Genossenschaft
Schlachtgemeinschaft trennt sich von Bissinger Metzger

Der Verein in Westerheim und sein Geschäftsführer Paul Russ gehen getrennte Wege. Der junge Verein stellt sich neu auf.

Mitglieder im neuen Führungsteam der Schlachtgemeinschaft aus Westerheim: Schriftführerin Margit Weber, Daniel Armbruster (Zweiter Vorsitzender), Metzger Hermann Schrapp und der Vorsitzende Georg Baumeister (von links).  Foto: BSG

Ein junger, innovativer Metzger als hauptamtlicher Geschäftsführer, Viehzüchter, die zurückwollen zur traditionellen Hofschlachtung abseits industrieller Schlachthöfe und ein Verein, der mit Landesmitteln aus dem Topf des Biosphärengebiets Schwäbische Alb neue Wege geht. Klingt gut. Und jetzt? Gut ein halbes Jahr nach dem Betriebsstart Ende vergangenen Jahres gibt es erste Turbulenzen. Im Verein, der inzwischen 45 Mitglieder hat, rumort es. Kurzzeitig sei gar das ganze Modell in Gefahr geraten, muss Vereinssprecherin Margit Weber einräumen.

Das war schon eine riesige Enttäuschung.

Der Bissinger Metzger Paul Russ über das Zerwürfnis im Verein.

Ein Grund: Die Schlachtgemeinschaft hat sich von ihrem Geschäftsführer Paul Russ getrennt. Kernpunkt der Dissonanzen waren offenbar Meinungsverschiedenheiten über die Nutzung des Westerheimer Schlachthauses, das früher kommunal betrieben wurde und das der Verein neu belebt. In der Frage, ob auch privaten Hausschlachtungen dort entsprechend Raum gegeben werden soll und falls ja, unter welchen Bedingungen, waren die Ansichten offenbar geteilt. Für Russ lag der Fokus von Beginn an auf der Zusammenarbeit mit Direktvermarktern. Einzelne Nutzer sahen das offenbar anders. Das Ganze habe sich aufgeschaukelt, sagt Margit Weber. „Irgendwann ging es nicht mehr.“

Inzwischen hat sich der Verein neu aufgestellt und die Führungsaufgaben auf mehrere Schultern verteilt. Für Russ, 23-jähriger Metzgermeister aus Bissingen, der den Genossenschaftsgedanken aus Überzeugung vertritt, ist die Trennung eine Riesenenttäuschung, wie er sagt. Im Projekt stecke viel Einsatz und Herzblut. „Dafür habe ich zwei Jahre Lebenszeit investiert“, sagt er. Sorge um seine Zukunft braucht sich der Handwerksmeister mit Abitur nicht zu machen. Metzger sind allerorten gefragt. Im September tritt er seine neue Stelle an. Bis dahin unterstützt er aushilfsweise den Schlachtbetrieb auf einem Bio-Hof. Mit Russ hat auch die Schriftführerin aus Weilheim die Westerheimer Schlachtgemeinschaft verlassen.

Drei Metzger teilen sich den Job

Sprecherin Margit Weber ist guter Dinge, dass der Verein wieder in ruhigeres Fahrwasser kommt. Man wolle keine schmutzige Wäsche waschen und werde jetzt tun, was von Anfang an der Plan war: „Wir arbeiten im Team“, sagt Weber. Zu dem zählen die Metzger Hermann Schrapp, Reinhard Bäumler und Joachim Burr. Vorsitzender der „Bäuerlichen Schlachtgemeinschaft im Biosphärengebiet Schwäbische Alb“, wie der Verein in voller Länge heißt, ist Georg Baumeister, Landwirt aus Westerheim.

Wer Produkte aus eigener Herstellung probieren möchte, hat dazu am 29. Juni Gelegenheit. Der Verein ist beim verkaufsoffenen Sonntag in Westerheim mit einem eigenen Stand vertreten. Verkauft werden unter anderem Hausmacher Wurst und Rauchfleisch.

Bürokratie bremst Hofschlachtungen aus

Den mobilen Schlachtanhänger hat die Bäuerliche Schlachtgemeinschaft in Westerheim längst startklar. Bis zur ersten Hofschlachtung wird es trotzdem noch dauern. Man hoffe, im September beginnen zu können, sagt Vereinssprecherin Margit Weber. Der Grund für die Verzögerung: Jeder Betrieb muss für die Hofschlachtung ein eigenes Konzept vorweisen, das von den jeweiligen Veterinärämtern geprüft und genehmigt wird. In der Regel sind das Fleisch-Direktvermakter wie der Demeter-Hof Ziegelhütte bei Ochsenwang, der Mitglied der Schlachtgemeinschaft ist.
Weil der Verein in Westerheim mit seinen inzwischen 45 Mitgliedsbetrieben über ein großes Einzugsgebiet verfügt, sind vier Landratsämter beteiligt: Das Angebot, das landesweit einzigartig ist, nutzen Landwirte aus den Landkreisen Esslingen, Göppingen, Reutlingen und Alb/Donau. bk