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Schülercafé: Jugendliche wirbeln in der Lugeria

Mensa Jeden Freitag öffnet in der Mensa des Kirchheimer Ludwig-Uhland-Gymnasiums das Schülercafé. Neunt- und Zehntklässler bereiten zusammen mit Ehrenamtlichen leckere Snacks vor. Von Anke Kirsammer

Backpapier raschelt, die große orangefarbene Salatschleuder nimmt brummend Fahrt auf, als würde sie demnächst abheben, zwei Metallschüsseln schlagen klingend aufeinander, gleichzeitig macht ein dröhnender Ofen unerbittlich klar, dass es Zeit ist, ihn zu öffnen. Dazwischen Gekicher und geschäftiges Hin und Her. Es ist Freitag. Der Tag an der Mensa

 

Alles, was sie an der Schule sonst machen, fordert
den Kopf.
Karen Lutz
Die Lehrerin hatte vor neun Jahren die Idee für das Schülerkochen.

 

des Kirchheimer Ludwig-Uhland-Gymnasiums, an dem Schülerinnen und Schüler helfen, das Essen vorzubereiten. An den blitzsauber geputzten Arbeitsflächen werden Pizzen und Wraps, Croissants und Käsebrezeln und all die anderen Leckereien wie am Fließband zubereitet.

Freitags "kochen" in der Lugeria nicht nur Eltern, sondern auch Schülerinnen und Schüler. Foto: Markus Brändli

Vor neun Jahren hatte die Lehrerin Karen Lutz die Idee, den Jungen und Mädchen diese besondere Erfahrung zu ermöglichen. Wie ihre Kollegin Nina Beck, mit der sie das Projekt betreut, ist sie auch heute noch überzeugt, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer davon profitieren. „Alles, was sie an der Schule sonst machen, fordert den Kopf“, sagt sie. Die einzige Ausnahme sei die Mithilfe in der Lugeria. Durch einen „Spiegel“-Artikel über ein ähnliches Projekt war sie 2014 auf das Schülerkochen gestoßen. „Das brauchen wir auch“, so die erste Reaktion von Karen Lutz. Im Kollegium musste sie keine große Überzeugungsarbeit leisten. „Alle standen dahinter. Das war schon eine Sensation“, sagt sie rückblickend.

 

 

Petra Latzel, hauptamtliche Kraft der Lugeria, gab ihr Okay. „So sehen die Jugendlichen, wie es hinter den Kulissen zugeht, und sie lernen Teamarbeit“, sagt sie. In ihren Händen läuft die Koordination zusammen. Dazu gehört das Bestellen der Lebensmittel in Großpackungen. Öl etwa lagert im Zehn-Liter-Kanister im Vorratsraum, Flaguettes – flache Brötchen für die verschiedenen Lugeria-Burger – stapeln sich kistenweise im begehbaren Gefrierschrank.

Pizzen sind in der Lugeria heiß begehrt. Foto: Markus Brändli

Kalte und warme Pausensnacks

Zu Beginn des Projekts, bei dem die Jugendlichen jeweils dreimal im Schuljahr an der Reihe sind, kochten sie im ersten Halbjahr Gerichte wie an den anderen Tagen. Doch weil freitags kaum jemand Mittagschule hat, mussten nur rund 70 Essen zubereitet werden. Die Idee des „Schülercafés“ war geboren. In vier Pausen können sich Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler freitags nun mit kalten und warmen Snacks versorgen.

In den Pausen gilt es, den Ansturm zu bewältigen. Foto: Markus Brändli

Mal fragt Petra Latzel in die Runde: „Wer mag den Salat putzen?“ Mal fordert sie mit Blick auf die Uhr die Helferinnen und Helfer direkt auf: „Birgit, könntest du die Brezeln aufsetzen?“ Und schon werden schwere Bleche auf die Arbeitsfläche gewuchtet, die nach und nach mit den geschlungenen Teiglingen im Ofen verschwinden.

Ein buntes Team

Es ist ein bunt zusammengewürfelter Haufen, der heute in der Großküche ein Team bildet. Zu den neun Zehnern gesellen sich Ehrenamtliche. Meist Mütter, die sich einmal im Monat in der Lugeria die Schürze umbinden. Für diesen Freitag war besonderes Organisationstalent gefragt: Einen Tausch gab es nicht nur beim Kopf der Gruppe. Ob „Bäckerin“, „Köchin“ oder Springer – vier Leute hatten sich spontan bereiterklärt, auszuhelfen, als klar war, dass es personell eng wird. Sie alle sind beruflich eingespannt, nutzen ihren freien Tag für die Mithilfe in der Mensa oder schneiden sich als Selbstständige die Zeit aus den Rippen. Oder sie sind im Ruhestand wie Frieder Schilling. Seit zwei Jahren gehört der 64-Jährige kinderlose Rentner zu den „Köchen“. Mit dem Gymnasium verbunden ist er durch seine eigene Schulzeit am LUG. Zuerst kochte er in einer Gruppe. „Das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich mich für eine zweite Gruppe gemeldet habe“, sagt der Mathematiker, der im Controlling einer Versicherung gearbeitet hatte. Zusätzlich springt er ein, wenn es an anderen Tagen klemmt.

 

Hinterher sind die Schülerinnen und Schüler brezelfertig.
Karen Lutz
 

Längst duftet es nach frischen Backwaren. „Lassen wir die Raubtiere rein“, sagt Petra Latzel Schlag zehn. In großen Trauben drängen die Schülerinnen und Schüler an die Ausgabe. Der Renner sind Pizzen und Wraps mit Nutella und Banane. Jetzt heißt es, schnell sein hinter der Theke und einen kühlen Kopf bewahren. Schon wenige Minuten später ist der Ansturm vorbei, die Vitrine stellenweise leergefegt. Also wieder Wraps mit Frischkäse bestreichen, Salatblatt, Mozzarella- und Tomatenscheiben schichten, obendrauf ein Klecks Basilikumpesto, einschlagen und ab ins Tütchen. Bei Hanna sitzt jeder Handgriff. Derweil ziehen Schulfreundinnen und -freunde Körbe mit dampfendem Geschirr aus der Spülmaschine. Noch gibt es alle Hände voll zu tun. Auch das hat für die Jugendlichen einen Lerneffekt: „Sie bekommen Respekt vor dem, was jeden Tag in der Mensa geleistet wird“, sagt Karen Lutz. „Wenn sie hier geholfen haben, kommen sie heim und sind brezelfertig.“