Esslingen/Stuttgart. Gut sieben Monate ist es her, dass ein bewaffneter Mann in der Esslinger Katharinenschule eine Siebenjährige und eine Betreuerin schwer verletzt hat. Die Tat hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt. Bei ihrer Rückkehr in den Alltag wurde die Schule vom schulpsychologischen Kriseninterventionsteam unterstützt, um bestehende Belastungen zu reduzieren und Langzeitfolgen vorzubeugen. „Lehrkräfte sollen Sicherheit im Umgang mit den Ängsten und Fragen der Kinder bekommen und sie sollen befähigt werden, besonders belastete Kinder zu identifizieren, damit weitere gezielte Unterstützung möglich ist“, erklärt Johannes Hitzler, der Leiter der schulpsychologischen Beratungsstelle in Nürtingen. Die Tat war während der Pfingstferienbetreuung passiert. Weil die von Grundschülern aus ganz Esslingen besucht wurde, habe es an mehreren Schulen psychologische Unterstützung gegeben. Bei Bedarf könnten Betroffene, egal ob Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrkräfte, Schulleitungen, Hausmeister oder Sekretärinnen, weiterhin Hilfe anfordern, betont Hitzler.
Ein krisenhafter Vorfall wie die Messerattacke belaste Menschen unterschiedlich. „Je stärker sie betroffen sind, desto stärker ist tendenziell die Belastung“, sagt Hitzler. Die Symptome würden in der Regel innerhalb von sechs bis acht Wochen deutlich zurückgehen. „Die Krise wird bewältigt und das Geschehene als Teil der individuellen Geschichte verarbeitet“, fasst der Schulpsychologe zusammen.
Konfrontation kann beängstigen
Doch was passiert, wenn die Tat erneut ins Bewusstsein rückt? Seit gestern muss sich der 25-jährige Beschuldigte vor dem Stuttgarter Landgericht wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung verantworten. Johannes Hitzler hält es für möglich, dass eine Konfrontation, etwa durch die mediale Berichterstattung, Ängste auslöst, die schon überwunden schienen. „Solange diese Ängste für die Betroffenen bewältigbar sind und auch bleiben, kann dies als normale Reaktion eingestuft werden“, sagt der Psychologe, bei Bedarf stehe das schulpsychologische Unterstützungsangebot zur Verfügung. „Wenn Hinweisreize, welcher Art auch immer, nach langer Zeit aber ein Wiedererleben auslösen, das nicht selbst bewältigt werden kann, ist das Erlebte nicht ausreichend verarbeitet worden und es sollte professionelle Unterstützung in Anspruch genommen werden“, rät er.
Auch Mitarbeiter der Stadt als Schulträger standen nach der Tat für Gespräche bereit. Den Betreuerinnen wurde angeboten, die Schule zu wechseln. Die Frau, die der Angreifer verletzt hat, wollte nach Angaben von Schulbürgermeister Yalcin Bayraktar an der Katharinenschule bleiben. Um einen Neuanfang zu erleichtern, hat die Stadt den Flur, wo die Bluttat passiert war, neu gestrichen und die Möbel ausgetauscht oder umgestellt. Petra Pauli