Nürtingen. Die CDU-Mitglieder erwarten von Angela Merkel nach schlechten Umfragewerten kräftigen Rückenwind im Schlussspurt des Wahlkampfs. Engagiert warb sie dann auch für einen Politikwechsel im Land, im Mittelpunkt ihrer Rede stand jedoch die Flüchtlingspolitik.
Die Kanzlerin habe zwei „harte Nächte hinter sich mit schwierigen Verhandlungen“, sagte der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl. Am Vortag hat sie beim Brüsseler EU-Gipfel mit der Türkei noch um Lösungen für das Flüchtlingsproblem gerungen. Doch von Strapazen war Angela Merkel nichts anzumerken. Sie freue sich, „dass ich die Werbetrommel rühren darf“. Die Zahl der Flüchtlinge müsse spürbar und nachhaltig zurückgehen, sagte Merkel. Dazu sei es nötig, die Fluchtursachen zu bekämpfen. Syrien habe sechs Millionen Flüchtlinge im Land, fünf Millionen hätten das Land verlassen. Als sich ihre Lebensverhältnisse verschlechtert hätten und sie befürchteten, dass ihre Kinder jahrelang keine Bildung bekämen, hätten sie sich auf den Weg gemacht nach Europa. Deshalb sei eine „vernünftige Versorgung vor Ort, in der Nähe der Heimat so wichtig“.
Europa müsse die Türkei dabei unterstützen, die Flüchtlinge im Land zu halten. Die türkische Regierung habe jetzt nochmals drei Milliarden Euro gefordert, doch man müsse sich überlegen, „was es kostet, wenn die Flüchtlinge mal bei uns sind“, betonte Merkel. Wichtig sei es, in der Türkei Verhältnisse zu schaffen, dass die Menschen sich nicht für viel Geld skrupellosen Schleusern ausliefern und sich auf einen gefährlichen Weg machten müssten. Klar sei aber, dass Flüchtlinge, die „auf nicht legalen Wegen“ nach Griechenland kommen, wieder zurück in die Türkei müssten, stellte sie klar. Europa müsse jedoch auch legale Wege schaffen. Im Januar seien 320 Flüchtlinge in der Ägäis ertrunken, 2015 seien es mehr als 800 gewesen. „Damit können wir uns doch nicht abfinden.“
Europa müsse seine Außengrenzen sichern. Innerhalb von Europa müssten die Grenzen jedoch offen bleiben, „um unseren Wohlstand zu sichern“. Für Deutschland als Exportnation seien offene Grenzen „im ureigensten Interesse“. Die Bundeskanzlerin bekräftigte ihre Haltung, dass Menschen, die vor Terror, Krieg und Verfolgung geflohen seien, in Deutschland Schutz bekommen müssten. Dieser Haltung liege ein christliches Menschenbild zugrunde. Unverzichtbar sei es aber, sichere Herkunftsländer festzulegen, damit Menschen, die keinen Anspruch auf Asyl haben, zügig in ihre Heimatländer abgeschoben werden können. Dies müsse dann auch tatsächlich erfolgen. Der SPD warf Merkel vor, die Ausweisung von Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsländer zu verzögern, damit Rot und Grün sich dazu vor den Landtagswahlen nicht erklären müssten.
Für die Integration nannte Merkel klare Bedingungen. Wer bleiben wolle, müsse sich an Recht und Gesetz halten und die Grundwerte achten. Dazu zähle die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Zu achten seien ebenso Religions- und Meinungsfreiheit sowie das Gewaltmonopol des Staates.
Im landespolitischen Teil ihrer Rede sagte die Kanzlerin, die grün-rote Landesregierung habe in den vergangenen fünf Jahren Substanz verzehrt, aber keine aufgebaut. Das gelte beispielsweise für die Bildungspolitik. In den vergangenen drei Jahren habe das Land kein Straßenbauprojekt begonnen. Eine Regierung müsse Zukunft gestalten, „und da muss mehr geschehen in Baden-Württemberg“, meinte Merkel. CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf wetterte, das Land benötige eine bessere Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik. Das gelte für den Straßenbau wie für den Breitbandausbau. In der Bildungspolitik müsse „Schluss sein mit der Gleichmacherei“.