Edda Eichhorn hat eine Wohnung, die ihr eigentlich zu groß ist. Zudem wünscht sich die Plochingerin, in einem Haus mit Gemeinschaft zu leben. Sie hat deshalb eine Veranstaltung zum Thema Generationenwohnen angestoßen: Bei dieser berichtete der Gerontologe Ulrich Otto von Projekten, die Gemeinschaft schaffen und manchmal auch Gemeinden verändern. Dass so etwas vielleicht sogar auf dem Plochinger Waldhorn-Areal stattfinden könnte, war zwar eher eine Fußnote des Abends, aber eine, die viele aufhorchen ließ.
Edda Eichhorn hatte Otto schon bei einer anderen Veranstaltung gesehen und stieß mit ihrem Vorschlag, ihn einzuladen, auf offene Ohren beim Stadtseniorenrat und bei der Offenen Grünen Liste. Die Fraktionen von SPD und CDU im Gemeinderat schlossen sich ebenfalls an.
Einige Objekte begleitet
Otto beschäftigt sich nicht nur theoretisch im Rahmen seiner Professur mit gemeinschaftlichem Wohnen, sondern berät auch interessierte Initiativen und hat als Vorstandsmitglied der Nestbau AG schon eine Reihe von Projekten bei der Umsetzung begleitet. Die Bandbreite ist groß, wie schnell deutlich wurde: Oft sind die Wohnprojekte in der Stadt angesiedelt – „Dichte kann so toll sein“, so Otto – zuweilen auch auf dem Land. Mal sind nur eine Handvoll Parteien beteiligt, mal geht es um „Gehäuse“, wie Otto sie nennt, mit 90 oder mehr Wohnungen. Mal wird neu gebaut, mal ein Altbau umgebaut.
Auch bei der Rechtsform und der Finanzierung unterscheiden sich die Initiativen. Wobei die Finanzierung derzeit ein riesiges Problem ist, insbesondere, wenn man bezahlbaren Wohnraum schaffen will. „Vor vier Jahren war die Welt noch eine andere“, sagte der Professor, inzwischen hätten gestiegene Baupreise, vor allem aber gestiegene Zinsen, die Umsetzung ungleich schwerer gemacht. Eine sinnvolle öffentliche Förderung dafür fehle ebenfalls: „Gute Projekte werden von der Bundesregierung, von der Landesregierung, systematisch im Stich gelassen.“
Erschwinglicher als allein
Otto riet, mit Ausdauer nach Möglichkeiten zu suchen. Man könne sich zum Beispiel mit einer großen Genossenschaft mit entsprechendem Profil zusammentun oder mit einem Verein wie Alwo in Esslingen. Und da man bei einem Gemeinschaftsprojekt neben vielem anderen auch die Kosten teile, sei manches erschwinglicher, als allein für sich selbst zu bauen. Er riet aber auch, zunächst eine Beratung in Anspruch zu nehmen.
Gekennzeichnet sind die Projekte dadurch, dass zwar jeder einen privaten Raum hat, dieser aber relativ klein gehalten ist. Gleichzeitig werden Gemeinschaftsflächen vorgehalten: Sozialräume, manchmal Küchen, Dachterrassen oder Gärten, Nähzimmer oder Werkstätten – alles ist denkbar und oft in einer hohen Qualität. Wie viel Privatheit und wie viel Gemeinschaft sie möchten, handeln die Projektteilnehmer selbst aus. Bei diesem oft mühsamen Prozess springen manche auch wieder ab: „Es ist nicht jedermanns Sache“, stellte Otto klar. Aber diejenigen, die sich dafür entschieden, seien in der Regel ausnehmend zufrieden.
Vom Cluster-Wohnen bis zur Pflege-WG reichte der Streifzug durch die Projektformen. Für die Interessierten im Alten Rathaus wurde es noch spannender, als Tobias Hahn die „Initiative Brauhaus“ vorstellte. Dabei geht es um die ehemalige Waldhorn-Brauerei, die bis auf einen Getränkehandel leer steht und vom Verfall bedroht ist. Das bedauern viele Plochinger. Das charakteristische Backsteingebäude gehört einem Immobilienunternehmen, das es aktuell zum Verkauf ausgeschrieben hat – für ein Neubauprojekt.
Mitstreiter gesucht
Tobias Hahn, selbst aus Plochingen, und seine Frau möchten „einen Ort schaffen, den man gemeinsam gestalten kann“. Bislang sind sie sich nicht mit dem Eigentümer einig geworden, wollen aber einen neuen Anlauf nehmen. Ob sie das Gebäude kaufen können, zu welchem Preis, von welchem Geld und wie es dann letztlich gestaltet wird – all das ist noch offen. Hahn möchte aber demnächst an die Öffentlichkeit gehen, um Mitstreiter zu suchen. Wer Interesse hat, kann sich auch direkt an tobias@initiative-brauhaus.de wenden.