Die Lichter in der Reichenbacher Halle sind seit vielen Monaten aus. „Wir sind manchmal zu zweit oder alleine da und erledigen kleine Reparaturen“, sagt Joshua Schimkowski. Er gehört zum Vorstandsteam und vermisst die Begegnungen an der Bar oder bei den Konzerten sehr. „Wegen der Pandemie kommt fast überall das Vereinsleben zum Erliegen“, sagt der Vorsitzende Sebastian Strauss. Das ehrenamtliche Team mit Zoom-Gesprächen oder Telefonaten zusammenzuhalten, das ist in diesen Tagen nicht einfach. Dennoch sei die Mitgliederzahl konstant geblieben, sagt Strauss. Zwar seien einige Mitglieder abgesprungen, aber es kamen neue dazu. „Das ist enorm in Zeiten der Pandemie, denn wir können ja fast keine Angebote machen“, betont der 37-jährige Vereinschef.
Wie lief das erste Jahr der Pandemie für den 200 Mitglieder starken Verein, dessen Kulturangebot mit internationalen Bands weit über die Region hinaus bekannt ist? Durch den Verkauf der Benefiz-CD und der T-Shirts seien der November und der Dezember relativ gut gelaufen, fasst Matthias Wagner zusammen: „Aber wir leben von den Rücklagen.“ Größere Renovierungsarbeiten seien deshalb auch nicht drin, sagt Joshua Schimkowski. Dennoch komme der Verein über die Runden.
In früheren Jahren stemmte das Halle-Team 80 Veranstaltungen im Jahr mit rund 10 000 Gästen. „Seit einem Jahr fallen alle Veranstaltungen, die uns lieb sind und die unsere Gäste begeistern, wegen der Pandemie aus“, bedauert Vera Brosche. Sie hoffe inständig, dass das bald wieder anders wird. Nicht nur Konzerte, Kneipenquiz und Kabarettabende sind derzeit nicht möglich. Auch das beliebte Maultaschenessen, das seit Jahren Hunderte von Gästen in das Lokal lockt, fiel an Gründonnerstag wegen der Infektionsgefahr aus.
Weil nicht nur die internationalen Gastspiele flach fallen, sondern auch Auftritte mit lokalen Bands nicht oder bestenfalls zeitweise unter sehr erschwerten Bedingungen möglich waren, ging das Halle-Team neue Wege. Im Sommer gab es Biergarten-Konzerte mit viel Abstand und einer begrenzten Besucherzahl im Freien. „Für unsere lokalen Bands, die gerade jetzt kaum Auftrittsmöglichkeiten haben, ist jedes Engagement immens wichtig“, sagt Vera Brosche. Die lokale Bandszene gerade in diesen schwierigen Zeiten zu stärken, das ist dem ehrenamtlichen Halle-Team ein großes Anliegen.
Der hauptamtliche Geschäftsführer Florian Pfirrmann ist derzeit hauptsächlich damit beschäftigt, Konzerte abzusagen und neue Termine zu finden. „Wegen der Reisebeschränkungen streichen viele internationale Bands ihre Tourneen einfach“, weiß Matthias Wagner. Durch die Kurzarbeit hat die Kulturinitiative die Möglichkeit, den zwei Hauptamtlichen gerade jetzt eine Perspektive zu bieten. Weil die Halle ihre Kontakte in der internationalen Musikszene seit Jahrzehnten hegt und pflegt, ist Wagner zuversichtlich, dass sich nach der Pandemie viele der Konzerte doch nachholen lassen.
Hoffen auf den Sommer
Traurig sind die vier Vorstandsmitglieder, dass derzeit kein Kontakt zum Publikum möglich ist. „Unser Konzept lebt von den Begegnungen an der Bar und von den vielen Initiativen, die entstehen“, sagt Joshua Schimkowski. Der Systemingenieur steht mit beiden Beinen im Berufsleben. Als langjähriger Halle-Besucher sei er dann nach und nach in die Vorstandsaufgaben hineingewachsen. Mit Mitte 20 gehört er zu den Jüngsten im Vorstandsteam der Kulturinitiative. Nun hofft das Halle-Team, dass im Sommer zumindest wieder einige Veranstaltungen unter freiem Himmel möglich sein werden. „Aber die unklare Lage macht uns zu schaffen, wir können da fast nichts planen“, sagt Sebastian Strauss.
Dass so viele Musikerinnen und Musiker ihre Songs für die Benefiz-CD zur Verfügung gestellt haben, das macht Strauss glücklich. Das hat dem Vereinschef gezeigt, „dass die Künstlerinnen und Künstler unsere Kulturinitiative ebenso brauchen wie wir sie“.