Zwischen Neckar und Alb
Preiskampf bei den Erdbeeren

Lebensmittel Einige Kunden achten im Moment verstärkt auf ihre Ausgaben. Dies zeigt sich auch beim Verkauf von regionalen Lebensmitteln. Erzeuger kämpfen gegen günstigere Ware aus dem Ausland. Von Bryan Becker

Eigentlich sind regionale Waren gefragt. Doch die Krisen lassen die Kunden vermehrt auf den Preis schauen. Guido Henzler, Betriebsleiter von Henzler Beeren und Spargelanbau, teilt diesen Eindruck. „Viele Menschen sparen im Moment. Das sorgt dafür, dass sie auch beim Einkauf vermehrt auf die günstigeren Produkte aus dem Ausland zurückgreifen.“ Am Beispiel der Erdbeeren habe sich die Situation zwar im Vergleich zu den vorherigen Wochen verbessert, sei aber noch lange nicht gut. Dies zeige sich auch an der zurückgegangenen Nachfrage. Seiner Einschätzung nach wurden dieses Jahr etwa 20 Prozent weniger Erdbeeren verkauft als noch 2021.

 

Allein die Betriebsmittel in Deutschland sind um ein vielfaches höher.
Guido Henzler
über die Schwierigkeit, bei Beeren mit ausländischen Anbauern preislich konkurrieren zu können.

 

Für Guido Henzler ist der starke Konkurrenzdruck durch ausländische Ware mitverantwortlich dafür. „Wir erleben im Moment, dass vor allem holländische Erdbeeren den Markt überschwemmen, da auch sie ihre Erdbeeren nicht loswerden“, erklärt Henzler. Doch nicht nur die Erdbeeren aus dem Nachbarland verschärfen den Konkurrenzkampf auf dem Markt. Das größte Problem stellen seiner Meinung nach aber die spanischen Erdbeeren dar. Für diese zahlt der Kunde zurzeit pro Pfund etwa 1,40 Euro, im Vergleich dazu liegt der Preis für regionale Erdbeeren bei 2,50 Euro. Das sei zwar immer noch weniger als im Vorjahr, reiche aber nicht, um mit der spanischen Konkurrenz mithalten zu können. Es sei auch nicht möglich, die Preise noch weiter anzupassen, erklärt Henzler und ergänzt: „Allein die Betriebsmittelpreise in Deutschland sind um ein Vielfaches höher, weshalb es gar nicht möglich ist, die Preise für die Erdbeeren noch weiter zu senken, ohne wirtschaftliche Konsequenzen in Kauf nehmen zu müssen.“

Henzler musste seine Ernte nicht vernichten. Manchem Bauern erging es da anders. „In Süddeutschland ist der Anteil der Direktvermarktung höher als in anderen Regionen. In der Direktvermarktung besteht keine Abhängigkeit vom Handel, die Betriebe und Flächen sind meist kleiner und der Anbauumfang ist der Absatzmöglichkeit besser angepasst. Daher werden vermutlich vergleichsweise wenige Früchte auf dem Feld bleiben“, erklärt Simon Schumacher, Vorstandssprecher des Verbands Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer.

Auch an die Verbraucher richtet sich Schumacher mit einem deutlichen Appell: „Ein Einkauf am Wochenstart hilft. Denn viele Verbraucher kaufen zum Wochenende hin Erdbeeren ein. Allerdings reifen jeden Tag Früchte nach und werden geerntet. Wer also auch am Wochenanfang kauft, hilft frische Früchte zu retten.“ Auch sollten die Qualität und das Aroma im Vordergrund bei der Kaufentscheidung stehen.

Guido Henzler hat sich in diesem Jahr dazu entschieden, kleinere Erdbeeren, die sich ohnehin nur schwer verkaufen ließen, erst gar nicht zu pflücken. Außerdem bietet er noch die nächsten Wochen auf seinem Hof Erdbeeren zum Selbstpflücken an.

Weiterhin Sorgen bereitet Henzler die aktuelle Spargel-Situation. Auch hier war das Interesse der Kunden deutlich weniger. „Außerdem wird im Moment überwiegend nur noch Spargel der Klasse zwei und drei verkauft“, erklärt Henzler. Dennoch habe er zurzeit keinen Überschuss an Erdbeeren oder Spargel. Mit Blick auf die preisliche Entwicklung von Spargel und Erdbeeren in den nächsten Wochen erklärt er: „Wie meistens am Ende der Spargel- und Erdbeersaison werden die Preise in den kommenden Wochen eher noch leicht ansteigen als weiter sinken, da die Ernte bald vorbei ist und die Produkte deshalb weniger werden“, so Henzler abschließend.

David Traub vom Traub Bioland-Hof in Nürtingen verkauft zwar selbst keine Erdbeeren, hat jedoch eine klare Meinung zu diesem Thema: „Ich bin ziemlich überrascht darüber, dass die Werte Nachhaltigkeit und Verantwortung gegenüber der Umwelt und Förderung von regionaler Ware durch die Krise nicht mehr hochgehalten werden.“

Dem Einzelhandel wirft Traub Wortbruch vor. Dieser hätte seiner Meinung nach gerade während der Hauptsaison mehr auf regionale Produkte zurückgreifen sollen, statt zunehmend Ware aus dem Ausland zu importieren.

„Ich erlebe eine überraschende Entwicklung in den vergangenen Jahren. Immer mehr Supermärkte scheinen ihren Versprechungen, verstärkt regionale Erzeugnisse zu unterstützen, nicht mehr nachkommen zu wollen. Stattdessen geht es ihnen offenbar nur noch darum, ihre eigene Gewinnmarge aufrechtzuerhalten, indem sie günstigere Ware aus dem Ausland importieren“, beklagt Traub.

Die Marktsituation habe sich innerhalb kurzer Zeit enorm verändert. Es sei für Bauern schlichtweg nicht rentabel, unter dem Erzeugungspreis zu verkaufen. „Das erleben wir beispielsweise auch beim Spargel. Das war mal ein Luxusprodukt, mittlerweile ist es zu einem Massenprodukt verkommen, das immer weniger gefragt ist“, so Traub. Er mache sich Sorgen, wohin diese Entwicklung noch führen wird.

Im Gegensatz dazu blickt Nikica Pavlovic, Filialleiter des Edeka Sigel in Nürtingen, eher positiv auf die aktuelle Lage. „Wir erleben in unseren Märkten weiterhin eine große Nachfrage nach Erdbeeren aus Deutschland. Insgesamt, würde ich sagen, sind regionale Produkte weiterhin sehr beliebt.“