Eins, zwei, drei“ flüstert Heidi Vogel leise und signalisiert dem Streichorchester mit einem leichten Kopfnicken: Obacht, jetzt geht‘s los. Und dann erklingt Marc-Antoine Charpentiers wunderschön gespieltes „Prélude“ aus „Te deum“, weithin als Eurovisionsmelodie bekannt. Eine kluge Auswahl, zu diesem Anlass ein völkerverbindendes Eröffnungsstück zu wählen. „Das Lucia-Fest ist das Fest des Lichtes und des menschlichen Miteinanders“, sagt Professor Dr. Christoph Ulrich in seiner Begrüßungsrede und vermerkt: „Diese Kirche ist der schönste Rahmen mit der besten Akustik für unser Fest.“
Mittlerweile ist es zu einer Tradition geworden, dass am 13. Dezember, dem Gedenktag der heiligen Lucia, in Owen die evangelische Kirchengemeinde und die Musikschule gemeinsam das aus Schweden, Dänemark, Norwegen und Finnland stammenden Lichterfest vor großem Publikum feiern. Kurz und knackig sind die Stücke, die mit ihren unterschiedlichen Melodien und Sprachen die Vielfalt der einzelnen Gruppen repräsentieren. „Guten Tag, ihr lieben Leute, juuliallallei, schön, dass ihr seid bei uns heute, juuliallallei“, erklingt es fröhlich auf Englisch, Französisch, Finnisch, Schwedisch und Deutsch.
„Viele Kinder der Früherziehung und einige Violinen- und Cello-Schülerinnen sind heute zum ersten Mal auf der Bühne“, verrät Christoph Ulrich. Um die kleinen Musiker nicht abzulenken, bittet er vom blitzenden Fotografieren abzusehen. Bevor das Streichorchester die Früherziehungsgruppen zu „Schneeflöckchen, Weißröcken“ begleitet, berichtet Heidi Vogel von der erfreulichen Zunahme der Streicher. Waren es im letzten Jahr noch 15 Musiker, sind es derzeit beinahe 50 Mädchen und Jungen. „Das ist in einem Bläserkapellen-Städtle wie Owen keine Selbstverständlichkeit“, verrät die Schulleiterin. Anschließend erzählte Bettina Krumm die Geschichte von der heiligen Lucia, die damals alles mit Gott besprochen hatte und der für sie ein Freund war, mit dem man durchs Leben geht. Weil Lucia wollte, dass ihre wohlhabende, aber kranke Mutter wieder gesund wird, versprach sie, alles Geld den Armen zu geben, die sich ohne Essen und Trinken in den Höhlen versteckt hielten. Und sie hielt ihr Versprechen.
Dann war es so weit: In der Marienkirche wurde es dunkler. Während die Streicher einen festlichen Marsch von Georg Friedrich Händel spielten, schritten zu diesen Klängen „Lucia“ und ihr Gefolge zum Taufbecken. Dieses Jahr traf die siebenjährige Samiina das Losglück, und nicht nur ihre zwei Jahre ältere Schwester erkennt neidlos an: „Ich fand‘s gut.“ Wie ihre Mutter Tanja Bader verrät, hatte Samiina zuvor etwas „Muffensausen“ und wollte erst gar nicht als Lucia antreten. Und das, obwohl sie schon zum zweiten Mal dabei ist. „Das erste Mal war am 8. Dezember 2011, da war sie gerade mal fünf Tage alt“, erzählt ihre Mama stolz. Umrahmt von feierlichen Lichtern und Laternen sangen Moritz Neuffer und Leevie Vogel harmonisch das Lucia-Lied „Taivainen kirkkaus, riemuisa julistus, Santa Lucia, Santa Lucia“. Zuvor berichtete Heidi Vogel von den dazugehörigen Traditionen aus ihrem weit entfernten Heimatland. Weitere Glanzpunkte waren der afrikanische Lichtertanz „Hambani Kahle, der „große helle Abendstern“, bei dem die Sterne am Taufstein abgelegt wurden, sowie das im Kanon gesungene Lied „Halleluja“. Und weil das Publikum nach diesem tollen Programm zu Recht eine Zugabe einforderte, begeisterten am Ende Heidi Vogels Sprösslinge Lauri, Juuli und Leevi nicht nur mit dem finnischen Klassiker „Sininen uni“, sondern auch mit ihrer liebevollen Geschwisterliebe.