Drei Kirchheimer sind im Landtag: Andreas Schwarz, Karl Zimmermann und Andreas Kenner
Schwarz gewinnt – für Grün

Eine historische Wahlnacht ist zu Ende. Im Wahlkreis Kirchheim sind die bisherigen Verhältnisse völlig auf den Kopf gestellt. Erstmals holt mit Andreas Schwarz ein Kandidat der Grünen das Direktmandat. Dem Landestrend folgend befindet er sich in guter Gesellschaft: An die Grünen gingen mehr als doppelt so viele Wahlkreise wie an die CDU.

Kirchheim. Ungewohnte Rollenverteilung im Wahlkreis: Derjenige, der schon nach verhältnismäßig kurzer Zeit nicht mehr zittern muss, weil ihn seine Wähler direkt in den Landtag schicken, heißt Andreas Schwarz und nicht Karl Zimmermann. „Jimmy“ muss erstmals in die Verlängerung und auf ein Zweitmandat hoffen. Das zieht sich. Alles hängt vom Ergebnis aus dem Enzkreis ab, das lange auf sich warten lässt. Erst gegen 22.30 Uhr kommt die beruhigende Kunde für zwei weitere Kirchheimer Kandidaten, und die erfreuliche Nachricht für den gesamten Wahlkreis, dass er wieder mit drei Abgeordneten im Landtag vertreten ist: mit Andreas Schwarz (Grüne), Karl Zimmermann (CDU) und – erstmals – mit Andreas Kenner (SPD).

Die Trends im Wahlkreis unterscheiden sich kaum vom Landestrend. Es gibt aber doch ein paar spannende Trends – unabhängig von der Frage, wie man sie bewerten mag. So liegen die Grünen im Wahlkreis mit 30,5 Prozent der Stimmen ganze vier Prozentpunkte vor der CDU. Sie haben um 7,2 Punkte zugelegt, während die CDU als bislang stärkste Partei um 12,1 Punkte abgesackt ist.

Nicht weniger desaströs ist das Abschneiden der anderen bisherigen „Volkspartei“, der SPD: Mit 23,5 Prozent lag sie 2011 im Wahlkreis noch ganz knapp vor den Grünen. Gestern hat sie rings um Kirchheim nicht einmal mehr die Hälfte dessen gestemmt, was ihr grüner Koalitionspartner geschafft hat. 14,1 Prozent sind für die SPD zwar beachtlich und deutlich besser als der Landesdurchschnitt. Dennoch aber liegen die Genossen damit – auch im Wahlkreis Kirchheim – hinter der neuen dritten Kraft, der AfD. Die holt im Wahlkreis aus dem Stand ganze 14,2 Prozent.

Erholt hat sich die FDP: Ihr Einzug in den Landtag stand am gestrigen Wahltag nie infrage. Mit ihren 8,2 Prozent könnten die Liberalen hier im Wahlkreis das Zünglein an der Waage spielen, müssten sie in der Teckregion in Koalitionsverhandlungen treten. Es wäre dasselbe wie im Land: Außer Grün-Schwarz wäre auch im Wahlkreis keine Koalition ohne die FDP denkbar, da alle vier etablierten Parteien ein Zusammengehen mit der AfD kategorisch ausschließen.

Wo liegen die Hochburgen? Diejenigen der AfD in Erkenbrechtsweiler, Wendlingen und Unterensingen, während die wenigsten Stimmen für die umstrittene Partei in Owen, Neidlingen und Bissingen zu verzeichnen waren. Owen ist andererseits die Kommune im Wahlkreis mit dem höchsten Stimmanteil für die FDP. Damit ergibt sich bei den Owenern die einmalige Situation, dass die FDP vor der AfD liegt.

