Ein Reisebus auf der Autobahn, ein Motorrad und die Aufforderung „Bitte folgen“: Wenn die Polizei zur Buskontrolle winkt, drohen Fahrern und Betreibern empfindliche Strafen. Die Kontrollen geschehen aber aus gutem Grund, wie gestern am Kruichling deutlich wurde.
Robert Berndt
Kreis Esslingen. Der blaue Reisebus eines deutschen Fernbus-Anbieters ist einer der ersten, der per Polizeieskorte auf den Autohof gelotst wird. Sein nächster Halt wäre der Flughafen Stuttgart gewesen – dieser scheint allerdings in weite Ferne zu rücken: Die Fahrgäste müssen erstmal Vorlieb mit dem Kirchheimer Kruichling nehmen.
Die Kontrollaktion auf dem Kirchheimer Autohof am gestrigen Donnerstag ist groß angelegt. Der Fokus liegt auf deutschen Reise- und Fernlinienbussen. „Es handelt sich um eine Schulungs- und Lehrkontrolle für Kollegen aus dem gesamten Bundesgebiet“, erklärt Detlef Drinkler, Leiter des mehrtägigen Seminars an der Außenstelle Instituts für Fortbildung der Polizei in Wertheim.
Für die 44 Teilnehmer von Polizei und Gewerbeaufsichtsbehörde aus Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz stellt dieser Tag die Praxisphase dar. Sie werden in Gruppen auf die acht Kontrollstationen verteilt, von denen jede unter der Aufsicht eines erfahrenen Beamten des Verkehrskommissariats Esslingen steht.
Die Kontrolle ist für eine Dauer von sechs Stunden ausgelegt. „Die Teilnehmer sind aber keine Anfänger mehr“, erklärt Seminarleiter Drinkler. „Aber man lernt nie aus. Es geht hier auch um den Austausch von Erfahrungen, das Optimieren von Abläufen.“ Seminare wie dieses, bei dem Kollegen aus dem ganzen Bundesgebiet geschult werden, finden einmal im Jahr statt.
„Die Sicherheit im Verkehr steht dabei an oberster Stelle“, informiert Wolfgang Raabe vom Verkehrskommissariat Esslingen. Ist mit Bus und Fahrer alles in Ordnung, kann die Fahrt fortgesetzt werden. Allzu oft komme es aber zu Verstößen: Mal ist etwas mit dem Fahrzeug nicht in Ordnung, in anderen Fällen hat der Fahrer wichtige Papiere nicht dabei oder hält die vorgeschriebenen Ruhezeiten nicht ein. Es sei auch schon vorgekommen, das Fahrer illegalerweise mit zwei Fahrerkarten gearbeitet hätten. „In extremen Fällen kommt beides zusammen“, sagt Raabe.
Auch eine Gruppe der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) und der Kontrolleinheit Verkehrswege (KEV) des Zolls ist vor Ort. Die Zollbeamten überprüfen die Beschäftigungsverhältnisse der Busfahrer und das Gepäck, während die Polizeikollegen die Technik der Fahrzeuge und die Ruhezeiten der Fahrer überprüfen.
Beim blauen Reisebus ist der Fahrtenschreiber in Ordnung, aber ein Blick auf und vor allem in das Fahrzeug fördert erhebliche Mängel zutage. „Einer der Keilriemen ist stark porös, außerdem verliert der Bus Öl“, sagt Manfred Abbieri vom Polizeipräsidium Konstanz nach einer Kontrolle des Motorraums. Sein Kollege Markus Kruppa stellt fest, das die Notausgänge im Innenraum mangelhaft gekennzeichnet sind und auch das akustische Not-Türöffnungssignal im hinteren Bereich sowie die Sicherheitsgurte nicht funktionieren. „In diesem Zustand ist der Bus nicht für die Personenbeförderung geeignet“, lautet das Urteil der Experten. Er muss aus dem Verkehr gezogen und von einem Sachverständigen begutachtet werden, der Betreiber einen Ersatzbus für die Passagiere organisieren. „Dieser wird aber ebenfalls überprüft“, betont Abbieri. „Es kam schon vor, das der Ersatzbus ebenfalls gefährliche Mängel aufwies.“ Die Fahrgäste sind verärgert, der Fahrer versucht, zu beschwichtigen – ein zweiter Bus sei bereits unterwegs. „Ich bestelle ein Taxi“, seufzt eine junge Frau genervt und zückt ihr Mobiltelefon.
Richard Mayer aus Herrenberg hingegen wartet geduldig auf die Weiterfahrt. Auch der Bus, mit dem er und seine Frau an diesem Vormittag gemeinsam mit einer Reisegruppe unterwegs nach Bad Wiessee in Oberbayern ist, wird gerade von den Beamten unter die Lupe genommen. Er sei in 40 Jahren als Autofahrer nicht einmal in eine Kontrolle geraten, erinnert er sich, und beobachtet die Arbeit der Beamten interessiert aus der Distanz. Mayer hat Glück: Wenig später gibt es grünes Licht – mit Bus und Fahrer ist alles in Ordnung, die Reisegruppe kann die Weiterfahrt antreten. „Es ist schade um die Verzögerung, aber ich bin froh, das solche Kontrollen stattfinden“, sagt der 70-Jährige. „Niemand möchte mit einem übermüdeten Fahrer oder einem defekten Fahrzeug unterwegs sein. Man kann nicht genug auf die Sicherheit achten.“
