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Rehkitze werden vor dem Mähtod bewahrt

Rettung Über die erfolgreiche Arbeit des Bissinger und Ochsenwanger Rehkitz-Rettungsteams hat Gabi Marschall ein Kinderbuch geschrieben. Von Katja Eisenhardt

Die Bissingerin Gabi Marschall hat ein Kinderbuch zur Rehkitz-Rettung im Ort geschrieben. Foto: Markus Brändli

Druckfrisch ist das Kinderbuch, das Gabi Marschall in den Händen hält. „Heute habe ich es beim Buchbinder in Owen abgeholt“, erzählt sie den zahlreich erschienenen Besucherinnen und Besuchern im Saal der Alten Schule in Bissingen. Zur Buchvorstellung gekommen sind viele Kinder, ihre Eltern und Großeltern, örtliche Landwirte, Jagdpächter und freiwillige Helfer des Bissinger Kitzrettungsteams. Das Kinderbuch „Das Rehkitz und die Drohne“, erzählt davon, wie die Gruppe die Kitze auf den Wiesen rund um Bissingen und Ochsenwang vor dem Mähwerk rettet, wenn für die Landwirte die Mähsaison startet. 

 

Im letzten Jahr haben wir 25 Rehkitze gerettet.
Martin Wahl,
Jagdpächter 

 

Die Idee zum Buch entstand bei einer solchen Rettungsaktion, an der Gabi Marschall als Helferin selbst teilgenommen hat. „Ich habe das Erlebte meiner Nachbarin erzählt. Sie hat mich dazu ermuntert, ein Kinderbuch daraus zu machen“, erfährt das Publikum. Ihre Enkel Nele und Emil seien schließlich die Test-Leser gewesen. Selbst illustriert hat die Bissingerin ihr erstes Werk ebenfalls und das Ergebnis überzeugt. Sofort erkennen die Kinder bereits auf den ersten Seiten des Buches, die bei der Lesung bis in die letzte Reihe gut erkennbar auf die große Leinwand projiziert werden, dass die Geschichte in bekannter Umgebung spielt: „Da sieht man die Teck von der Bissinger Seite aus.“ Sogar die unterschiedlichen Wildblumen auf den Bildern können die jungen Zuhörerinnen und Zuhörer benennen. 

Gut versteckt im hohen Gras einer bunt blühenden Wiese liegt ein Rehkitz. „Am Anfang sind die Kitze noch geruchlos“, erklärt Gabi Marschall ihr Bild, „das heißt, zum Beispiel Füchse oder Hunde können sie noch nicht riechen. Dazu haben sie in den ersten Lebenswochen keinen Fluchtreflex, bleiben also dort liegen, wo sie ihre Mütter versteckt haben.“ Doch der zusätzliche Schutz des hohen Grases währt nur so lange, bis die Mähdrescher der Landwirtschaft zum Einsatz kommen. Von diesen aus sind die versteckten jungen Rehe nicht erkennbar. Das kann böse enden. Um das zu vermeiden, kommt das Kitzrettungsteam zum Einsatz. Dieses Jahr sind die Jagdpächter aus Bissingen und Ochsenwang sowie die rund 20 Helferinnen und Helfer bereits in der dritten Saison regelmäßig im Gebiet der drei so genannten Jagdbögen Bissingen-West und Bissingen-Ost sowie Ochsenwang unterwegs.

Bis zu 20 Einsätze sind es für das Rettungs-Team im Monat

Der ein oder andere im Publikum erkennt sich gut getroffen in den Zeichnungen wieder. So etwa Martin Wahl, Gemeinderat und Jagdpächter im Bereich Bissingen-Ost. „Dazu begeistere ich mich fürs Modellfliegen, so kam ich schnell zum Part des Drohnen-Piloten“, erzählt Wahl. In Ochsenwang werde die Drohne von Jagdpächter Uli Hoyler geflogen. „Wir sind auch immer noch auf der Suche nach weiteren ehrenamtlichen Piloten“, ergänzt Martin Wahl. In der Regel sind die Kitzretter zwischen Mai und Juli im Einsatz, teils früher. „Im Schnitt sind es 15 bis 20 Einsätze pro Monat“, ergänzt der Jagdpächter. In den frühen Morgenstunden startet die Gruppe um vier Uhr und ist jeweils gut dreieinhalb Stunden auf Tour über die Wiesen. „Im letzten Jahr haben wir 25 Kitze gerettet. 2022 waren es sogar 30“, berichtet Martin Wahl von den beachtenswerten Erfolgen. 

Auf was man bei einer Rehkitz-Rettungsaktion achten muss, hat Gabi Marschall detailgenau auf ihren Bildern festgehalten. So tragen die Helfer beispielsweise Handschuhe und nehmen Grasbüschel in die Hände, wenn sie das gefundene Kitz vorsichtig in eine Box heben, um es in sicherer Entfernung von den Mähdreschern wieder in die Freiheit zu entlassen. „Das Kitz darf nicht den Geruch von den Menschen haben, sonst nimmt es seine Mutter nicht mehr an“, liefern die Kinder die passende Erklärung. Wo die Drohne was die Bildgebung angeht an ihre Grenzen kommt – laut Martin Wahl beispielsweise unterm Blätterdach der Bäume auf den Streuobstwiesen – durchkämmen die Helferinnen und Helfer die Wiesen besonders aufmerksam. Wie der Ruf eines Kitzes klingt, zeigt Jagdpächter und ebenfalls Gemeinderat Hanns-Dieter Aberle mittels einer speziellen Pfeife.

Erschienen ist das Kinderbuch im Nürtinger denkhaus-Verlag von Gotthold Knecht, der  ebenfalls unter den Zuhörern war.