Zum Singen kam Isabell Diez über ihren Opa: „Er hat lange im Chor des Gesangsvereins gesungen. Über ihn habe ich auch den Zugang zur klassischen Musik gefunden“, erzählt die 25-Jährige, die in Ötlingen aufgewachsen ist und seit Jahresanfang in Notzingen wohnt. Im Kindesalter nahm die musikalische Laufbahn zunächst mit der musikalischen Früherziehung und als Grundschülerin mit dem Blockflötenunterricht und dem Singen im Kinderchor bei der Musikschule Kirchheim ihren Anfang. „Ab der fünften Klasse habe ich bis ein Jahr vor dem Abitur Klavierunterricht gehabt und im Musikschulchor ‚Curly Girls‘ gesungen. Der ist für Mädchen von der fünften bis zur siebten Klasse“, nennt Isabell Diez, deren Stimmlage der Sopran ist, weitere Stationen.
Ihr gesangliches Talent fiel früh auf, weshalb ihr zum Gesangsunterricht geraten wurde. Ihre damalige Gesangslehrerin Andrea Wahl leitete auch den ‚Curly Girls‘-Chor der Musikschule. „Ab der fünften Klasse bin ich aufs Kirchheimer Ludwig-Uhland-Gymnasium gegangen und habe dort zusätzlich im Unterstufenchor mitgesungen. Der erste große Auftritt war als Kooperation mit der Musikschule das Märchen-Musical ‚Carinella‘, da durfte ich die Hauptrolle spielen und singen“, erinnert sich die 25-Jährige.
Bis heute ist Gesang ihr Hobby. Der Schwerpunkt liegt bei Isabell Diez auf der Klassik. Bis zum Abitur, das sie 2016 mit den Leistungsfächern Musik und Physik ablegte, nahm sie klassischen Gesangsunterricht an der Musikschule Kirchheim. „Dann gab es dort dafür leider keine Nachfrage mehr, im Trend lagen mehr Pop und Jazz“, berichtet Isabell Diez. Das sei sehr schade gewesen, denn so habe sich der Fokus auch bei den gesanglichen Weiterbildungs- und Auftrittsmöglichkeiten bei Konzerten verschoben. „Ich habe dann erst mal aufgehört. Über die Zeitung habe ich kurz darauf erfahren, dass an der Musikschule Köngen/Wendlingen der klassische Gesang nach wie vor ein zentraler Bereich ist und man zum Probeunterricht kommen kann.“ Die dortige Gesangslehrerin Ingeburg Dobmeier erkannte ebenfalls Isabell Diez’ gesangliches Potenzial und arbeitete mit ihr bis zu ihrem Ruhestand weiter intensiv an der Stimme. Im Anschluss übernahm Gesangsdozent Dennis Marr, der selbst erfolgreich als Tenor auf den unterschiedlichsten Bühnen steht, die weitere Ausbildung.
Erfolg beim Bundesfinale
Beim renommierten Wettbewerb von Jugend musiziert schaffte es Isabell Diez in der Kategorie „klassischer Gesang solo“ dieses Jahr bis ins Bundesfinale nach Zwickau und belegte dort mit 23 Punkten, der besten Wertung in ihrer Altersgruppe mit zwölf Teilnehmenden, den zweiten Preis. Einen ersten Preis mit 24 oder 25 Punkten gab es in ihrer Gruppe nicht. „Es war immer mein Traum, es einmal bis ins Bundesfinale zu schaffen. Ich habe früher schon mal für die Musikschule Kirchheim teilgenommen und als Gesangs-Duo für die Musikschule Köngen/Wendlingen. Bis ins Bundesfinale hatte es bisher nicht geklappt.“
Mit 25 Jahren war jetzt die letzte Gelegenheit, auf die sie ihr Gesangslehrer Dennis Marr aufmerksam gemacht hatte, erzählt Isabell Diez. Die kurze, aber intensive Probezeit mit ihm und Pianistin Hee Won Park, die sie beim Wettbewerb am Klavier begleitete, habe sich gelohnt. Mit den ausgewählten fünf Stücken von Vivaldi über Mozart und Schubert bis hin zu Lortzing sowie der anonymen Komposition „Scarborough Fair“ überzeugte Isabell Diez die Jury.
Die Übernahme von kleineren Solo-Parts bei klassischen Konzerten oder das Singen auf Hochzeiten kann sie sich künftig gut vorstellen. Dazu singt Isabell Diez im Gemischten Chor des Oratorien-Vereins Esslingen. Zur Klassik hätten viele Jüngere heute nicht mehr unbedingt einen Zugang, weiß Gesangslehrer Dennis Marr, „über Plattformen wie TikTok oder YouTube ist eher die Populärmusik im Trend. Ich biete im Unterricht aber beide Optionen an. Es kommt einfach auch darauf an, wie man den Kindern und Jugendlichen die Klassik nahebringt. Und man muss dabei als Lehrer selbst dafür brennen, dann kann das ansteckend sein“, weiß der Profi aus seinem beruflichen musikalischen Alltag zu berichten.
Beruflich hat Isabell Diez einen ganz anderen Weg eingeschlagen: Nach einer Mechatronik-Ausbildung setzte sie noch ein duales Studium der Elektrotechnik an der DHBW Stuttgart und bei Festo obendrauf. Dort arbeitet sie jetzt als Softwareentwicklerin. „Die Musik und der Gesang sind für mich schon immer ein Ausgleich. Wenn der Kopf mal zu voll ist, ich Stress oder schlechte Laune habe, dann hilft das immer. Der Gesangsunterricht am Montag in Wendlingen ist ein fester Termin.“ Die Klassikstücke hätten für sie persönlich etwas „Entspannendes und Entschleunigendes. Ich höre jetzt weniger Klassik zu Hause, ich singe sie lieber selbst“, ergänzt die 25-Jährige und lacht.