Im Rauner eröffnet erstmals ein Repair Café – Großer Andrang im Quartierstreffpunkt
Reparieren statt neu kaufen

„Wegwerfen? Denkste!“ lautet das Motto der Repair Cafés. Denn sie wollen zeigen: Oft fehlen nur ein paar kleine Handgriffe, um scheinbar ­kaputte Dinge wieder zum Laufen zu bringen. Seit 2009 das erste Repair Café in Amsterdam seine Türen öffnete, hat sich die Idee wie ein Lauffeuer um den Globus verbreitet. Nun gibt es auch eins in Kirchheim.

Kirchheim. Im Treffpunkt „wir Rauner“ herrscht reges Treiben. Über den Raum verteilt sind mehrere Stationen an Tischen aufgebaut, an denen die fleißigen Helden des Alltags sitzen und an allerlei Gegenständen werkeln – alte Kassettenrekorder, gerissene Hosen, kaputte Fahrräder sind dabei. Jemand hat sogar ein antikes Holzschaukelpferd mitgebracht. Im Repair Café im Rauner gibt es Spezialisten, die sich darum kümmern.

„Als die Idee entstand, haben sich sofort 24 ehrenamtliche Spezialisten gemeldet, die dem Repair Café mit helfenden Händen zur Seite stehen wollen“, erzählt Initiator Klaus Fernow. Darunter sind Mechaniker, Elektriker, Schreiner, Textilexperten und Fahrradprofis. Klaus Fernow betont, dass die Veranstaltung keine Konkurrenz zu Handwerksbetrieben ist: Vielmehr soll das neue Angebot Anleitung zur Selbsthilfe geben, um zu vermeiden, dass Dinge leichtfertig weggeschmissen werden, obwohl man sie mit ein paar geschickten Handgriffen hätte retten können.

Außerdem wird beim gemeinsamen Reparieren wertvolles Wissen weitergegeben, das andernfalls irgendwann verloren gehen würde. Wer kaputte Gegenstände ins Repair Café mitbringt, muss dafür nichts zahlen. Dafür unterschreibt der Hilfesuchende, dass das Reparieren auf eigenes Risiko passiert. Die ehrenamtlichen Fachleute sind also aus dem Schneider, wenn bei der Reparatur doch mal etwas schiefgehen sollte.

Beate Wolf ist Hobbyschneiderin. Sie hat sich das Nähen selbst beigebracht und geht ihrem Hobby leidenschaftlich nach. Im Treffpunkt „wir Rauner“ ist sie ehrenamtlich aktiv und erarbeitet einmal in der Woche mit Interessierten kreative Ideen für alte Kleidungsstücke. Als sie gefragt wurde, ob sie beim Repair Café mithelfen möchte, war sie sofort hellauf begeistert: „Das ist genau mein Motto. Man kann aus wenig etwas machen und muss nicht immer gleich alles wegwerfen.“ Mit Nähmaschine und verschiedenen Utensilien ausgerüstet, sitzen sie und Monika Maier in der Mitte des Raums und kümmern sich um die Textilsorgen der Gäste. Fünf Leuten hat sie schon geholfen: Mal hat sie bei einer Sporthose einen Bund eingenäht, mal ist ein Reißverschluss auseinandergegangen. Sie hat viel Spaß bei dieser Arbeit und will beim nächsten Mal auf jeden Fall wiederkommen.

Die Idee der Repair Cafés kommt ursprünglich aus den Niederlanden. Dort wurde 2009 in Amsterdam das erste Café von der Umweltjournalistin Martine Postma gegründet, die der heutigen Wegwerfgesellschaft etwas entgegensetzen wollte. Mittlerweile gibt es weltweit rund 700 Ableger: In vielen europäischen Ländern, aber auch in Nord- und Südamerika, Australien und Japan haben die Reparaturcafés schon geöffnet.

Genauso will Klaus Fernow die Menschen dazu bewegen, nachzudenken, was man reparieren kann. Seine persönlichen Motive sind größtenteils ökologisch: Er findet, dass die Ressourcen geschützt werden müssen und dass die Leute besser darüber nachdenken sollen, was sie kaufen. „Viele Waren werden ja gezielt mit Verfallsdatum ausgeliefert“, prangert er an. Mit dem Repair Café in Kirchheim wirkt der Rentner dem Wahn ein kleines bisschen entgegen. Er hofft, dass er mit seiner Initiative einen Volltreffer landet – schließlich ist die Idee zeitlos. „Wenn ich Leuten vom Repair Café erzähle, sagen sie oft gleich: Oh, da hätte ich auch etwas daheim!“

Das nächste Repair Café findet am Samstag, 25. April, von 14 bis 17  Uhr im Treffpunkt „wir Rauner“, Eichendorffstraße 73, in Kirchheim statt.