Weilheim und Umgebung
Rosenloh: Klare Empfehlung für Gewerbegebiet in Weilheim

Wegweiser Nach einem monatelangen Beteiligungsprozess ist das Bürgergutachten zum geplanten Industriegebiet Rosenloh vorgestellt worden. Das Ergebnis ist eindeutig ausgefallen. Von Bianca Lütz-Holoch

Das Ergebnis des ersten Weilheimer Bürgergutachtens liegt vor: Eine große Mehrheit der Beteiligten spricht sich für den Bau des Gewerbegebiets Rosenloh in Weilheim aus – und zwar inklusive der Ansiedlung der Brennstoffzelllen-Fabrik der Firma Cellcentric. „Allerdings ist die Empfehlung mit einem umfassenden Katalog an Forderungen verbunden“, betonte Andreas Grimmeiß, einer von drei Bürgerwerkstatt-Teilnehmern, die das Gutachten in einer Sondersitzung des Gemeinderats öffentlich vorgestellt haben. Klare Bedingungen formulierten die Bürger unter anderem zu Verkehr, Umweltschutz und zum Umgang mit der Brennstoffzellen-Firma.

Wer hat das Gutachten erstellt?

21 Bürger haben sich in drei Bürgerwerkstätten mit Hilfe einer externen Moderatorin intensiv mit dem Thema Rosenloh auseinandergesetzt. Ziel war es, ein Bürgergutachten als Empfehlung und Entscheidungsgrundlage für den Gemeinderat auszuarbeiten. Ausgewählt worden waren die Bürger vergangenes Jahr nach dem Zufallsprinzip.

Was genau befürwortet die Mehrheit der Bürgerwerkstatt-Teilnehmer?

In dem Gutachten sprechen sich 17 Teilnehmer der Bürgerwerkstatt für die Voll-Variante aus. Sie empfehlen also, die gesamten 30 Hektar Fläche als Gewerbegebiet auszuweisen und neben den zehn Hektar für den Weilheimer Bedarf auch 15 Hektar für die Ansiedlung von Cellcentric bereitzustellen. Vorgesehen ist zudem eine Straße, die das Industriegebiet erschließt. Sie dient auch als Teilumfahrung und zur Entlastung der heiklen „Esso-Kreuzung“.

Gab es auch Gegenstimmen?

Zwei Teilnehmer der Bürgerwerkstatt können sich mit der Ansiedlung der Brennstoffzellen-Fabrik nicht anfreunden und befürworten nur eine Teil-Variante, bei der das Gewerbegebiet kleiner ausfallen und örtlichen Betrieben vorbehalten sein würde. Weitere zwei Teilnehmer lehnen ein Industriegebiet Rosenloh komplett ab.

Wie wurde innerhalb der Bürgerwerkstatt abgestimmt?

„Wir haben das Thema Rosenloh sehr intensiv, kritisch und zeitaufwändig betrachtet und kontrovers diskutiert“, versicherte Andreas Grimmeiß. Jeder habe am Schluss seine eigene Entscheidung getroffen. Der Anteil der Bürgerwerkstatt-Teilnehmer, die sich für das Gewerbegebiet inklusive der Ansiedlung von Cellcentric aussprechen, liegt im Verhältnis zu den abgegebenen Stimmen bei 80 Prozent.

 

„Die Empfehlung ist mit einem umfassenden Katalog an Forderungen verbunden.
Andreas Grimmeiß
Teilnehmer der Bürgerwerkstatt

 

Was für Forderungen enthält das Gutachten in Bezug auf die Umwelt und den Flächenverbrauch?

„Wo es möglich ist, sollen Flächen gespart werden“, sagte Oliver Klär, einer der Sprecher der Bürgerwerkstatt. Zum einen ist es den Teilnehmern wichtig, gut erreichbare Parkplätze im Rosenloh anzusiedeln. Die sollen aber nicht auf der grünen Wiese entstehen, sondern platzsparend unter oder über den Gebäuden gebaut werden. Auch Dachbegrünung oder Fassadenbegründungen sowie großzügige Ausgleichsmaßnahmen und Baumpflanzungen fordern die Bürger.

