Schlierbach baut einen neuen Kindergarten und ein Feuerwehrhaus. Bürgermeisterin Katharina Seebacher ist stolz auf die guten Bildungsangebote in Schlierbach, sagt sie im Interview. Immerhin gebe es hier ein Gymnasium und eine landwirtschaftliche Fachschule. Moment mal, da stimmt doch etwas nicht. Schlierbachs Bürgermeister heißt doch Sascha Krötz. Und der Ort hat zwar schon einiges zu bieten, aber aufs Gymnasium müssen die Kinder immer noch nach Göppingen, Ebersbach oder Kirchheim.
Wo liegt der Fehler? Ganz klar: Die Rede ist hier von Schlierbach in Oberösterreich. Zwar ist das Örtchen im oberen Kremstal mit rund 3100 Einwohnern etwas kleiner als der Namensvetter im Kreis Göppingen mit seinen 3970 Einwohnern. Aber dafür gibt es dort eine Stiftsanlage, die als ein Hauptwerk des österreichischen Barock um das Jahr 1700 gilt. Die Verbindung zwischen dem württembergischen Schlierbach und zwei alpenländischen Namensvettern ist zwar keine offizielle kommunale Partnerschaft, aber eine langjährige, lebendige Freundschaft zwischen drei Musikvereinen. Wenn sie im österreichischen Schlierbach zu Besuch sind, schauen die Musiker aus dem Schwabenland gern im Stift vorbei: Dort gibt es eine Klosterkäserei, wo man original Schlierbacher Käse kaufen kann.
Schlierbach, Schlierbach und nochmal Schlierbach, das ist musikalische Völkerverständigung, die schon vor vielen Jahren ihren Anfang nahm. Heute pflegen die Kapellen der drei gleichnamigen Ortschaften - Schlierbach in der Schweiz ist die Dritte im Bunde - ihre Partnerschaft und besuchen sich zu besonderen Anlässen. 1971 hatte man im Musikverein „Harmonie“ die Idee, mit anderen Schlierbachs und deren Musikvereinen Kontakt aufzunehmen, berichtet Peter Prinz, einer von vier gleichberechtigten Vereinsvorsitzenden. Weil sich aber herausstellte, dass es in keiner der anderen deutschen Ortschaften Musikvereine gab, dehnte man die Suche auf Österreich und die Schweiz aus. Die Musikerfreundschaft mit dem oberösterreichischen Ort besteht seit 1971. Mit den Schweizern dauerte es etwas länger. Zunächst gab es keine Rückmeldung auf die Anfrage aus dem Schwabenland, doch als 1983 ein eidgenössischer Musiker aus Schlierbach-Etzelwil in Schlierbach weilte, kam die Sache auch hier ins Rollen.
Volles Programm beim Besuch
Inzwischen pflegt man zu beiden Kapellen enge Verbindungen, weil man als Musiker die gleichen Interessen teilt und manchmal auch die gleichen Probleme. „2020 fahren wir wieder nach Österreich“, verrät Peter Prinz. Meist gibt es Jubiläen zu feiern, wenn man sich besucht, so wie 2015, als der Musikverein „Harmonie“ seinen 90. Geburtstag feierte und die Österreicher und Schweizer zu Gast waren. Meist sei man privat untergebracht, was die Freundschaft enorm fördere, sagt er.
Beim Besuch in der Schweiz vergangenes Jahr seien vor allem die jungen Musiker ganz begeistert gewesen. „Die freuen sich schon wie verrückt darauf.“ Das schweizerische Schlierbach liegt im Kanton Luzern auf einem südlichen Hochplateau auf knapp 700 Metern Höhe und hat rund 900 Einwohner.
Um die Sehenswürdigkeiten der Partnergemeinden ausführlich zu erkunden, dazu haben die Musiker normalerweise wenig Zeit. Freitags hin, sonntags zurück - und dazwischen ein volles Programm mit Auftritten, Festivitäten und wenig Schlaf, so sieht ein Musikvereins- ausflug normalerweise aus. Was aber dann doch sein muss: Ein Besuch in der Käserei, denn ohne Mitbringsel geht es nicht. „Und auf der Rückfahrt sonntagabends im Bus, da fallen manchem dann die Augen zu“, schmunzelt Peter Prinz.
Hinfahren: Nach Schlierbach/Oberösterreich sind es rund 460 Kilometer, wenn man über die A 8 fährt, ein Routenplaner gibt gute viereinhalb Stunden Fahrtzeit im Auto an. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln muss man siebeneinhalb bis acht Stunden einplanen.
In die Schweiz: Nach Schlierbach/Schweiz geht es schneller. Die kürzeste Fahrtstrecke beträgt 266 Kilometer und müsste laut Routenplaner mit dem Auto in drei Stunden und vierzig Minuten zu bewältigen sein. Mit Zug und Bus braucht man rund sieben Stunden.