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Recyceln ist das neue Goldschürfen

Altmetall. Auf dem großen Gelände der Firma Schrott-Bosch werden aus Massen von Metallabfällen wieder wertvolle Rohstoffe. Von Daniela Haußmann

Auch in einer Welt, in der jeder Quadratzentimeter satellitengenau erfasst zu sein scheint, lassen sich noch echte Schätze finden. Sie schlummern nicht im Boden oder am Grund der Lauter, sondern türmen sich bergeweise vor den Toren Kirchheims. Bedeckt von Regenwasser und Schmutz, teilweise verrostet oder verbeult, finden sich auf dem Gelände der Firma Schrott-Bosch wertvolle Metallschätze. Einkaufswägen, Bleche, Altfahrzeuge, alte Rasenmäher, Computer, Telefone oder Kabel - kostbare Ressourcen, wohin Marcel Schuler auch blickt. Wo andere nur Müll sehen, sieht der Geschäftsführer Potenzial für Landschafts-, Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutz.

Mehr als 80 000 Tonnen Altmetall rollen jedes Jahr auf Anhängern, Pritschenwägen und schweren Lastern durch die Tore des Dettinger Werksgeländes. Hier beginnt der Recycling-Kreislauf. Wird etwa eine alte Heizungsanlage angeliefert, wandern Teile wie Brenner und Kessel auf einem Förderband in die riesige Schredderanlage. Sämtliche Komponenten werden dort zerkleinert und sortiert.

Mithilfe von Magneten werden eisenhaltige Metallstücke herausgefiltert. Das restliche Material rollt auf dem Band weiter zu den nächsten Sortierstationen, in denen beispielsweise leichte Bestandteile wie Aluminium, aber auch Schwermetalle wie Kupfer, Messing, Zinn und Edelstahl abgetrennt werden. Wenn die Heizungsteile mit wertlosen Stoffen wie Gummi, Holz, Kartonagen, Kunst- oder Schaumstoff vermischt sind, sind sie laut Marcel Schuler nicht mehr recyclingfähig: „Diese sogenannte Leichtfraktion wird energetisch verwertet.“

99 Prozent des eisenhaltigen Stahlschrotts, der in Dettingen produziert wird, gelangen laut Marcel Schuler in Gießereien und Stahlwerke. Dort wird er eingeschmolzen. „Dabei lassen sich Fremdstoffe, wie zum Beispiel Zink- oder Nickelanhaftungen, aus der Schlacke entfernen“, klärt der Fachmann auf. „Diese sogenannte Raffination steigert die Reinheit und damit die Wertigkeit des Metalls.“

Auf diese Weise können Altmaterialien und ihre Legierungen ohne Qualitätsverluste beliebig oft aufbereitet werden. Das hat wirtschaftliche und ökologische Vorteile. „Allein mit einer Tonne recyceltem Aluminium lässt sich gegenüber der Neugewinnung aus Erzen der CO2-Ausstoß um zehn Tonnen verringern“, betont der Geschäftsführer. „Das entspricht einer Einsparung von 90 Prozent.“ Recycling spart also nicht nur mineralische Bodenschätze, sondern genauso auch fossile Energieträger.

Aber auch wenn dem Experten zufolge 75 Prozent des Aluminiums, das seit seiner Entdeckung produziert worden ist, noch im Wirtschaftskreislauf zirkulieren, stellt sich die Frage, ob sich der stetig steigende Metallbedarf mit Recycling abdecken lässt. Ob Antriebe, Leistungselektronik, Energiespeicher oder elektrische Zukunftstechnologien - Kupfer bildet hier überall eine wichtige Basis. Die US-Behörde United States Geological Survey beziffert die globalen Kupferressourcen auf 3 000 Millionen Tonnen. Zwei Drittel der seit 1900 produzierten Kupfermengen sind noch in Gebrauch. Marcel Schuler ist überzeugt, dass die Recyclinganstrengungen weltweit intensiviert werden müssen. Denn eine Förderausweitung bei geringer werdender Erzkonzentration erfordert aus seiner Sicht wachsende technische, energetische und finanzielle Aufwendungen. Das erscheint ihm wenig lukrativ.

Anders verhält es sich bei steigenden Rohstoffpreisen - über die freut sich laut Bastian Wagner nicht nur der Metallhandel. Bei guter Marktlage klopfen oft auch Privatleute an die Tür des Einkäufers, um Großmutters geliebtes Tafelbesteck samt Zinnbechern zu versilbern.

Wenn die Metallpreise steigen, schlägt die Fantasie bei manchen schon mal Purzelbäume. Vor einigen Jahren sägten Langfinger das Wahrzeichen einer Kleinstadt bei Stuttgart ab. „Die Bronzestatue boten sie uns zum Kauf an“, erinnert sich Wagner, der damals die Polizei informierte.

Eigentlich ist die Goldgräberstimmung kaum nachvollziehbar. Schließlich bringt beispielsweise ein Kilo Alteisen gerade mal 15 Cent ein. Mit einem Kilo Kupfer oder Bronze sind je nach Sorte über fünf Euro verdient. Was beweist: Erst mit Recycling wird altes Metall zum echten Schatz.