Engagement
Reitverein Lenningen löst sich auf

Nach 50 Jahren sind die Tage des Reit- und Fahrvereins Lenningen gezählt. Die Suche nach einem Grundstück hat den Vorstand fast die gesamte Zeit beschäftigt.

Der Reitplatz des Reit- und Fahrvereins Lenningen bei der Einweihung im Juli 1975. Foto: pr

Die Geschichte des Reit- und Fahrvereins Lennin­gen beginnt am 15. März 1975 im Gasthaus ­Adler in Oberlenningen. Dort treffen sich einige Pferdefreunde, die von der Gemeinde Lenningen ein Grundstück unterhalb des Sattelbogens erhalten haben, zur Gründungsversammlung. Unter ihnen ist der Vater des heutigen ers­ten Vorsitzenden Andreas Luber. Letzterer war damals 15 Jahre alt und wollte Springreiter werden. „Das war mit der Grund, warum mein Vater Rudolf den Verein gegründet hat“, erinnert sich Andreas Luber, der anlässlich der Auflösung des Vereins zum Gespräch in den Bahnhof in Unterlenningen geladen hat.

Seitdem sind wir ein Verein ohne Gelände.

Andreas Luber, erster Vorsitzender, über die Zeit seit 1986

In Unter- und Oberlenningen habe es damals zwölf Pferde gegeben, deren Reiter Mitglied im Verein wurden. Die mussten in den nächsten Monaten kräftig mit anpacken. Am 6. Juli 1975 wird das Gelände, das inmitten der Streuobstwiesen liegt, eingeweiht. Die Schwarz-Weiß-Bilder, die der Verein in einem Album gesammelt hat, zeigen hell gekleidete Jugendliche und Erwachsene auf Pferden, die über den Sandplatz traben oder den Rasenspringplatz austesten. Stallungen gibt es keine, man reitet zum Gelände.

Die ersten Jahre laufen gut für den jungen Verein. Auf dem Platz gibt der Lenninger Turnierreiter Bernd Hennrich Unterricht. „Wir haben relativ schnell Mitglieder gewonnen, die Reitunterricht auf den Pferden der Mitglieder genommen haben“, sagt Andreas Luber. Der Verein veranstaltet Fuchsjagden rund um die Teck und einmal sogar einen Turniergeländeritt. „Unser berühmtester Teilnehmer war ein Göppinger, der später bei den Weltmeisterschaften in Lexington, USA, gestartet ist“, erinnert er sich.

Bei der Spenden­übergabe von rechts: Siebert Theurer, stellvertretender Vorsitzender des Vereins, und Andreas Luber bei der Spendenübergabe an Vertreterinnen und Vertreter der Kindergärten, des Vereins „Pferde für unsere Kinder“ und das HPZ Scharnhausen. Foto: pr

Eigentlich ist eine Wiederholung geplant, doch zu einem zweiten Turniergeländeritt wird es nicht kommen. Der Reitverein wird vom Landratsamt darauf hingewiesen, dass er sein Gelände illegalerweise im Landschaftsschutzgebiet errichtet hat. Für die Vereinsmitglieder ist das ein Schock. „Wir dachten, wenn der Bürgermeister uns das Grundstück gibt, dann dürfen wir das“, erinnert sich Andreas Luber. Der Verein muss das Gelände zurückgeben und macht sich auf die Suche nach einer neuen Bleibe. Vorübergehend kommt er von 1982 bis 1986 auf dem Gelände der Firma Leuze in Unterlenningen unter, in einem Bauzelt, das zur Reithalle umgebaut wird. Auch dort hat der Verein keine Stallungen. „Da ging es noch mal bergauf, weil wir wetterunabhängig unterrichten konnten“, sagt Andreas Luber. Immer mehr Kinder und Jugendliche kommen zu den Reitstunden, die unter anderem von Dieter Aldinger aus Notzingen gegeben wurden. 

1986 muss das Bauzelt weichen, weil die Firma Leuze das Gelände selbst benötigt. „Seitdem sind wir ein Verein ohne Gelände“, sagt Andreas Luber.

Der heutige erste Vorsitzende Andreas Luber als 15-Jähriger. Foto: pr

Er holt eine Karte hervor. Man habe im Laufe der Zeit 20 Standorte mit der Gemeinde und dem Landratsamt geprüft – ohne Erfolg. Unter anderem habe die Gemeinde Lenningen versucht, hinter der Kläranlage Oberlenningen eine Fläche für den Reit- und den Kleintierzuchtverein zu kaufen. „Es gab aber keine Einigung mit den Eigentümern“, sagt Luber.

2023 macht der Verein einen letzten Vorstoß. Doch sowohl die Idee, einen Teil des Scheufelen-Areals zu kaufen und dort eine Reithalle anzusiedeln, als auch der Gedanke, anstelle der nicht genutzten Tennisplätze in der Sportanlage Bühl in Unterlenningen eine Reithalle zu bauen, seien von der Verwaltung nicht aufgenommen worden. „Laut Bürgermeister ging das aus Erschließungsgründen nicht“, sagt Luber zum Thema Tennisplätze.

Dass keiner der Versuche, den Verein am Leben zu erhalten, erfolgreich war, findet Andreas Luber traurig. „Es lag nicht an den finanziellen Mitteln. Das hätten wir gestemmt bekommen“, sagt er und nennt hohe Spendenzusagen der Mitglieder, deren Zahl mittlerweile auf 34 geschrumpft ist. Auch am Engagement der Mitglieder habe es nicht gefehlt. Letztendlich habe das fehlende Grundstück dem Verein das Genick gebrochen. „Die politische Unterstützung war zu gering, um weitermachen zu können“, sagt er.

Die Leidtragenden sind für ihn hauptsächlich die Kinder und Eltern, die zum Reitunterricht nach Kirchheim, Weilheim, Nürtingen oder auf die Alb fahren müssen, anstatt im Tal zu bleiben. „Wir wollten nie ein Turnierverein sein, sondern Kindern die Möglichkeit geben, in Kontakt mit Pferden zu kommen und reiten zu lernen“, sagt Luber. Reiten sei über die Jahre nie aus der Mode gekommen, für Mädchen sei es immer ein großes Thema. „Und unser Credo war, dass normale Leute es sich leisten können.“

Nach 50 Jahren und fast 40 Jahren Obdachlosigkeit sind die Tage des Vereins nun gezählt. Das Vereinsvermögen ist zum Teil bereits gespendet worden. Der Verein „Pferde für unsere Kinder“, der Heranwachsenden die Tiere näherbringen möchte, und das „HPZ Scharnhausen“, ein Zentrum für Physiotherapie und therapeutisches Reiten, haben je 4000 Euro erhalten. Für die Lenninger Kindergärten gab’s insgesamt fünf Holzpferde mit „Pflegezubehör“. Den größten Batzen – laut Luber zwischen 30.000 und 35.000 Euro – erhält der Verein „Unser Netz“.