Welche Aspekte zum Thema Verkehr greift das Gutachten auf?

Die Liste der Forderungen im Bereich Verkehr ist besonders lang. „Ein Kreisverkehr im Bereich Tobelwasen ist umzusetzen“, sagte Sylvia Köhler, eine Sprecherin der Bürgerwerkstatt. Gebaut werden solle die Entlastungsstraße, noch bevor Cellcentric den Betrieb aufnimmt. „Wichtig ist auch, dass sie attraktiver ist als die L 1200.“ Möglichst schnell solle Weilheim damit beginnen, ein Gesamtverkehrskonzept für die Stadt auszuarbeiten. „Am besten wäre es, noch 2022 zu starten.“ Thema ist im Gutachten auch der potenzielle Schienenverkehr. „Es ist wichtig, bei der Machbarkeitsstudie zur Schienenverbindung nach Bad Boll am Ball zu bleiben“, sagte Sylvia Köhler. Ein möglicher Standort für einen Bahnhof sowie ein eventueller Warentransport mit Zügen müsse geprüft werden.

Was sieht das Gutachten in Bezug auf Cellcentric vor?

Was Cellcentric angeht, so wünschen sich die Teilnehmer der Bürgerwerkstatt Engagement der Firma vor Ort. Gedacht ist an eine Kooperation mit den Schulen zur Ausbildungsförderung, Praktika für Weilheimer Schüler sowie eine Bildungspartnerschaft. „Der Gemeinderat sollte bei seinen Entscheidungen berücksichtigen, dass für Weilheim nicht nur Kosten entstehen, sondern mittelfristig ein Gewinn erzielt wird“, so Sylvia Köhler. Sichergestellt werden müsse auch, dass die Stadt Weilheim bei der Nachnutzung der Brennstoffzellenfabrik ein Mitspracherecht hat, um die Ansiedlung unerwünschter Industriebranchen zu verhindern. Eine Zweckbindung oder eine Verpachtung des Grundstücks müssten ebenfalls diskutiert werden.

Ist eine Erweiterung des Gewerbegebiets Thema?

Eine Vergrößerung der Gewerbefläche schließen die Teilnehmer der Bürgerwerkstatt definitiv aus. „Das Gewerbegebiet Rosenloh ist abschließend und mit maximal 30 Hektar zu planen und umzusetzen“, betonte Andreas Grimmeiß. „Es soll keine Erweiterung nach Norden erfolgen.“

Was ist sonst noch für das Gewerbegebiet vorgesehen?

Erwünscht ist eine kleinteilige Struktur des Gewerbegebiets, so dass harmonischer Übergang zur bisherigen Bebauung gewährleistet ist. Mit Rosenloh soll nach den Vorstellungen der Bürgerwerkstatt auch ein gesamtstädtisches Betreuungskonzept für Kinder bis zur sechsten oder siebten Klasse entwickelt werden.

Was sagt die Bürgerwerkstatt zum Thema Bürgerentscheid?

„Das Thema Bürgerentscheid ist in der Bürgerwerkstatt kein großes Thema gewesen“, sagte Andreas Grimmeiß bei der Vorstellung des Gutachtens. Ein Teilnehmer jedoch habe darum gebeten, über einen Bürgerentscheid nachdenken. „Das wollen wir als Denkanstoß mitgeben“, so Grimmeiß. Ihren Vortrag schlossen die Bürger mit einem Appell an den Gemeinderat, Chancen und Risiken, Vor- und Nachteile sorgfältig abzuwägen und eine Entscheidung zum Wohle der Weilheimer zu treffen.

Wie geht es jetzt weiter?

Der Weilheimer Gemeinderat hat das Gutachten erst einmal zur Kenntnis genommen und wird sich jetzt ausführlich damit befassen. Eine Entscheidung zum Thema Gewerbegebiet Rosenloh ist für die Gemeinderatssitzung am 22. Februar vorgesehen.

Wie viele Menschen waren bei der Vorstellung des Gutachtens dabei?

Rund 50 Zuhörer waren zusätzlich zu Gemeinderäten und Verwaltungsmitgliedern in der Limburghalle erschienen. Weitere 82 folgten dem Geschehen online.