Schulsozialarbeit – die Zeiten, um über deren Notwendigkeit auch im ländlichen Raum zu diskutieren, sind längst vorbei. „Der Bedarf steigt immer mehr. Die Arbeit gehört mittlerweile zum Grundgerüst einer Grundschule“, sagte Owens Bürgermeisterin Verena Grötzinger. Viel Werbung um die neue 75-Prozent-Stelle musste sie im Stadtrat nicht machen. Deshalb kam Ralph Rieck, pädagogischer Geschäftsführer beim Kreisjugendring (KJR), schnell zu Wort. „Das Thema gehört in der heutigen Zeit genauso selbstverständlich zu einer Grundschule wie das Sekretariat oder der Hausmeister“, sagte er. Durch Corona habe die Schulsozialarbeit deutlich an Schubkraft zugenommen. „Die Schule stellt zunehmend den Lebensmittelpunkt für Kinder und Jugendliche dar. Da braucht es Sozialpädagogen“, verdeutlichte er. Ganztägiges Lernen an der Schule werde immer mehr zum Standard, weshalb der KJR partnerschaftlich mit den Kommunen und den Schule zusammenarbeite, um ein für die Schule spezifisches Konzept zu erarbeiten. Was für eine städtisch geprägte Schule von Personal und Inhalt bestens funktioniert, muss für eine ländliche Gemeinde noch lange nicht passen. Diese Nuancen auszuarbeiten, das sieht er als seine Aufgabe an. „Wir schauen uns die Situation vor Ort genau an, denn wir wollen zur Schulfamilie gehören“, sagte Ralph Rieck und stellte gleichzeitig unmissverständlich klar, dass seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter parteilich für die Kinder sind. „Wir Sozialpädagogen sind anders ausgebildet als Lehrerinnen – aber Teil des Ganzen.“
Franziska Sterling stellte die Funktion einer Schulsozialarbeiterin beziehungsweise eines -arbeiters an der Owener Grundschule vor. Sie sind Ansprechpartner für Kinder, Eltern und Lehrerinnen, insbesondere für Kinder, die schon schwierige Erfahrungen hinter sich haben – beispielsweise eine Flucht. „Hier besteht je nach Kind ein sonderpädagogischer Förderbedarf“, sagte sie. Wegen Corona und dem damit verbundenen Homeschooling kam gleich in mehreren Jahrgängen kein Gemeinschaftsgefühl in den Klassen zustande. Damit einher gehe nicht selten fehlende Konfliktfähigkeit. „Die Kinder haben noch nicht eine Gemeinschaft mit schöner Lernatmosphäre gebildet“, beschreibt Franziska Sterling die Situation in vielen Klassen. Als Aufgabe sieht sie deshalb für den Schulsozialarbeiter, ein Teamgefühl herzustellen für all jene Klassen, in denen es daran mangelt. „Wir wollen aber vor allem die Kinder stärken und die Vielfalt nutzen, denn daran kann jede Schule wachsen“, sagte sie.
Die Grundschule wäre dankbar, wenn dort Schulsozialarbeit eingeführt wird. Insbesondere für Einzelfallhilfen würden die Sozialpädagogen gebraucht. Ein bis zwei Schüler mit besonderem Förderbedarf gebe es in jeder Klasse. Sie zu integrieren, koste sehr viel Energie für die Lehrkräfte.
Jochen Eberhard ließ keine Zweifel aufkommen, wie wichtig die Schulsozialarbeit im heutigen Schulalltag ist. Er wünscht sich Transparenz. „Ich möchte wissen, was in dem Aufgabenfeld passiert – die Arbeit muss ,draußen‘ spürbar sein, man muss mitbekommen, dass da was läuft“, forderte er. Dafür hatte Ralph Rieck volles Verständnis. „Wenn ein Bericht gewünscht wird, gehört das zu unserer Arbeit dazu, gerne auch jährlich. Unsere Arbeit ist jedoch schwer messbar“, sagte er. Ein Dialog zwischen KJR, Lehrerkollegium und Stadt sei selbstverständlich, ebenso die jährlichen Zielvereinbarungen. „Dabei kann es durchaus auch darum gehen, alte Zöpfe abzuschneiden“, so der Pädagoge.
Thomas Rabel brach eine Lanze für die Jugendarbeit in den Vereinen. „Ich sehe die Schulsozialarbeit als Bindeglied zwischen Schule und Vereine“, sagte er und rannte mit dieser Forderung offene Türen bei Ralph Rieck ein. „Genau das liegt uns am Herzen, das liegt in unserer DNA. Jeder, der in einem Verein ist, ist aufgehoben. Uns geht es nicht um Konkurrenz“, sagte er und führte auf einen Einwurf von Holger Röcker aus, dass auch er „uf dr Gass“ sozialisiert wurde und diese tolle Zeit nicht missen möchte. „Das gibt es aber zum Teil so nicht mehr, nicht zuletzt wegen Corona. Wir wollen in der Grundschule eine gute Grundlage schaffen, dass es in den weiterführenden Schulen gut läuft“, und die Stadtchefin ergänzte: „Wir erkennen den Bedarf und die Notwendigkeit, Kinder und Familien zu begleiten.“