Ein anderer extremer Ausschlag zeigt sich in Erkenbrechtsweiler. Dort holt nicht nur die AfD ihren höchsten Stimmenanteil im Wahlkreis. Dort fährt auch die SPD ihr schlechtestes Ergebnis ein und bleibt mit 8,3 Prozent sogar einstellig – auch das eine einmaliges Ergebnis, eben im negativen Bereich. Nur in acht Kommunen des Wahlkreises liegt die SPD vor der AfD. Am besten schneidet die SPD übrigens in der Stadt Kirchheim ab: 16,8 Prozent holt Andreas Kenner hier bei seinem Heimspiel im Wahlkreis.

Das war vor fünf Jahren auch Andreas Schwarz gelungen: Er hatte damals sein bestes Ergebnis ebenfalls in seiner Heimatstadt Kirchheim, mit 27,8 Prozent. Inzwischen hat er in Kirchheim zwar um vier Prozentpunkte zugelegt. Aber in fünf anderen Kommunen hat er sogar noch besser abgeschnitten als in Kirchheim. In zwölf von 22 Städten und Gemeinden hat er mehr als 30 Prozent geholt.

Letzteres zeigt vielleicht am besten das Dilemma der CDU bei der Landtagswahl 2016: Das Kunststück, mehr als 30 Prozent zu holen, war für Karl Zimmermann vor fünf Jahren keine große Kunst. Oft genug war er sogar auf über 40 Prozent gekommen. Und nur einmal hatte er unter der 30er-Marke gelegen – in Holzmaden. Das lag letztes Mal aber ganz eindeutig am dortigen Lokalmatador: Rainer Stephan hatte mit 27,5 Prozent in seinem Heimatort die Nase vorn gehabt. Wie dem auch sei, für „Jimmy“ ist es sicher kein leicht zu verdauendes Ergebnis: Dieses Mal schaffte er es nur noch in vier Kommunen auf mehr als 30 Prozent. Seine „sicherste Bank“ ist Neidlingen geblieben. Statt stolzen 46,3 Prozent waren es aber nur noch 33,1 Prozent.

Spannend sind auch einzelne Ergebnisse aus Kirchheimer Wahlbezirken: Karl Zimmermann – ebenso wie Andreas Schwarz und Andreas Kenner ein Kirchheimer – hat ausgerechnet in der Stadt Kirchheim sein schlechtestes Ergebnis im gesamten Wahlkreis eingefahren: 22,9 Prozent. Dafür hat er aber in seinem aktuellen und seinem früheren Wohnort – in Nabern und in Jesingen – ordentlich gepunktet. In je zwei Wahlbezirken dort kam er auf um die 30 Prozent und lag einmal sogar vor Andreas Schwarz.

Letzteres ist Karl Zimmermann auch an der Teck-Realschule gelungen, wo in zwei von vier Wahlbezirken die erstaunlichsten Ergebnisse zu verzeichnen waren: jeweils das schlechteste Kirchheimer Ergebnis für Karl Zimmermann, Andreas Schwarz und Ulrich Kuhn sowie das beste Ergebnis für Andreas Kenner (23,6 Prozent) – und gleich zwei Mal das beste Ergebnis für die Linke sowie für die AfD (über 27 Prozent). Einigermaßen „mithalten“ konnte bei diesen Superlativen in der Stadt nur die Freihof-Realschule, aber unter umgekehrten Vorzeichen: Dort gab es – ebenfalls in zwei von vier Bezirken – den geringsten Stimmenanteil für Andreas Kenner, für die Linke und für die AfD sowie den höchsten für Andreas Schwarz (über 40 Prozent) und Ulrich Kuhn (knapp 14 Prozent).

Die abschließende Zahlenspielerei betrifft die Wahlbeteiligung: Die Stadt Kirchheim (71,1 Prozent) hat die „rote Laterne“ abgegeben – an Wernau und Plochingen. Plochingen war die einzige Kommune, die mit 68,8 auf weniger als 70 Prozent kam, und auch die einzige, bei der die Wahlbeteiligung schlechter war als 2011. Ihren ersten Platz haben dagegen die Notzinger erfolgreich verteidigt: Von 79,8 haben sie auf 82,6 Prozent zugelegt. Das ist Spitze!