Die Fahrt zur Tankstelle ist derzeit wahrlich kein Vergnügen. Seit Wochen steigen die Spritpreise immer weiter und sorgen bei den Kunden für Ärger. „So teuer, wie heute war‘s noch nie“, ist da an den Zapfsäulen immer wieder zu hören.
„Das stimmt so nicht“, wehrt sich Tankstelleninhaber Karl Bossler in Dettingen, „vor zehn Jahren gab es fast denselben Höchststand bei den Spritpreisen“. Damals kostete der Liter Diesel rund 1,70 Euro. Er sieht die Preistreiberei als generelles Energieproblem: „Ob Gas, Strom oder Heizöl, es wird alles teurer. Die Tankstellen sind halt hierbei das Aushängeschild, weil die Preistafeln an der Straße hängen.“
Jochen Friess von der Ran Tankstelle in Kirchheim sieht sein Personal den Reaktionen der Kunden ausgeliefert, obwohl die Betreiber der Tankstellen von der stetigen Preiserhöhung nichts habe. „Wir sind das letzte Glied in der Ketter der Mineralölpreise und haben auf die Preisschraube keinen Einfluss.“ Das sehen einige Kunden zum Teil anders, wie Jochen Friess bestätigt: „Meine Mitarbeiter werden häufig gefragt, ob der Chef immer reicher werden will.“ Er beschreibt die derzeitige Situation als angespannt. „Die Zündschnur ist sehr kurz.“ Über einige Kunden ärgert er sich richtig: „Sie schimpfen über die teuren Spritpreise, fahren aber wegen einer Zeitung zur Tankstelle.“
In Dettingen ist die Stimmung an der Tanke weniger drastisch, wie Karl Bossler feststellt: „Die Kunden jammern zwar auch über die hohen Preise, aber sie haben ja keine Wahl, wenn sie mit ihrem Auto vorwärtskommen wollen.“ Er denkt, dass das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht ist. „Der Barrelpreis hat den Höhepunkt noch nicht erreicht“, glaubt er. Die Schuld am hohen Preis vermutet Karl Bossler an der gedrosselten Produktion. „Der Markt ist übersättigt, nicht zuletzt, weil der Spritverbrauch zu Coronazeiten deutlich zurückging.“ Viele Mitarbeiter aus regionalen Betrieben waren im Homeoffice und sparten sich dadurch den Arbeitsweg.
Nachfrage bestimmt nicht den Preis
Bei den Spritpreisen verhält es sich laut Karl Bossler fast gegenteilig zum übrigen Handel. „Normalerweise würde man vermuten, dass weniger Nachfrage günstigere Preise nach sich ziehen. Die Mineralölkonzerne müssen jedoch die gleichbleibenden Betriebskosten decken und erhöhen deshalb die Preise.“ Die Preistreiber seien dabei auch Schiffstransporte und größeren Umwege für die Tanklaster wegen Gewässerschutzgebieten. „Das läppert sich zusammen.“
Eine Prognose mag Karl Bossler nicht abgeben: „Jetzt über Preisentwicklung zu sprechen wäre rein spekulativ.“ Einen kleinen Hoffnungsschimmer sieht er aber dennoch: „Wenn alle Mechanismen wieder greifen, sind eventuell leichte Senkungen bei den Spritpreisen möglich.“ Da mögen sich einige an die Tiefststände von vor zwei Jahren erinnern. Anfang April 2020 kostete der Liter Diesel nämlich 99 Cent. „Dieses Niveau werden wir wohl nicht mehr erreichen“, bedauert Karl Bossler.
Jochen Friess kann sich auch nicht vorstellen, dass die Spritpreise künftig nochmal so weit runtergehen. „Es hat mich damals, nach dem Höchststand vor zehn Jahren schon gewundert, dass die Preise so tief runtergingen.“ Mit den Zahlen an den Preistafeln hat Jochen Friess längst nichts mehr zu tun: „Die Preisangaben werden zentral gesteuert. Wir sitzen nicht an der Preisschraube.“
Karl Bossler im Gegensatz passt die Preise noch selbst an. „Innerhalb weniger Sekunden sind die Angaben für die Spritpreise angepasst. Es gab schon Tage, da habe ich die Zahlen auf den Anzeigetafeln 15 Mal geändert.“ Dies macht es für die Tankkunden nicht einfach, die momentan günstigste Tankstelle zu finden.
Wann tankt man am günstigsten?
Obwohl die Tankstellen gesetzlich zur Transparenz verpflichtet sind und viele Internetportale aktuelle Spritpreise mitteilen, ist es durch die mehrfach täglichen Preisschwankungen schier unmöglich, den günstigsten Preis zu bekommen. „Wir stellen Sprünge von bis zu 20 Cent am Tag fest“, bestätigt Jochen Friess, „da ist es fast Glücksache, wenn man zur richtigen Zeit an der richtigen Tankstelle ist.“
Der ADAC empfiehlt, in den Abendstunden zwischen 18 und 19 Uhr sowie zwischen 20 und 22 Uhr zu tanken.
Einen weiteren Tipp gibt es von Jochen Friess für Frühaufsteher: „Momentan sehen wir die günstigsten Spritpreise morgens um halb sechs, aber das kann sich rasch wieder ändern.“
Karl Bossler hat dagegen eine ganz pragmatische Empfehlung: „Einmal im Monat auf eine Sonntagsfahrt verzichten. Das ist zwar eine persönliche Einschränkung, schont aber das Klima und den Geldbeutel.“ kry