Wattebausche wie Zuckerwatte, Schwämme in Pastell, Pfeifenreiniger, die sich kringeln wie Lianen – auf den Köpfen der Kinder türmen sich kleine Kunstwerke. Bei einer „Hutshow“ präsentiert die Klasse 5c der Realschule ihre selbst gebastelten Hüte, jeder für sich ein Fantasiegebilde aus Alltagsmaterialien. Ein Mädchen dreht sich auf dem Laufsteg, grinst, verbeugt sich kurz. Während „Viva la Vida“ von Coldplay durch den Garten klingt, klatschen Besucherinnen und Besucher im Takt. Die Kinder laufen und posieren. Dann geht’s zurück zur Gruppe, mit stolz geschwellter Brust und einer letzten Drehung.
Ich habe selten so eine schöne Eröffnung erlebt“
Ev Dörsam, Leiterin der Gemeindebücherei und Mitorganisatorin der Ausstellung
Schnecken mit Geschichte
Im Schlössle wird die Schulkunstausstellung feierlich eröffnet, mit Musik, Applaus und vielen strahlenden Gesichtern. Entstanden ist sie in Zusammenarbeit zwischen der Gemeindebücherei, dem Förderkreis Schlössle und den Lenninger Schulen. Beteiligt sind Klassen von der ersten bis zur zehnten Stufe. Die Kinder der Klasse 2 stimmen zu Beginn mit dem Musikprojekt Tschakka ein. Mit Leiterin Alexandra Lomovcev an ihrer Seite singen sie laut von Träumen und Superhelden. Gezeigt wird, was im Unterricht gewachsen ist: Malereien, Skulpturen, Installationen, Performances. Einige der Arbeiten nehmen auch das 50-jährige Bestehen der Gemeinde Lenningen auf.
Dass sich in diesem Jahr so viele Kunstwerke um Schnecken drehen, ist kein Zufall: In Oberlenningen haben die Tiere Tradition. Früher wurden sie in sogenannten Schneckengärten gezüchtet – noch heute erinnert der Schneckenbrunnen im Ortskern an diese Zeit. In der Ausstellung kriechen nun weit über 50 Schnecken durch das Schlössle, liebevoll gestaltet von Kindern aus verschiedenen Klassen. Manche aus Seife, andere aus Draht, Wolle oder Pappmaché. Einige leuchten, andere duften – und jede hat ihren eigenen Charakter.
Die große Parade
„Ich hab drei gemacht“, erzählt Martha stolz und zeigt ihrer Mutter ganz genau, wo auf dem gebastelten Brunnen ihre Schnecken kriechen. Sie glänzen und glitzern ein bisschen, und der gesamte Raum duftet blumig. „Das hat Spaß gemacht“, sagt die Drittklässlerin und läuft weiter zur nächsten Schnecke. Ihre Lehrerinnen Fiona Geywitz und Simone Sommer haben Holzlatten und Draht vorbereitet, mit den Kindern geschnitzt, gemalt und gewerkelt, um auch den Oberlenniger Schneckenbrunnen nachzubauen. Die Stimmung ist kreativ und wuselig, und zieht sich durch die ganze Ausstellung. Auch in anderen Projekten wurde gefeilt und geformt: Die Klassen 3 und 4 schicken Jubiläumsgrüße in den Himmel, die Neuntklässler gestalten Pop-Art-Graffitis, jüngere Kinder lassen sich von Bilderbüchern inspirieren. Jede Klasse hinterlässt ihre Handschrift – und am Ende ergibt sich ein großes Bild aus vielen kleinen Geschichten.
Von Findus bis zu Frida
Im Nebenraum tanzen bunte Figuren über die Wände, inspiriert von Keith Haring. Daneben tragen Tiermasken Blütenkronen – Frida Kahlo lässt grüßen. Die Neuntklässler greifen zur Sprühdose, ihre Pop-Art-Graffitis orientieren sich am Lenninger Künstler Rainer Hoffelner. Ein paar Schritte weiter wird’s leiser. Fische mit Gefühlen schwimmen über schwarze Kratzbilder. Die Fünftklässler greifen das Bilderbuch „Heute bin ich … glücklich. Und du?“ auf. Auch der Grüffelo, Findus, Felix und Lieselotte bekommen ihren Auftritt.
Die Ausstellung lebt von Farben, Formen, Gerüchen, und von Momenten, in denen Kinder ihre Werke zeigen wie kleine Schätze. Viele sind mit ihren Eltern da, führen sie herum, zeigen stolz ihre Schnecken, Masken und Bilder, bleiben auch bei den Kunstwerken der anderen stehen, um zu staunen und zu vergleichen. „Ich habe selten so eine schöne Eröffnung erlebt“, sagt Bibliothekarin Ev Dörsam. Vielleicht liegt es am Takt der klatschenden Eltern, an der stolz getragenen Zuckerwatte auf dem Kopf, oder einfach an all der Kreativität, der in Kleber, Draht und Farbe steckt.