Wer dieser Tage die Galerie Diez in Dettingen betritt, findet sich in einem kraftvoll aufgeladenen Raum wieder. Die regelmäßig totgesagte Malerei feiert dort fröhliche Auferstehung. David Graeter zeigt „Neue Malerei“. Einem breiten Publikum ist der gebürtige Stuttgarter vor allem als Fotograf bekannt. An der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst hat er Fotografie studiert. Stipendien führten ihn als Stadtfotografen nach Gera und ins italienische Canosa Sannita. Im Jahr 2003 widmete die Städtische Galerie im Kirchheimer Kornhaus den fotografischen Arbeiten David Graeters eine Einzelausstellung.
Dabei standen die klassischen Disziplinen Malerei und Bildhauerei bereits ganz am Anfang seines künstlerischen Werdegangs am Metzinger Kunstseminar. Nach langer Abstinenz hat Graeter nun erneut zu Pinsel und Farbe gegriffen und führt die Betrachter mit seiner aktuellen Werkschau mitten ins Herz der Malerei. Dezent arbeitet die Hängung mit Pathosformeln und verweist so auf den reichen kulturgeschichtlichen Humus, auf dem jedwede Malerei der Gegenwart notwendig fußt. In den Bildern selbst dominieren intensive Gesten und Farbräume.
So intuitiv die Arbeiten wirken, gründen sie doch auf klar umrissenen Kategorien. Es ist die Farbenlehre des Weimarer Bauhausmeisters Johannes Itten, die Graeters Kunst die Stichworte liefert: Simultankontrast, Sukzessivkontrast und so fort. Stets ist es die Reflektion auf das Wesen der Farbe, die dem Maler den Auslöser für ein neues Bild liefert.
Aus den Werken ist ein starkes handwerkliches Ethos ersichtlich. Denn Graeter setzt bei den Grundlagen seiner Kunst an. Er bedient sich nicht fiktiver Konzepte, sondern traut den Fundamenten seines Metiers das Vermögen zu, ihn durch den langwierigen und ergebnisoffenen Prozess der Malerei zu führen. So dienen die elementaren Parameter der Farbe dem Geschehen im Atelier als Leitplanken. Es sind die Gesetzmäßigkeiten aus dem Inneren der Farbe selbst, die Graeters Malerei in Gang halten.
Von bloßen Farbstudien sind seine Werke jedoch denkbar weit entfernt. In der Ausstellung lassen sich diverse Aggregatzustände studieren, die der malerische Impetus annehmen kann. Kompositionen, die mit vergleichsweise wenigen Gesten auskommen, korrespondieren mit kinetisch aufgeladenen Bildräumen zahlreicher Pinselschläge. Bewusst gesetzte Brechungen sekundieren das freie Spiel von Farbe und Form und verweisen auf den Malprozess zurück: herablaufende Farbspuren etwa oder Einsprengsel von Texturen.
Dem Versuch einer eindeutigen Lesart entziehen sich die Bilder gekonnt. Gleichwohl bieten sie Möglichkeiten zur Anknüpfung an Gegenständliches. Aus einem solchen Changieren von Öffnen und Entzug beziehen die Exponate ihren ästhetischen Reiz. Graeters „Neue Malerei“ fordert den Blick heraus, die Bilder als vielschichtige Räume zu erkunden und noch unerschlossenes Terrain zu erkunden.
Die Ausstellung „Neue Malerei“ von David Graeter ist bis einschließlich 11. Dezember in der Galerie Diez in der Kirchheimer Straße 85 in Dettingen zu sehen. Die Galerie ist geöffnet freitags von 16-18 Uhr, samstags und sonntags von 14-18 Uhr.