Immer mehr Städte und Gemeinden in der Region kehren dem Bikesharing-Anbieter Regio-Rad Stuttgart den Rücken. Jetzt will auch Hochdorf einen Schlussstrich unter die Zusammenarbeit ziehen – nach weniger als zwei Jahren. Erst Mitte Dezember 2021 wurden die beiden Hochdorfer Regio-Rad-Stationen im Breitwiesenareal und im Gewerbegebiet nahe des Edekas mit Verspätung offiziell eingeweiht. Pro Station sind eigentlich jeweils ein Fahrrad sowie vier Pedelecs mit elektronischer Tretunterstützung vorgesehen. Von Mai bis August 2022 gab es aber massive Probleme im gesamten Regio-Rad-Netz, an den beiden Hochdorfer Stationen sogar nur je ein bis zwei Räder. Ursachen waren Vandalismus, ein dadurch erhöhter Reparaturbedarf, Lieferkettenprobleme und Verzögerungen bei den Reparaturen durch krankheitsbedingte Personalausfälle. Seit August sind die blauen Räder zwar wieder an Ort und Stelle, ausgeliehen wurden sie jedoch nur selten. Nur 22 Bürger nahmen im Ort das Angebot im letzten Jahr in Anspruch. Auch Pendler schwangen sich laut aktueller Auswertungen nur in geringem Maße in den Sattel der Hochdorfer Leihräder. Im zentral gelegenen Breitwiesenareal wurden letztes Jahr 39 Ausleihen und 37 Rückgaben registriert, an der Station im Gewerbegebiet sogar nur sieben Ausleihen und vier Rückgaben.
Bis 30. April kann die Gemeinde von einem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen. Damit endet die Vertragslaufzeit vorzeitig zum 31. Oktober 2023 statt Ende 2026. Im Frühjahr und Sommer können die Räder noch genutzt werden, nach Ablauf des Vertrags werden die Stationen abgebaut. Ein Schritt, zu dem sich der Gemeinderat nach längerer Diskussion mehrheitlich entschlossen hat. Zumal das erste Jahr nicht unter Normalbedingungen lief und das Angebot als wichtiger Baustein in Ergänzung zum ÖPNV gestartet wurde. Doch zum aktuellen Zeitpunkt zeige die Auswertung unterm Strich keinen ausreichenden Bedarf an den Leihrädern.
Die Gemeinde Hochdorf ist nicht die einzige Kommune, die vorzeitig aussteigt. Auch Schorndorf, Winterbach, Marbach, Renningen und Backnang haben sich dazu entschlossen. „Bereits zum Jahresende 2022 wurden außerdem insgesamt vier Stationen in Freiberg am Neckar, Weinstadt, Wolfschlugen und eines Partners in Stuttgart gekündigt und abgebaut. Die Station am Bahnhof Freiberg wird seit 2023 von einem anderen Betreiber weitergeführt“, erklärte Ralf Maier-Geißer, Leiter des Referats Strategische Planung und Nachhaltige Mobilität bei der Stadt Stuttgart und Gesamtkoordinator von Regio-Rad Stuttgart. Die Entscheidung der bisherigen Aussteiger hält er für bedauerlich und übereilt. Zumal diese wieder für weiße Flecken im aktuell noch engmaschigen Regio-Rad-Netz sorge. „Wir sind ursprünglich interkommunal mit einer Vertragslaufzeit bis Ende 2026 angetreten. Natürlich ist ein flächendeckendes Angebot immer besser, zumal die Nutzer die Räder überall in den teilnehmenden Städten und Gemeinden leihen und zurückgeben können. Mit dem Ausstieg fehlen dann wieder ein paar Trittsteine des Mosaiks“, so Ralf Maier-Geißer.
Die Abdeckung in der Region durch Regio-Rad
Netz Stand Februar 2023 haben neben Stuttgart 49 weitere Städte und Gemeinden der Region ein Regio-Rad-Angebot. Das sind laut Ralf Maier-Geißer insgesamt 255 Stationen, 119 davon in der Stadt Stuttgart. Im Laufe des ersten Halbjahres 2023 ist der Aufbau von rund 40 weiteren Stationen in der Region vorgesehen.
Kosten Die Stadt Stuttgart bezahlt für ihre derzeit 119 Stationen jährlich über 900 000 Euro. Die Gemeinde Hochdorf kostet die Bereitstellung der Räder jährlich nach Abzug der Förderung durch den Verband Region Stuttgart noch circa 8000 Euro. eis