Lenningen. „Ich wage die These, dass die Empörung nach dem Eingang der Steuerbescheide bei vielen Bürgerinnen und Bürgern groß ist. Die Grundsteuer ist ein unglaublich schwieriges Thema“, ist sich Lenningens Bürgermeister Michael Schlecht bewusst. Es werde Gewinner und Verlierer geben. „Wir setzen nur um, was der Gesetzgeber und das Bundesverfassungsgericht beschlossen haben“, sagte er.
Ann-Kathrin Tausch von der Kämmerei informierte kurz über die Grundsteuerreform. Baden-Württemberg hat ein eigenes und ganz neues Modell beschlossen, es orientiert sich nicht am Bund. Für baureife Grundstücke gilt beispielsweise ein erhöhter Hebesatz. Die sogenannten „Enkelgrundstücke“ – grüne, unbebaute Flächen in einem Baugebiet – werden also teurer.
„Aufkommensneutral“ wird die Steuer in Lenningen umgesetzt, das heißt: Am Ende muss der gleiche Betrag für die Gemeinde herauskommen. „Die Aufkommensneutralität bezieht sich ausschließlich auf das Grundsteueraufkommen im Gesamten, nicht jedoch auf die Höhe der Grundsteuer für den einzelnen Steuerpflichtigen“, so der Schultes. Aus diesem Grund werden manche Steuerpflichte mehr bezahlen, andere weniger. Für überdurchschnittlich große Grundstücke in einer Top-Lage wird es in der Regel teurer, für kleinere Grundstücke oder Eigentumswohnungen häufig günstiger.
Sondermodell im Ländle
Für ein Einfamilienhaus mit kleinem Grundstück sind es beispielsweise rund 95 Euro in diesem Jahr, 2025 müssen dann rund 99 Euro bezahlt werden. Ganz anders sieht es für ein Einfamilienhaus mit großem Grundstück aus: Statt rund 456 Euro sind künftig rund 1350 Euro fällig. Die Eigentumswohnung wird dagegen günstiger: statt rund 173 sind es rund 55 Euro. Für ein baureifes, unbebautes Grundstück wird es für den Eigentümer deutlich teurer: Waren es bislang rund 111 Euro, sind ab nächstem Jahr rund 750 Euro zu bezahlen. Gewerblich genutzte Grundstücke werden dagegen wieder günstiger. Statt rund 1240 Euro für knapp 1300 Quadratmeter sind es künftig rund 521 Euro.
Die neuen Hebesätze für das kommende Jahr sind für die Grundsteuer A 210 vom Hundert, für dieses Jahr sind es 345 vom Hundert. Grundsteuer B für 2025: 250 vom Hundert, dieses Jahr sind es 380 vom Hundert.
„Die Grundsteuer ist eine der wenigen Schrauben, an denen wir als Gemeinde drehen können. Wir werden sehen, wie es sich entwickelt“, sagte Michael Schlecht. Seinem Unmut gab Karl Boßler Luft: „Mathematisch ist das richtig. Aber warum allein wir in Baden-Württemberg diese Regelung haben, bleibt mir ein Rätsel. Der ländliche Raum wird weiter geschwächt, die Ballungsräume dagegen gestärkt. Mit dieser Situation bin ich äußerst unzufrieden.“