Diplomaten genießen Immunität. Eine Zeit lang schien es, als seien auch die Mitglieder von Gemeinderäten immun – allerdings auf andere Art. Denn während die Corona-Vorgaben nach dem Ausrufen der Alarmstufen in allen anderen Bereichen verschärft wurden, tagten die meisten Gremien bis weit in den November hinein ohne Masken und ohne 3G – und zwar ganz legal. Entsprechende Vorschriften hatten schlicht nicht existiert.
Nun hat das Land nachgelegt. Ende November wurde 3G für Besucher von Gemeinderatssitzungen eingeführt. Anfang Dezember folgten Vorschriften fürs Gremium. „Es unterliegen nun grundsätzlich alle bei Gemeinderatssitzungen anwesenden Personen der 3-G-Pflicht, auch die Gemeinderäte“, teilt Carsten Dehner, ein Sprecher des baden-württembergischen Innenministeriums, mit. „Für Besucher gilt außerdem – unverändert – eine Maskenpflicht.“ Nach wie vor sieht die Corona-Verordnung keine Maskenpflicht für Gemeinderats- und Kreistagsmitglieder vor. „Sie kann aber durch die Bürgermeister oder Landräte angeordnet werden“, erläutert Carsten Dehner.
Auf die neuen Vorgaben und das heftige Infektionsgeschehen haben auch die Kommunen rund um die Teck reagiert. „Eine Maskenpflicht wurde für das Gremium und weitere Teilnehmende in Kirchheim bislang nicht angeordnet“, sagt der Kirchheimer Pressesprecher Robert Berndt. Oberbürgermeister Dr. Pascal Bader empfehle Räten, Verwaltungsmitarbeitern und Experten jedoch, auch am Sitzplatz Masken zu tragen, wenn sie nicht gerade sprechen. „Die Verwaltung geht mit gutem Beispiel voran“, so Robert Berndt. Ähnlich ist es in Weilheim, Lenningen, Holzmaden und Owen.
„Es war bisher schwierig zu erklären, warum Zuhörer Maske tragen müssen und die Gemeinderäte nicht“, räumt Owens Bürgermeisterin Verena Grötzinger ein. Sie empfiehlt ihren Stadträten, eine Mund-Nasen-Bedeckung anzuziehen – und trägt selbst Maske.
Entscheidung je nach Inzidenz
3G für die Ratsmitglieder – das war in Weilheim schon beschlossene Sache gewesen. „Wir hatten uns mit den Gruppierungssprechern auf 3G für den Gemeinderat geeinigt“, erzählt Bürgermeister Johannes Züfle. Wenige Tage später folgte die offizielle Vorgabe. Entschieden wurde zudem, bei der Sitzung im Dezember freiwillig Masken aufzuziehen.
Der Lenninger Bürgermeister denkt über eine Maskenpflicht für alle in der Sitzung am 21. Dezember nach: „Das wird von der weiteren Corona-Inzidenzentwicklung abhängen“, so Michael Schlecht.
Holzmadens Bürgermeister Florian Schepp hat bereits die Empfehlung an seine Räte ausgegeben, auf freiwilliger Basis Maske zu tragen. Er legt ihnen außerdem nahe, sich trotz Impfung vor der Sitzung selbst zu testen. „Das machen wir von der Verwaltung aus auch so.“
Zuhörer müssen sich darauf einstellen, dass sie bei einer Gemeinderatssitzung ihre Impf-, Genesenen- oder Testnachweise vorzeigen müssen. In Owen ist das schon einem Besucher zum Verhängnis geworden. Er hatte seinen Nachweis vergessen und wurde nochmal nach Hause geschickt. Verena Grötzinger bittet um Verständnis. „Wir müssen die Nachweise einfordern“, betont sie. „Wir können ja schlecht bei anderen Veranstaltungen auf Hygieneschutzkonzepte bestehen und uns dann selbst nicht an die Verordnung halten.“