Kreis. Beim Blick auf den Bescheid für die Abwassergebühren dürfte sich mancher verwundert die Augen reiben. 2,21 Euro pro Kubikmeter, das sind 55 Cent oder satte 33 Prozent mehr als bisher, stellt die Stadt Plochingen ihren Bürgern für das Abwasser in Rechnung. Andere Städte und Gemeinden könnten folgen. Kostentreiber ist der Klärschlamm, bei dem es im Landkreis Esslingen einen Entsorgungsengpass gibt. Mit der Gründung eines Zweckverbands wollen die Städte und Gemeinden nun gegensteuern.
Schon seit Jahren beschäftigt das Problem die Kommunen im Kreis Esslingen. Der Klärschlamm, der bei der Reinigung von Abwasser anfällt, wird mittlerweile kreisweit nur noch von einem Anbieter abgenommen. Die Folge des Monopols: die Kosten für die Kommunen steigen. „Wir führen Gespräche über einen Zweckverband, weil die Entsorgung des Klärschlamms immer teurer wird“, bestätigt Michael Hanus, Beigeordneter und Kämmerer der Stadt Plochingen. Wenn - wie im Landkreis Esslingen - ein Monopol entsteht, kann der Anbieter die Preise diktieren, erklärt er.
Die Gründe für den Entsorgungsengpass sind vielschichtig. Ein Auslöser war die Änderung der Düngemittel- und Klärschlamm-Verordnung 2017. Weil die Bodenbelastung in einigen Regionen Deutschlands deutlich zu hoch war, wurden die Bestimmungen für Entsorgungsfirmen verschärft. Im Kreis Esslingen ist das jedoch schon 15 Jahre her, sagt Hanus. Die Schlämme müssen deshalb thermisch entsorgt, also verbrannt werden, sagt Hannelore Schaal vom Tiefbauamt Filderstadt. Auch bei der Verbrennung gibt es seit 2017 eine strenge Regelung: Aus dem Klärschlamm muss der lebenswichtige Stoff Phosphor zurückgewonnen werden. Denn es stellt sich die Frage: Wo verbrennt man den Klärschlamm? Im Gruppenklärwerk Wendlingen, der größten Anlage im Landkreis, wird besonders dieser Punkt mit Sorge betrachtet. Es befänden sich zwar Monoverbrennungsanlagen in Planung, doch selbst wenn diese fertiggestellt wären, würden sie die Massen an Klärschlamm nicht stemmen können.
Deshalb wollen die Kommunen selbst handeln. „Die Überlegung ist, die Klärschlammverbrennung gemeinsam zu organisieren“, sagt Hanus. So soll in Böblingen zukünftig in einem Restmüllheizkraftwerk Klärschlamm mono-verbrannt werden. 100 000 Tonnen im Jahr, davon gehen die Betreiber des Werkes aus. Zum Vergleich: Im Gruppenklärwerk Wendlingen fallen zwischen 50 000 und 80 000 Tonnen im Jahr an.
Zwar beschränkt sich das Angebot des Böblinger Entsorgers bislang auf den Kreis Böblingen, Freudenstadt, Rottweil und Calw, doch Hanus deutet an, dass auch in diese Richtung überlegt werde. „Das gute an Zweckverbänden ist, dass sie auf Kostendeckung ausgerichtet sind. Die Kosten werden auf die Kommunen umgewälzt.“ Solange noch keine Lösung gefunden ist, müssen laut Hanus jedoch auch andere Kommunen damit rechnen, dass das Abwasser teurer wird. Dominic Berner