Die Stunde der Wahrheit rückt näher: Am Sonntag, 24. April, stimmen die Weilheimer in einem Bürgerentscheid darüber ab, ob im Gebiet Rosenloh nördlich der Stadt ein 30 Hektar großes Gewerbegebiet samt Umgehungsstraße entstehen soll oder nicht. „Ich hoffe auf eine hohe Wahlbeteiligung“, betont Bürgermeister Johannes Züfle: „Für Weilheim ist das eine bedeutende Entscheidung, die von einem möglichst breiten Votum getragen werden sollte.“
Rund 8000 Einwohner der Stadt sind wahlberechtigt. Wie bei den Kommunalwahlen auch, dürfen all diejenigen zur Urne schreiten, die mindestes 16 Jahre alt sind und die deutsche oder die Staatsbürgerschaft eines anderen EU-Mitgliedsstaats haben. Wählen darf außerdem nur, wer schon mindestens seit drei Monaten in Weilheim wohnt. Auch Briefwahl ist möglich. Bis Mittwoch um 11 Uhr haben bereits 1995 Weilheimerinnen und Weilheimer von diesem Recht Gebrauch gemacht. „Das passt von der Wahlprognose her eigentlich ganz gut. Ich bin zufrieden“, sagt Helmut Burkhardt, der im Weilheimer Rathaus für die Wahlen zuständig ist. Bis Freitag 18 Uhr können die Unterlagen noch beantragt werden. „Wer sich aber erst am Freitag dazu entschließt Briefwahl zu machen, der sollte schon persönlich auf dem Rathaus vorbeikommen. Austragen werden wir die Unterlagen nicht“, erklärt Burkhardt. Bis Sonntag um 18 Uhr müssen die Wahlunterlagen spätestens im Rathausbriefkasten liegen.
Auf dem Stimmzettel ankreuzen können die Wähler „ja“ oder „nein“. Beantworten sollen sie die Frage: „Sind Sie dafür, im Bereich Rosenloh circa 30 Hektar Gewerbeflächen für ortsansässige Unternehmen, die Ansiedlung für Klimaschutz-/Technologieunternehmen sowie den Bau einer Entlastungsstraße zu ermöglichen?“ Konkret geht es bei dem Klimaschutzunternehmen um den Naberner Brennstoffzellenhersteller Cellcentric – einem Joint Venture von Daimler Truck und Volvo –, der auf der Hälfte der Fläche unter dem Namen „Klimawerk“ eine der größten Brennstoffzellenfabrik Europas bauen möchte.
Verbindlich ist das Ergebnis des Bürgerentscheids, wenn sich mindestens 20 Prozent der Stimmberechtigten auf eine Seite schlagen. Das heißt: Es müssen – je nach der endgültigen Anzahl der Wahlberechtigten – mindestens um die 1600 Ja-Stimmen oder ebenso viele Nein-Stimmen gezählt werden. „Geben zu wenige Menschen ihre Stimme ab, fällt die Entscheidung an den Gemeinderat zurück“, erläutert Johannes Züfle, was passiert, wenn das Quorum nicht erreicht wird.
Für den Fall, dass eine Mehrheit mit „Nein“ stimmt, ist das Gewerbegebiet fürs erste vom Tisch. „Die Entscheidung ist für drei Jahre bindend“, sagt Johannes Züfle. „Während dieser Frist ist eine Änderung nur durch einen erneuten Bürgerentscheid möglich.“ Nach drei Jahren kann der Gemeinderat neu entscheiden.
Geht der Bürgerentscheid pro Gewerbegebiet Rosenloh aus, „liegt noch viel vor uns“, formuliert es der Weilheimer Bürgermeister. Dann gilt es zunächst, den Grunderwerb abzuschließen, das Bebauungsplanverfahren mit Bürgerbeteiligung anzustoßen sowie Zuteilungs- und Erschließungskriterien festzulegen – um nur einige der anstehenden Aufgaben zu nennen.
Informationen rund um die geplante Gewerbeflächenentwicklung Rosenloh sowie die Möglichkeit, Wahlscheine auch elektronisch zu beantragen, gibt es auf der Homepage der Stadt Weilheim unter www.weilheim-teck.de.
Kirschblüten plus Urnengang
Kommentar von Bianca Lütz-Holoch zum Bürgerentscheid
Am Sonntag sind alle Augen auf Weilheim gerichtet. Das liegt nicht nur am Kirschblütentag, der nach zwei Jahren Corona-Pause wieder ins Grüne lockt. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht der Bürgerentscheid zum Gewerbegebiet Rosenloh. Mit der Abstimmung fällt zum einen die Entscheidung über ein neues Gewerbegebiet für örtliche Unternehmen. Vor allem aber geht es darum, ob der Brennstoffzellenhersteller Cellcentric sein „Klimawerk“ in Weilheim bauen und damit in der Region bleiben kann. Ministerpräsident Kretschmann ist vergangene Woche persönlich nach Weilheim gekommen, um ein flammendes Plädoyer für die Brennstoffzellentechnik zu halten. Nicht nur er dürfte mit Spannung verfolgen, wie sich die Bürger der 10000-Einwohner-Stadt an der Limburg entscheiden. Denn die Sorge in Politik und Wirtschaft ist groß, dass der Automobil- und Industriestandort Baden-Württemberg abgehängt wird, wenn er sich nicht als Vorreiter der neuen Technologie etablieren kann. Umso wichtiger ist es, dass sich die Weilheimer bewusst sind, welche Tragweite ihre Entscheidung hat. Gelegenheit dazu, sich eine Meinung zu bilden, gab es zur Genüge. Befürworter und Gegner haben umfassend zum Thema informiert und ihre Positionen kundgetan. Die Stadt hat zudem in einem aufwendigen Beteiligungsprozess zufällig ausgewählte Bürger einbezogen, ein Bürgergutachten erstellen lassen und Infobroschüren verteilt. Wie auch immer das persönliche Votum jedes Einzelnen ausfallen mag – das Wichtigste ist, dass möglichst viele Wahlberechtigte auch ihre Stimme abgeben: Kirschblütenwanderung plus Urnengang heißt die Devise.