Konfirmationsvorbereitung mit vielen Erlebnissen – Geldgeschenke sind oft Grundstock für den Führerschein
Schmugglerspiel und Kirchenjahr

Konfirmanden müssen unendlich viel auswendig lernen? Sie sind froh, wenn der Unterricht endlich vorbei ist? Es kommt ihnen sowieso nur auf die ­Geschenke an? Alles völlig falsch. Das zeigt ein Gespräch mit einigen Konfirmanden der Martinskirche ganz schnell.

Kirchheim. Erlebnispädagogik – mit diesem Wort ist der heutige Konfirmandenunterricht am besten beschrieben. Den Auftakt für die 25  Konfirmanden bildete im Vorjahr eine fünftägige Freizeit in Villingen-Schwenningen. Nach diesen fünf Tagen kannten sich alle schon ziemlich gut, das war eine gute Ausgangsbasis. Auch danach war es mit den wöchentlichen Treffen am Mittwochnachmittag nicht getan. Noch vor den Sommerferien folgte das große und freiwillige Konficamp auf der Dobelmühle, mit Konfirmanden aus dem ganzen Kirchenbezirk. An den Konfisamstagen gab es ein Schmugglerspiel im nächtlichen Wald, ein Mister-X-Spiel in Stuttgart und einen Casinoabend.

Bei „Schlag den Konfibegleiter“ war zwar nicht der Fernsehmoderator Stefan Raab zu schlagen, aber die Herausforderung ähnlich groß. Diesmal gewannen die Konfibegleiter. Das sind ehemalige Konfirmanden bis Anfang 20, die die Vorbereitung begleiten. Zum Kernteam zählen rund 20 Leute. Jugendreferent Jochen Leitner träumt davon, dass einige künftig auch mittwochs dabei sein können, vielleicht ein Bistro betreiben.

Wie war das Aufsagen bei der Konfirmation, am 19. April? „Wir haben nichts gesagt“, sagt Katharina Hornberger. Denn das Aufsagen wurde zur Entlastung der Konfirmanden in einen separaten Katechismus-Gottesdienst ausgelagert. „Jeder ein kleines Stück“, sagt Pfarrer Jochen Maier. Er steht voll zur Erlebnispädagogik. In diesem Alter, sagt er, gehe Erkenntnis über das Erleben und das Gefühl.

Beim Konfirmationsgottesdienst in der Martinskirche trat ein Elternchor auf. Immer wieder kehren solche singenden Konfirmandeneltern später zurück, so ist in Ötlingen und Lindorf sogar der dauerhafte Chor „alla breve“ entstanden. Nach der Kirche ging es bei vielen Familien ins Gasthaus. Mit wie vielen Gästen? Bei den vier Befragten führen Katharina Hornberger und Julia Rempt mit jeweils 28, Mika Köpfer brachte es auf 27, Maximilian Straus auf 21. Am Montag danach gab es schulfrei. „Ich habe eine weiße Bluse gekauft, die ich nachher im Praktikum als Hotelfachfrau und bei Vorstellungsgesprächen tragen kann“, sagt Julia. Auch bei Katharina ist eine Weiterverwendung in Sicht, in der Verwandtschaft steht im nächsten Jahr wohl eine Hochzeit an. Auch die beiden jungen Herren in der Runde denken nicht, dass sie ihren Anzug das letzte Mal getragen haben. Alle vier haben sich Geld gewünscht, bei Mika ist ein Teil für den Führerschein angelegt. Pfarrer Maier weiß, dass das auch bei anderen Konfirmanden häufig der Fall ist. Zu den weiteren Geschenken gehören bei den vier Befragten Schuhe, ein Longboard, eine Querflöte und Autogramme des Lieblingsfußballspielers.

Der Konfirmandenunterricht ist auch ein Ort, am dem sich Hauptschüler und Gymnasiasten treffen – wie sonst selten. Teils sehen sich Grundschüler wieder. „Man kann es sich gar nicht mehr vorstellen ohne die ganzen Leute am Mittwoch“, sagt Mika. Der Wunsch, weiterhin in eine kirchliche Gruppe zu kommen oder Mitarbeiter zu werden, ist groß. Von 25 Konfirmanden haben sich 20 in eine Liste eingetragen, es startet ein neuer Jugendkreis. Viele Bereiche und Leute aus der kirchlichen Jugendarbeit kennen die Konfirmanden nun bereits, der Einstieg ist leicht.

An welche Themen erinnern sie sich? An Glück und Liebe, an das Kirchenjahr. Dazu an ein Kunstprojekt, bei dem jeder eine Tontafel mit Symbolen des Glaubens gestaltet hat. Dieses „Gesellenstück“, wie Maier es nennt, wird auf Dauer bleiben, die Stele wird im Atrium neben dem Albert-Knapp-Saal aufgestellt.

Sitzen die Konfirmanden noch wie früher in der Kirche auf der Empore? Nein, sie dürfen heute ihren Platz frei wählen. Wichtig ist Leitner, dass sich ihr Bild von Gottesdienst weitet, sie von Erntedank bis zum Jugendgottesdienst entdecken: „Gottesdienst ist total vielfältig.“