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Schlechte Noten für die Neckartalbahn

Infrastruktur Die Bahn bewertet den Zustand der Strecke zwischen Plochingen und Tübingen nur mit der Note 3,4 – das steht für „mittelmäßig“ und liegt unter dem bundesweiten Durchschnitt. Von Elke Hauptmann

Die Bahn gibt sich selbst eine schlecht Note für den Zustand der Bahnstrecke nach Tübingen.  Foto: Jürgen Holzwarth

Dass die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit der Züge auf der Bahnstrecke zwischen Stuttgart und Tübingen zu wünschen übrig lässt, das wissen Pendler im Kreis Esslingen nur zu gut. Ob Regionalbahn, MEX oder IC – kaum ein Tag, an dem es keine Verspätungen und Ausfälle gibt. Fahrplanänderungen aufgrund von Bauarbeiten sind die Regel – die sanierungsbedürftige Infrastruktur fordert ihren Tribut.

 

Es muss entschlossener und schneller saniert oder erneuert werden.
Matthias Gastel
Bahnexperte der Grünen

Wie schlecht es um die Bauwerke entlang der Schienentrasse steht, hat der Nürtinger Bundestagsabgeordnete der Grünen, Matthias Gastel, von der Deutschen Bahn wissen wollen. Deren Antwort ist ernüchternd: „Demnach wird die Strecke mit einer Netzzustandsnote von 3,4 bewertet“, teilt der Bundespolitiker mit.

Die Bahn bewertet seit 2021 die eigene Infrastruktur anhand verschiedener Kriterien mit Schulnoten von 1,0 für „neuwertig“ bis 5,0 für „mangelhaft“. Wie es beispielsweise um Tunnel, Gleise, Weichen, Brücken, Bahnübergänge und Stellwerke bestellt ist, wird seither jährlich erfasst. Dabei handle es sich jedoch lediglich „um eine interne Kennzahl“, die für die Bewertung des Netzzustandes durch das Bundesverkehrsministerium keine Anwendung finde, heißt es seitens des Schienenkonzerns. Dem jüngst von der Bahn-Gesellschaft InfraGo vorgelegten Netzzustandsbericht zufolge hat sich der Zustand des deutschen Schienennetzes im Jahr 2022 weiter verschlechtert: Es reicht nur für die Gesamtnote 3,0 – und die steht für „mittelmäßig“. Im Jahr zuvor gab es die Note 2,9. Werte für 2023 liegen noch nicht vor.

Dass die Gesamtnote für die „Strecke 4600 Tübingen-Plochingen“ sogar schlechter ausfällt als der bundesweite Durchschnitt, hat Matthias Gastel zufolge mit der schlechten Bewertung von Oberleitungsanlagen (Note 4,7), den Gleisen (3,8) und der Leit- und Sicherungstechnik (3,6) zu tun. Gut schneiden hier lediglich die Stützwände (1,9) und Brücken (2,5) ab. Der Zustand von Weichen (2,7) und Bahnübergängen (2,8) ist eher mittelmäßig.

Der Bahnexperte der Grünen kritisiert, dass sich „gerade der Teil der Infrastruktur, der immer wieder für Störungen und damit verbundene Verspätungen sorgt“, in keinem akzeptablen Zustand befindet. „Es muss entschlossener und schneller saniert oder erneuert werden“, fordert Matthias Gastel. Der Bund habe die finanzielle Unterstützung hierfür ja erheblich erhöht. „Insbesondere die Oberleitung braucht wohl eine grundlegende Sanierung.“ Die Leit- und Sicherungstechnik werde derzeit in Tübingen und Metzingen erneuert. „Damit könnte sich deren Zustand etwas verbessern“, hofft er.

Verbesserungswürdig bleibt nach Ansicht von Matthias Gastel das Baustellenmanagement der Deutschen Bahn. „Gerade auf der Neckartalbahn zwischen Plochingen und Tübingen ist immer wieder festzustellen, dass Bauaktivitäten nicht gut aufeinander abgestimmt werden. Zudem wird zu viel Klein-Klein gemacht statt mal längere Streckenabschnitte in Ordnung zu bringen“, beklagt der Grünen-Politiker und verweist auf eine Vielzahl an einzelnen Baumaßnahmen, die die Bahn in ihrer Stellungnahme auflistet. Unter anderem kam es 2023 zu wiederholten kurzen Sperrungen zwischen Nürtingen und Tübingen, die „die Frage nach besseren Koordinationen aufwerfen“.

„Der teils schlechte Zustand der Infrastruktur macht Bauarbeiten zwingend erforderlich“, räumt Matthias Gastel ein. „Ziel muss aber sein, dass Baumaßnahmen stärker gebündelt werden – für mehrere Gewerke und auf den Abschnitten der Gesamtstrecke. Ziel muss sein, die Streckenverfügbarkeit auf dem Weg zu einem besseren Infrastrukturzustand bestmöglich aufrecht zu erhalten.“