Es geht um Schwitzwasser und Zugluft, um Tierhaltung, Baumängel - und viel Geld. Kein Wunder, dass nicht nur im Weilheimer Schafstall selbst schlechtes Klima herrscht, sondern auch unter den Beteiligten: Was als Vorzeigeprojekt in Sachen Landschaftspflege gedacht war, ist zum Zankapfel geworden.
Jüngster Stein des Anstoßes ist das immer noch fehlende gerichtliche bauphysikalische Gutachten. Die Stadt Weilheim hatte vor gut einem Jahr ein Beweissicherungsverfahren beim Landgericht Stuttgart beantragt. Das Gutachten lag aber nicht wie angekündigt im Juli vor. „Zwei Mal schon ist der Termin nicht eingehalten worden“, ärgert sich Weilheims Bürgermeister Johannes Züfle. Dazu kommt: „Die Kosten für das Gutachten sind von 18 000 Euro auf 42 000 Euro gestiegen.“ Jetzt hat das Gericht angekündigt, das Gutachten bis Anfang September fertigzustellen. Die Stadt erhofft sich davon, dass etwaige Baumängel am Stall bestätigt und Maßnahmen zur Behebung dargelegt werden.
Hochkomplexes Verfahren
„Absolut im Zeitrahmen“ ist das Verfahren aus Sicht von Elena Gihr, Sprecherin des Landgerichts Stuttgart. „Es handelt sich um ein hoch komplexes, überdurchschnittlich umfangreiches Beweissicherungsverfahren“, sagt sie. „Es waren sieben Ortstermine erforderlich, weil die Messreihen bei unterschiedlichen Wetterbedingungen stattfinden mussten.“ Außerdem sei parallel ein veterinärmedizinischer Sachverständiger bestellt worden. Er habe schon Ergebnisse vorgelegt. „Die Parteien haben dazu aber schon wieder Ergänzungsfragen gestellt“, so Gihr.
Bei Volker Sigel vom Weilheimer Liegenschaftsamt ruft die Länge der Verfahrens Kopfschüttleln hervor: „Die Gutachterin war im März das letzte Mal vor Ort. Es ist unverständlich, dass das so lange braucht.“ Schließlich, so betont er, gehe es nicht in erster Linie um den Streit, sondern um das Tierwohl: „Der nächste Winter steht vor der Tür“, so Sigel.
Eben die kalte Jahreszeit ist im Schafstall problematisch. Ans Licht gekommen waren die Schwierigkeiten Ende 2017. Damals hatte der Owener Schäfer Jörg Schmid als neuer Pächter den Stall erstmals im Winter Tiere eingestellt. Sobald es kalt wurde, bildete sich Schwitzwasser und setzte Mutterschafen und Lämmern zu. Als er die Windfangnetze entfernte, kam Zugluft dazu.
Wirtschaftliche Nachteile
Den Stall so nutzen wie geplant, kann Jörg Schmid nicht. „Ich lasse meine Schafe jetzt vor dem Winter ablammen“, berichtet er. Dadurch seien sie aber früher im Stall. „Ich brauche also mehr Futter und Einstreu. Und die Winterweide, die ich gepachtet habe, kann ich auch nicht nutzen“, beschreibt er, welche organisatorischen und wirtschaftlichen Nachteile er dadurch hat.
Eine ganz andere Meinung vertritt das Unternehmen aus dem Unterallgäu, das den Stall gebaut hat. „Wir sind nach wie vor an einer Lösung mit der Stadt interessiert“, sagt Geschäftsführerin Sandra Glöggler. Es sei aber nicht ihre Aufgabe, die Kosten für eine etwaige nachträgliche Dachdämmung zu tragen, stellt sie klar. „Schließlich hat die Stadt Weilheim einen ungedämmten Außenklimastall bestellt und bekommen.“ Mängel sieht Glöggler nicht am Gebäude, sondern an der Nutzung. „Es ist kein Wunder, dass die Luft nicht zirkuliert, wenn die Windnetze nicht oft genug gereinigt werden.“ Auch sei es Aufgabe des Schäfers, im Stall für das passende „Mikroklima“ zu sorgen. „Das kann über Wärmelampen und Unterschlupfe geschehen“, nennt sie Beispiele.
„Meine Tiere sind mein Kapital, und ihre Gesundheit ist sehr gut“, betont Schäfer Jörg Schmid. Ums Kleinklima habe er sich bemüht. Er habe Lammbuchten umgebaut und Kunststoffumrandungen aufgestellt. „Aber das Wasser tropft ja regelrecht von der Decke“, zeigt er die aus seiner Sicht verheerenden Bedingungen auf. Probleme mit Schwitzwasser und Zugluft hat er in seinen eigenen Schaftsätllen in Owen übrigens nicht.
Von Nachbesserungen - etwa einer innen liegenden Regenrinne - möchte Bürgermeister Johannes Züfle nichts mehr wissen. „Ich will einen einwandfrei funktionierenden Schafstall“, betont er. „Und wie die Lösung aussieht, wird uns das Gutachten sagen.“
Gebremste Erwartungen
Sandra Glöggler von der Hallenbaufirma hält das „teure Gutachten“ allerdings für wertlos: „Man wird es nicht verwenden können, weil der Stall während der Messungen baulich verändert wurde.“ Anstelle der Windschutznetze seien Holzplatten an die Öffnungen genagelt worden.
Auch Elena Gihr vom Landgericht bremst die Erwartungen: „Das Beweisverfahren klärt nur die gestellten Fragen der Parteien“, betont sie, die Schuld und die Frage, wer die Kosten für bauliche Veränderungen trägt, blieben offen. „Dazu müsste die Stadt Klage erheben.“ Tut sie das, könnte noch viel mehr Zeit ins Land gehen, bis eine Lösung gefunden ist.