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Schutz der Moore steckt in den Kinderschuhen

Umwelt Das Naturschutzzentrum Schopflocher Alb bemüht sich um den Erhalt und die Weiterentwicklung der Moore, denn sie sind ein wichtiger Faktor im Kampf um den CO2-Haushalt. Von Daniela Haußmann

Moore sind ein Segen für den Natur- und Klimaschutz. Kaum jemand im Landkreis Esslingen weiß das besser, als die Experten im Naturschutzzentrum (NAZ) Schopflocher Alb. Seit gut 20 Jahren arbeiten sie unermüdlich am Erhalt, der Pflege und Weiterentwicklung des Schopflocher Moors, das für eine Vielzahl hochspezialisierter Arten der einzige Lebensraum ist. Seit 1942 steht das in der Eiszeit entstandene Feuchtbiotop unter Naturschutz. Und das allein ist schon eine Sensation. In Deutschland sind laut NAZ-Mitarbeiterin Sonja Berger nicht einmal alle noch intakten Hochmoore in Schutzgebieten gesichert, Niedermoore zu einem noch geringen Teil.

 

In der Bevölkerung fehlt das Bewusstsein für die Renaturierung.
Sonja Berger
vom NAZ über die Notwendigkeit, mit Öffentlichkeitsarbeit zu sensibilisieren

 

Und das, obwohl Moore, die global nur drei Prozent der Landfläche bedecken, doppelt so viel CO2 speichern, wie alle Wälder auf der Erde zusammen, so die Landschaftsplanerin. Bundesweit sind 92 Prozent der Moorgebiete trockengelegt, um Torf zu stechen oder um sie für Land- und Forstwirtschaft zu nutzen. Entwässert sind die Feuchtbiotope keine Kohlenstoffsenke mehr, sondern die Quelle für immerhin 7,5 Prozent der nationalen Treibhausgas-Emissionen, sagt NAZ-Vertreterin Ulrike Walter. Darunter sind auch Methan und Lachgas, das 298 Mal klimaschädlicher ist als CO2, so die Biologin.

Ihr zufolge steckt der Moorschutz in Deutschland, wie vielerorts in Europa, noch in den Kinderschuhen. Erst seit November 2022 hat das Bundesumweltministerium eine Nationale Moorschutzstrategie vorgelegt. Seither sind in Süddeutschland und auf Bundesebene Netzwerke entstanden, in denen das NAZ seine Expertise einbringt.

Entwässerte Moore emittieren hierzulande jährlich 53 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Bis 2030 sollen davon jedes Jahr mindestens fünf Millionen Tonnen durch Wiedervernässung eingespart werden, betont Ulrike Walter. 20 Jahre Renaturierungs-Geschichte Schopflocher Moor festgehalten in Dokumenten und Datensätzen liefert hierzu praxisbezogenes Fachwissen über Maßnahmen, Konzepte und Problemlösungen. Wie lassen sich Wasserstände und spezielle Artenvorkommen stabilisieren? Welche Pflegemaßnahmen eignen sich am besten für einzelne Phasen der Renaturierung? Bei solchen Fragen kann das NAZ laut Sonja Berger weiterhelfen. Das ist auch nötig, denn durch die nationale Strategie startet jetzt zum ersten Mal in vielen Regionen der Wiederaufbau der zerstörten Ökosysteme.

„Oft scheitern Maßnahmen, weil bei Bevölkerung und Landnutzern das Bewusstsein und die Akzeptanz für Moore und deren Renaturierung im Zeichen von Natur- und Klimaschutz fehlen“, so Berger. „Die Öffentlichkeitsarbeit des NAZ sensibilisiert deshalb gezielt für die ökologische Bedeutung dieser Ökosysteme, ihre Gefährdung und ihren Schutz.“ Über viele Jahre sind pädagogische Konzepte, Landschaftsführungen, Veranstaltungen, Broschüren und Bildungsmaterialien für die Kinder-, Jugend- und Erwachsenenbildung entstanden, von denen andere Akteure in den Netzwerken nun profitieren, ist Ulrike Walter überzeugt. Zukünftiges Ziel der Netzwerkarbeit sei auch Bildungsinhalte über Moor-Ökosysteme stärker in die Schulbildung zu integrieren.

Es braucht Alternativen

Viele Moorflächen werden seit Jahrhunderten wirtschaftlich genutzt. An ihrer Bewirtschaftung hängen also Existenzen. Damit Landwirte auf wasserreichen Böden Geld verdienen können, müssen neue nachhaltige Bewirtschaftungsformen entstehen. Diverse Akteure im Netzwerk arbeiten und forschen laut Walter an ökonomisch rentablen Alternativen die auch für das NAZ interessant sind, da es im Bereich des Naturschutzgebietes mit Landnutzer zu tun hat. Ein Projekt erforsche beispielsweise wie aus Moorpflanzen wie Rohrkolben Dämmplatten für die Bauwirtschaft entstehen können, so Sonja Berger. Dabei bauen sie einen Markt für nachhaltig erzeugte Produkte auf, der ökologische Leistungen von Bewirtschaftern preislich honoriert. Hier schließt sich für Berger der Kreis zur Öffentlichkeitsarbeit, die Konsumenten für umweltverträgliche Kaufentscheidungen sensibilisiert. Das NAZ, das jährlich Tausende Besucher erreicht, sei hier ein wichtiger Multiplikator.

 

Geschichte des Schopflocher Moors

Von 1783 bis 1932 wurde im Schopflocher Moor Torf gestochen. Bis zur fast völligen Zerstörung des ehemaligen Hochmoores absorbierten seine quellfähigen Torfböden und die Torfmoose die wie Schwämme wirken, bei Starkregen rund 90 Prozent des Niederschlagswassers.

Intakte Moore schützen deshalb vor Überflutungen. Vor noch 240 Jahren besaß das Schopflocher Feuchtbiotop eine fünf Meter hohe Torfschicht, die einen riesigen Wasserkörper bildete. Bei warmen, trockenen Wetterlagen kühlte er durch Verdunstung die Umgebungstemperatur und sorgte so für ein günstiges Lokalklima.

Mit Regen eingeschwemmte Nähr- und Schadstoffe filterten die Moose aus dem Wasser und trugen so zum Gewässerschutz bei. Heute gibt es noch eine 1,3 Meter hohe Torfschicht, die pro Jahr einen Millimeter wächst.