Drei Menschen, drei Geschichten, drei Schicksale: Drei Betriebe in Owen haben sich Flüchtlingen angenommen und bieten ihnen Arbeit. Als erstes stellen wir Manar Shareef aus Syrien vor. Sie ist regelmäßig in der Filiale der SV Sparkassen-Versicherung, Gebietsdirektion Owen, und sorgt für das Wohlergehen der Mitarbeiter - sie kocht und gibt Einblick in die Kochtöpfe ihrer Heimat.
Sibylle Schmid-Raichle vom Führungsteam der Gebietsdirektion hat Manar den Job auf 450- Euro-Basis angeboten, denn mehr darf die Syrerin nicht verdienen. „Mit der Arbeitsagentur und der Ausländerbehörde ist alles abgesprochen. Das war zwar ein bisschen viel Bürokratie, aber es hat sich gelohnt“, zieht die Chefin eine positive Bilanz. Immer mittwochs können sich ihre Mitarbeiter auf die exotischen Speisen freuen. Die kommen so ganz automatisch mit der Geflüchteten ins Gespräch und in Kontakt. Zu einer Mitarbeiterin besteht mittlerweile eine Freundschaft. In der Regel sind es zwischen zehn und zwölf Personen, für die Manar in der kleinen Küche das Essen zaubert. „Ich koche gerne mit Gemüse: Kartoffeln, Tomaten, Auberginen, Zwiebeln, Gurken, Zitronen“, nennt sie ihre Favoriten. Über ein Bildlexikon haben sich beide Seiten - Köchin und Bekochte - über die Sorten Klarheit verschaffen können. Eine Übersetzungs-App hat überdies gute Dienste geleistet. Nach der Koch-Premiere war allerdings etwas Feinjustierung nötig, denn Manar hat mit Knoblauch nicht gespart. Das gehört jetzt der Vergangenheit an.
Ende 2015 ist sie in Deutschland angekommen. Sie besucht zwar Sprachkurse, zum Telefonieren mit Versicherungs-Kunden reicht es jedoch bei Weitem noch nicht, weshalb Sibylle Schmid-Raichle auf die Koch-Idee kam. Die Sprach-Fortschritte sieht sie mit Begeisterung. „Manar versteht mittlerweile fast alles und bei ,Owen leuchtet‘ war sie auch mit im Team“, lobt die Chefin, die ihrer Angestellten auch bei der Wohnungssuche unter die Arme gegriffen hat. Seit Sommer hat ihre syrische Mitarbeiterin eine Wohnung in Owen.
Geboren wurde Manar 1987. Ihr Vater hat zwei Frauen und 16 Kinder, jeweils acht von einer. Gelebt hat sie in Qamischli, einer etwa 200 000 Einwohner zählenden Stadt im Norden des Landes, direkt an der Grenze zur Türkei gelegen. „Sie hat eine Art Mäzen, ähnlich wie Schindlers Liste, der pro Familie Geld für die Flucht zur Verfügung stellt“, erklärt Sibylle Schmid-Raichle. Die Wahl fiel auf Manar.
Zwischen zwei und drei Stunden war die junge Frau unterwegs, ehe sie die Grenze passierte. „Das waren keine normale Straßen“, sagt Manar. Einen Monat lebte sie in der Türkei, über Istanbul sollte es weiter nach Griechenland gehen. Wegen eines Sturzes musste sie jedoch zehn Tage pausieren, dann ging es von Izmir zunächst mit einem kleinen Boot Richtung Westen, dann mit einem größeren. Mit Bus und Zug machte sie sich dann an Land auf den Weg, der sie quer über den Balkan und Österreich führte, ehe sie in Heidelberg ankam.
In Aleppo hat sie Jura studiert. Weil dort alles zerbombt ist, wollte sie weg. Die Wahl fiel auf Deutschland, weil ihre Freundin in Essen lebt. Die besucht sie regelmäßig, ebenso ihren Freund in Braunschweig. Den Iraker hat sie in Essen kennengelernt. „Ich kann nicht einfach den Wohnort wechseln“, sagt sie, hofft aber, dass es irgendwann mit dem Umzug klappt. Zurück nach Syrien will sie nicht, dort gebe es keine Arbeit. Manar möchte gerne im Kindergarten arbeiten. „Mir gefällt es in Deutschland. Ich mag den Regen - aber manchmal ist es ein bissle kalt“, sagt sie mit einem fast entschuldigenden Unterton. „Manar versucht sich zu integrieren, sie kapselt sich nicht ab. Sie war schon beim Volleyball dabei und in Höhlen auf der Alb“, sagt Sibylle Schmid-Raichle, die auf eine gute Zukunft in Deutschland für ihren Schützling hofft.
Info In einer kleinen Serie stellen wir drei Geflüchtete, die in Owen Arbeit gefunden haben, und ihre Betriebe vor. Die folgenden Teile erscheinen in loser Folge im Teckboten.