Ein dicker, flauschiger Pelz und eine leuchtend orangene Lunte mit weißer Spitze, in der Jägersprache „Blume“ genannt, sind eigentlich das Markenzeichen des Rotfuchses. Doch auf seiner Wildkamera sieht der Nürtinger Kreisjägermeister Dr. Martin Kohler in den letzten Wochen viel zu oft dasselbe Bild: Füchse mit kahlem Schwanz. Der starke Haarausfall an der Lunte der schlauen Raubtiere ist ein eindeutiges Symptom für eine Krankheit, die die Jägerinnen und Jäger in den letzten Jahren viel zu oft beobachtet haben: Räude. „Die Krankheit kommt nahezu im ganzen Gebiet der Schwäbischen Alb vor“, erklärt der Nürtinger Kreisjägermeister. „Aktuell ist es nicht mehr so schlimm wie vor fünf Jahren. Aber wenn ich die vergangenen Ansitze zusammenrechne, war etwa die Hälfte der erlegten Füchse von Räude befallen.“
Die Krankheit entsteht durch Grasmilben. Meistens werden die winzigen Spinnentiere über direkten Körperkontakt übertragen. Unter der Haut ihres Wirts legen sie Eier und graben Gänge. Bis zu fünf Millimeter weit können sie dabei täglich kommen. Die Milben breiten sich über die gesamte Körperoberfläche aus und die Haut juckt schrecklich. Selbst heftiges Kratzen verschafft kaum Linderung, führt aber zu Krusten, die sich leicht infizieren und eitern können. Auf der wundgekratzten Haut fällt das Fell aus und meistens beginnt es am Schwanz.
Ist die Krankheit schon so weit fortgeschritten, ist das kranke Tiere nicht mehr in der Lage zu jagen. Doch auch die Suche nach anderen Futterquellen, wie Aas und weggeworfene Nahrungsreste, die der Fuchs nicht verschmähen würde, schafft er in diesem Zustand nicht mehr. Geschwächt zieht er sich zurück und verendet letztendlich. Während die Krankheit für den Menschen ungefährlich ist und der Befall bei Haustieren behandelt werden kann, bleibt dem Fuchs nur die Erlösung durch den Jäger. Eine medizinische Behandlung in der Natur ist nicht erlaubt.
Mit dem tödlichen Schuss wollen die Jägerinnen und Jäger zum einen den erkrankten Fuchs nicht seinem Schicksal überlassen, zum anderen werden die Artgenossen vor einer Ansteckung geschützt. Füchse, die mit Räude infiziert sind, leiden erheblich. Besonders zu dieser Jahreszeit kommt hinzu, dass die Tiere mit ihrer haarlosen, geschundenen Haut der Kälte nichts entgegenzusetzen haben. „Nicht nur durch Hautinfektionen und Hunger ist die Räude tödlich. Ohne ihr Fell erfrieren die Füchse“, weiß Dr. Martin Kohler.
Erst Staupe, dann Räude
Um die Krankheit einzudämmen, müssen der Nürtinger Kreisjägermeister und seine Jagdkameraden intensiv Jagd auf die Füchse machen, denn eine hohe Population beflügelt die Seuche. Und es hilft wenig, einen räudigen Fuchs zu erlegen, wenn sofort der nächste da ist, um seinen Bau zu übernehmen und sich in dem unterirdischen Zuhause die Milben seines Vorgängers einfängt. „Der Bestand ist schon ziemlich ausgedünnt. Das liegt an der Räude und an der Bejagung, ein Teil der Füchse ist im Sommer bereits an der Staupe verendet“, fasst Martin Kohler die aktuelle Lage zusammen. Hoffnung, dass Füchse die Krankheit einfach überstehen, hat der Jäger nicht: „Das schafft höchstens ein sehr starkes Tier.“
Der Blick auf die kommenden Wochen ist düster: Bald beginnt die Paarungszeit der Füchse. Und da steht der Körperkontakt, der häufigste Übertragungsweg der Räude, nun mal naturgemäß auf der Tagesordnung.
Was tun, wenn man auf kranke Füchse trifft?
Menschen und besonders ihre Haustiere sollten sich unbedingt von kranken und toten Füchsen fernhalten. Hunde sollten in Gebieten, in denen Füchse erkrankt sind, an der Leine bleiben. Denn ist der Fuchs geschwächt, kann er nicht mehr vor den Hunden flüchten. Nach einem möglichen Kontakt sollte vorsorglich auf Symptome wie Juckreiz oder Hautveränderungen geachtet werden.
Räudige Füchse erkennt man bei einer fortgeschrittenen Krankheit an ihrem ausfallendem Fell. Besonders die einst so buschige Lunte fällt auf, wenn sie plötzlich kahl und verschorft ist. Wer einen kranken oder toten Fuchs findet, sollte die Jagdpächterin oder den Jagdpächter informieren. Das geht am einfachsten über die Polizei oder über einen Anruf bei der Gemeinde.
Die Staupe ist eine weitere Krankheit, unter der viele Füchse leiden. Dabei handelt es sich um eine hochansteckende Virusinfektion, die auch bei Hunden bekannt ist. Haustiere können gegen Staupe geimpft werden, Füchse erliegen häufig der Krankheit. Auffällige Symptome können eine laufende Nase und apathisches Verhalten sein. kd