Nach der Auftaktveranstaltung zum Projekt „Quartier 2030“ folgte im Juni 2022 eine groß angelegte Fragebogenaktion, die sich ausschließlich an die Weilheimer Bürgerschaft ab 60 Jahren richtete. In rund 1200 Rückantworten wurde der Wunsch nach einem Repair-Café lauter, so Bernhard Braun vom Seniorenforum. „Bei der Infoveranstaltung Mitte Oktober letzten Jahres haben sich gleich 32 Interessierte eingetragen, da hat sich nicht viel geändert“, freut sich Bernhard Braun, bei dem alle Fäden zusammenlaufen. Und letzten Samstagvormittag war es so weit: Die aus Ehrenamtlichen gegründete Reparatur-Initiative, die sich in Arbeitsgruppen wie „Reparaturbereich“ und „Administration“ aufteilt, hatte gut zu tun. „Mir geht es in erster Linie ums Miteinander und mich triggert, etwas zu tun, das der Allgemeinheit hilft“, nennt Christiane Denzinger den Grund, warum sie in Zukunft auf „jegliche Art aushelfen“ möchte. Claudia Bernauer, die ebenfalls zum Helferteam gehört, betont: „Hier passiert ja was. Entweder Sie haben nach der Reparatur Ihr Gerät wieder oder Sie können es mit gutem Gewissen endgültig entsorgen.“
Mittlerweile ist es gut voll, sowohl an den Tischen der Reparateure als auch im Café. Auch Bürgermeister Johannes Züfle lässt es sich nicht nehmen, kurz vorbeizuschauen, um den Ehrenamtlichen seinen Dank auszusprechen. „Beim ersten Termin habe ich mich noch nicht getraut, meinen Gruscht, ein beschädigtes Rührgerät, mitzubringen“, verrät der Rathauschef, der sich angesichts der vielen Interessierten ganz begeistert zeigt. Statt im Einsatz auf einer Streuobstwiese in Bissingen lehnt Hermann Mutzbauers Astschere am Tisch von Jörg Mühlhauser. „Der Seilzug ist gerissen“, erklärt ihm der gelernte Informationselektroniker und verrät: „Das war relativ einfach, ich wusste ein Stück weit, wo ich suchen musste.“ Hätte schlimmer kommen können, der Besitzer muss nur das Ersatzteil besorgen.
Kaum zu glauben, wie faszinierend doch ein Akkuladegerät eines hochwertigen Staubsaugers sein kann. Aufgeschraubt und ausprobiert, doch das Teil lädt nicht mehr und lässt sich auch nicht einschalten. Florian Schumayer, Laurin Heide und Erik Schmid, drei Kumpels im Alter zwischen 34 und 20, die alle eine technische Ausbildung haben, suchen gemeinsam nach dem Fehler. „Wir sind da, weil’s Spaß macht und man was dazulernt“, sind sie sich einig.
Überhaupt sind sehr viele junge Leute da, die gefühlt alle etwas mit Elektrik und Elektronik zu tun haben. Nicht zuletzt Samuel Oelkrug, der einen roten, verrosteten Toaster aufschraubt, der rein optisch aus der Wirtschaftswunderzeit stammen muss. „Dann hat es einfach peng gemacht!“, erklärt Karlheinz Veil aus Holzmaden seinem Reparateur Kurt Möck, warum seine Stehlampe nicht mehr leuchtet. Mit 75 Jahren dürfte der Elektromeister der älteste und erfahrenste im Team sein, hat er doch gleich ein Sortiment an Sicherungen mitgebracht. Ob’s vielleicht am Dimmer liegt?
Haben alle Schrauber gut zu tun, ist zumindest die ersten zwei Stunden bei den Näherinnen Karin Schilling und Natalia Rubanenko im wahrsten Sinne des Wortes tote Hose. Dabei hätte die Ukrainerin Rubanenko, die im Schneidern viel Erfahrung mitbringt, wieder richtig Lust, die Nähmaschine rattern zu lassen.
Trotzdem sind alle Anwesenden voll des Lobes. „Eine prima Sache, die nachhaltig ist und die Ressourcen schont“, finden die Freundinnen Hanne und Klara aus Lenningen, die zu Hause noch genügend „Arbeit“ für die sympathischen Schaffer haben.
Eine Idee setzt sich durch
Erste Veranstaltungen, bei denen Alltagsgegenstände gemeinschaftlich repariert wurden, gibt es seit 2002 in Kempten, die „Reparaturtage im Kempodium“.
2009 verschriftlichte die niederländische Umweltjournalistin Martine Postma das Konzept unter dem Namen „Repair-Café“ und stellt seither den Gründern eine Anleitung zur Verfügung.
Laut Repaircafé.org aus den Niederlanden waren Ende 2019 weltweit 2000 RCs aktiv, die geschätzt 420 000 Kilogramm Abfall vermieden haben: Pro Monat wurden 25 Gegenstände repariert, 70 Prozent mit Erfolg. ack