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Racheakt für ein blaues Auge?

Justiz Im zweiten Prozess um den Schusswechsel in Mettingen vor gut einem Jahr räumt der Angeklagte seine Beteiligung ein.

Esslingen/Stuttgart. Wegen seiner Beteiligung an einem Schusswechsel muss sich ein 33-Jähriger vor dem Landgericht Stuttgart verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann versuchten Totschlag vor. Er soll am späten Abend des 5. September 2022 vor einer Bar in der Obertürkheimer Straße in Esslingen-Mettingen sechsmal auf seine Kontrahenten zurückgeschossen haben, nachdem diese das Feuer eröffnet hatten.

In weiten Teilen bestätigte der Mann den formulierten Sachverhalt. Allerdings beteuert der Mann, nicht mit einer scharfen Waffe geschossen zu haben. Er gab zu, jene Person zu sein, die auf Videoaufnahmen der Tat zu sehen war. Ferner räumte der Angeklagte ein, während der Schießerei auf seine Angreifer zurückgeschossen zu haben. Die Waffe habe er während seiner Flucht in der Schweiz entsorgt.

Fehde krimineller Gruppen

Die Waffe habe er sich beschafft, nachdem es zu einer körperlichen Auseinandersetzung gekommen war. Dabei hat der Angeklagte einem 21-jährigen Mann aus Stuttgart, der wohl einer verfeindeten Gruppierung angehört, ein blaues Auge verpasst. Am Abend des 5. September wollte sich der Verprügelte offenbar rächen. Hintergrund der Prügelei war wohl eine Fehde zweier verfeindeter krimineller Gruppen im Großraum Stuttgart. Er habe sich vor der Schießerei mit Mitgliedern eines kurdischen Vereins in einem Hinterhof nahe seiner Stammkneipe in Mettingen getroffen, erklärte der Angeklagte. Es sei besprochen worden, wie die angespannte Situation mit der anderen Gruppierung gelöst werden könnte. Dann habe er in seine Stammkneipe gewollt. Auf der Straße sei er von seinen inzwischen in einem anderen Verfahren verurteilten Kontrahenten abgefangen worden. „Es hat nur Sekunden gedauert“, so der Angeklagte. Nach wenigen Worten seien die ersten Schüsse gefallen. Er sei hinter einem Auto in Deckung gegangen, habe zunächst viermal zurückgeschossen. Nach dem Vorfall sei er zu seiner Schwester in die Schweiz geflohen. Anfang Dezember wurde er schließlich in einem Casino in Lichtenstein verhaftet.

Neu ist dem Mann das Gefängnis nicht. Als Kind sei er aus einem Dorf im Osten der Türkei nach Esslingen gezogen. Im Erwachsenenalter sei er immer wieder im Gefängnis gewesen. „Ich weiß nicht mehr, wann ich rein- und rausgekommen bin“, erklärte er zu seiner Biografie. Dass er mit einer Waffe gegen laufende Bewährungsauflagen verstößt, sei ihm klar gewesen. Deshalb habe er sich eine Schreckschusswaffe besorgt. Er habe gehofft, damit nicht gegen seine Bewährungsauflagen zu verstoßen. Philipp Braitinger