkwasser – das klingt naheliegend für viele Zwecke. Stefan Prakesch entwickelt in seiner Wernauer Firma Aris mit seinen Kunden individuelle Lösungen. Von Marion Brucker

Stefan Prakesch ist seiner Zeit immer eine Nasenlänge voraus. Seit 25 Jahren setzt er mit seiner Firma Aris in Wernau auf Regenwassernutzung. Mit seinem intelligenten Zisternensystem „Aris Smart Collect“ hat er den dritten Platz beim Innovationspreis des Landkreises Esslingen gewonnen.

Das Unternehmen profitiert vom Klimawandel. „Deutschland ist ein wasserreiches Land“, dieses Argument hörte Stefan Prakesch in den vergangenen 20 Jahren immer wieder, wenn er beispielsweise Forschungsgelder für die Regenwassernutzung beantragte. Doch mittlerweile habe sich dies angesichts des Klimawandels geändert. Starkregen und Trockenperioden führen zum Umdenken. „Wir sind sozusagen Krisenprofiteure“, sagt Stefan Prakesch. Er steht vor einer Präsentation und erklärt, wie sein prämiertes erstmals in der Praxis eingesetzte Zisternensystem auf einem Berliner Friedhof funktioniert. Seit März 2023 wird dort mit Regenwasser aus den Zapfstellen gegossen. Dazu hat sein Unternehmen nicht nur eine Wetterstation auf dem ehemaligen WC-Häuschen des Friedhofs installiert, deren Daten gemeinsam mit Wettervorhersagen auf einem Wetterserver verarbeitet werden, sondern auch ein kombiniertes Regenwasserrückhaltungs- und -nutzungsbecken gebaut. Als Versickerungsbecken wurde ein Teich als Biotop angelegt. Ist Starkregen angesagt, wird über die Software des Wetterservers automatisch Regenwasser in das Biotop rechtzeitig aus der Regenwasserrückhaltung abgelassen, um dieses nicht zu überlasten. Umgekehrt wird in Trockenperioden Trinkwasser nachgespeist, damit Friedhofsbesucher immer genügend Wasser zum Gießen haben. „Mithilfe der Software ist es möglich, kleinere und günstigere Zisternen zu bauen“, erklärt Prakesch. Genau darin liegt die Innovation seines Systems.

 

Leider ist Baden-Württemberg zwar vorne in der Wassereffizienztechnologie, aber hängt in der Umsetzung weit zurück.
Stefan Prakesch
 

Die meisten seiner Anlagen liefert er nach Berlin, gefolgt von London, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Polen. Polen hole sehr stark auf. Seit vergangenem Jahr gehen rund ein bis zwei Anlagen monatlich dorthin. Doch das Ländle hinke hinterher. „Leider ist Baden-Württemberg zwar vorne in der Wassereffizienztechnologie, aber hängt in der Umsetzung weit zurück“, bedauert er.

1997 war der erste Boom

Seit gut 25 Jahren baut Prakesch Regenwassernutzungsanlagen. 1997 sei generell der erste Boom gewesen, in Einfamilienhäusern Regenwasser beispielsweise für die Toilette zu nutzen. Der Vorteil dort: „Die Nutzer hätten hinter der Anlage gestanden“, meint er. Er jedoch wollte sich nach seinem Maschinenbauingenieurstudium auf Großanlagen spezialisieren. Mit einem Kredit über 110 000 Mark von der Kreissparkasse legte er als Ein-Mann-Unternehmen damals los. „Es war die einzige Bank, die mir ohne Sicherheiten etwas gab“, erinnert sich der Unternehmer. Parallel musste er entwickeln und verkaufen. „Das erste war, mich dran zu machen, eine Technik zu entwickeln, die für Großanlagen funktioniert“, sagt er. Nur vereinzelt seien damals große Objekte wie Schulen oder Sportstätten mit Regenwassernutzung ausgestattet worden.

Er habe von Anfang an mit dem Kunden zusammen individuell die Lösung für das Objekt entwickelt. Das konnte der Bauherr sein, meistens war es aber der Planer, der Architekt oder der Haustechnik-Ingenieur. „Wenn wir damit überzeugt haben, dann haben wir das anschließend gefertigt und geliefert“, sagt er. Das sei bis heute so geblieben. Er verkauft ein Komplettsystem, die Speicherung, die Filterung, die Pumpen-, Überwachungs- und Steuerungstechnik. „Mit der Spezialisierung auf Großprojekte und der intensiven projektbezogenen Betreuung haben wir keinen direkten Wettbewerber“, sagt er. Rund 3,6 Millionen Euro Umsatz strebt er mit seiner fast 25-köpfigen Mannschaft für 2024 an. Sein prämiertes System Aris Smart Collect dürfte dazu mit beitragen. „Wir rechnen aufgrund der großen Vorteile mit einer starken Nachfrage für das System“, sagt er. Aber es werde auch weiterhin das herkömmliche ohne Auswertung der Wettervorhersage geben.