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Schüler trainieren ihr Verhalten bei Konflikten

Prävention Streitereien und Hänseleien gibt es im Schulalltag regelmäßig. Die Erst- und Drittklässler der Ötlinger Grundschule lernen beim Gewaltpräventionstraining, wie man richtig reagiert. Von Katja Eisenhardt

Die Schüler der Ötlinger Eduard-Mörike-Schule üben beim Gewaltpräventionstraining die richtige Reaktion in Konfliktsituationen. Foto: Carsten Riedl

Stop, hör auf! Es ist kein Spaß mehr!“ Energisch streckt Daniele einen Arm nach vorne, seine Handfläche signalisiert Abwehr, sein Oberkörper ist aufgerichtet. Laut und mit Nachdruck spricht er seinen Kontrahenten an. Der Drittklässler der Ötlinger Eduard-Mörike-Schule steht in der Sporthalle Jonas Reinöhl gegenüber. Der Gewaltpräventionstrainer übt mit Daniele und dessen Mitschülern das richtige Verhalten in einer Konfliktsituation. Bei der Übung provoziert Reinöhl Daniele immer weiter. Bis dieser wie gelernt erklärt: „Ich sage es jetzt!“ Das wäre der Moment, in dem sich der Grundschüler bei seiner Lehrerin Hilfe holen würde. 

 

Jeder Mensch ist wertvoll und so gehen wir auch miteinander um. 
Jonas Reinöhl
Der Gewaltpräventionstrainer bei den Übungen mit den Ötlinger Grundschülern

 

Mit seinem Bruder Simon, der ebenfalls Gewaltpräventionstrainer für Kinder und Jugendliche ist, hat Jonas Reinöhl speziell für Grundschulen das ganzheitliche Gewaltpräventionskonzept „Entschlossen gegen Gewalt“ entwickelt, das mehrere Bausteine beinhaltet. Darunter ein Klassentraining, bei dem die Kinder den wert- und respektvollen Umgang miteinander ebenso lernen und üben wie die gewaltfreie Selbstbehauptung. Oder auch erlebnispädagogische Spiele samt Zubehör für den Sportunterricht sowie eine Lehrerschulung, sodass es an der Schule einheitliche Regeln zur Gewaltprävention gibt. „Unser Programm wurde auf Basis des Präventionsrahmenkonzepts des Landes ‚stark.stärker.WIR‘ und der Good-Practice-Kriterien der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung entwickelt“, erklärt Jonas Reinöhl. 

Training so früh wie möglich

An der Eduard-Mörike-Schule findet das Gewaltpräventionstraining über mindestens drei Jahre für die ersten und dritten Klassen statt. Finanziert werde es durch das Aktionsbündnis „Starkes Kirchheim“ sowie den Förderverein der Grundschule, so Reinöhl. „Je früher man mit einem Gewaltpräventionstraining startet, umso besser setzt es sich bei den Kindern fest. Je älter sie sind, umso schwieriger wird es, das Verhalten noch zu verändern“, weiß Stefanie Blank, Lehrerin und Präventionsfachkraft an der Ötlinger Grundschule. Sie und Schulsozialarbeiterin Loreen Juhn wurden als Multiplikatoren für die Gewaltprävention geschult. 

Die beiden Übungsstunden sind für die Drittklässler an diesem Vormittag ein Mix aus erlebnispädagogischen Spielen, gezielten Übungen und einer theoretischen Wissensvermittlung. Für letztere hat Jonas Reinöhl die Bildergeschichte einer tierischen Klasse mit ganz unterschiedlichen Charakteren mitgebracht. „Es gibt die Täter, die Verstärker, die Mitläufer, die Beobachter und die Opfer“, zählt der Trainer auf – das gelte für die Geschichte und das reale Leben. Bei der tierischen Klasse ist die Maus die Kleinste und wird von größeren und stärkeren Mitschülern wie der Katze und den Ratten geärgert und gehänselt. Die Maus kann sich nicht behaupten und läuft weg. Der Marder dagegen hat viel angestaute Wut im Bauch und reagiert auf die Provokationen, indem er ausrastet und die Kontrahenten schlägt. „Die Maus ist das passive, der Marder das aktive Opfer“, erklärt Jonas Reinöhl. 

Zu Helfern für andere werden

Beide Varianten seien nicht zielführend, erklärt er den Kindern und zeigt ihnen, wie man sich mit einem entsprechenden Auftreten bei Provokationen gewaltfrei effektiv behaupten kann. „Körperlich wehrt man sich nur im Notfall, wenn man keine Hilfe holen kann“, schärft der Trainer seinen Schülern ein, „es darf niemand absichtlich verletzt werden, weder körperlich noch seelisch.“ Dazu werden die Kinder so sensibilisiert, dass sie anderen in Konfliktsituationen helfen oder Hilfe holen, anstatt nur Beobachter zu sein.

„Wertvoll“ ist ein zentrales Stichwort des Trainings: „Jeder Mensch ist wertvoll, und so gehen wir auch miteinander um“, erklärt Jonas Reinöhl. Jemanden zu ärgern, zu mobben, zu schubsen oder zu hauen, sei alles andere als wertvoll und habe im Umgang untereinander nichts verloren. In den nächsten Kurseinheiten gehe es um Themen wie Gerechtigkeit, Rache und Mobbing.

Weitere Infos gibt es auf der Website www.entschlossen-gegen-gewalt.de