Es gibt etwas zu feiern, denn seit 30 Jahren wird in der Bäckerei Scholderbeck ausschließlich Bioland Getreide verarbeitet. Der Grund zur Umstellung dafür war kein erfreulicher, denn die Initialzündung damals waren die schwere Neurodermitiserkrankung und die massiven Allergien von Eve Sigel. Aus Gründen der absoluten Transparenz in der Nahrung war es damals absolut notwendig, für den Eigenbedarf Produkte ohne Zusatzstoffe zu backen und dafür die reinsten Rohstoffe zu verwenden.
Im Jahr der Umstellung 1994 war Bio eine absolute Randerscheinung und weit davon entfernt, einen relevanten Teil der Kunden an eine ländlichen Bäckertheke zu erreichen. Biobacken ohne die Helferlein der Backmittelindustrie war mit viel Experimentierfreude, bäckerischem Können und Leidenschaft aber auch „Versuch und Irrtum“ verbunden. Bio-Betriebe in Baden-Württemberg waren dünn gesät und es gab kaum regionale Vermarktungsstrukturen der Landwirte für Bio-Bäcker.
Nachhaltigkeit der Haupttreiber
Das Thema „Nachhaltigkeit“ war für die beiden Scholderbecks Eve und Bernd Sigel schon damals der Haupttreiber: Sie wollten mit ihrem Tun keinen Schaden an der Natur und für zukünftige Generationen anrichten, sondern durch ökonomisches und ökologisches Handeln die Welt ein bisschen besser machen. So ist in den vergangenen 30 Jahren um die Bäckerei Scholderbeck ein großes, überregionales Vermarktungsnetzwerk entstanden, das es so vorher schlicht nicht gab. Denn mit auf das Scholderbecksche Betreiben hin und dem Ruf nach Bio-Rohstoffen gründeten damals einige Bio-Bauern eigenverantwortlich Vermarktungsstrukturen wie die „Obeg“ (bäuerliche Erzeugergemeinschaft biologisch wirtschaftender Bauern) oder die „Rebio“ (die regionale Bioland Erzeuger-Gemeinschaft).
Ziel beider Genossenschaften waren und sind der Aufbau regionaler und nachhaltiger Vermarktungs-Strukturen um die biologisch erzeugten Rohstoffe direkt zu vertreiben. Gemeinsam mit den Landwirten entwickelt Scholderbeck zahlreiche überregionale Bio-Projekte: So wird seit einigen Jahren wieder Zucker aus Süddeutschen Rüben gewonnen und über das überregionale Bio-Netzwerk vertrieben. Seit 20 Jahren wachsen wieder Bioland-Sonnenblumenkerne in Franken, und seit zwei Jahren wird der Dampfmohn für Scholderbeck wieder in Bayern angebaut. Durch die Entwicklung dieser Projekte profitieren die biologische Landwirtschaft und Bioland-Bäckereien in ganz Baden-Württemberg.
Heute verarbeitet Scholderbeck 700 Tonnen Bioland-Getreide im Jahr, das auf einer Fläche von 800 Fußballfeldern wächst, ohne den Einsatz von Pestiziden, Fungizid und Herbiziden. Aber auch bei allen anderen Zutaten setzt der Scholderbeck zu 100 Prozent auf Bio, denn in der Bäckerei werden ausschließlich biologische Rohstoffe verarbeitet, egal ob in der Konditorei, bei den Snacks oder in der Suppenküche. Aus diesen Anfängen mit damals sechs Mitarbeitern ist ein Betrieb mit über 150 Mitarbeitenden geworden. Zum Jubiläum freuten sich viele geladenen Gäste aus Landwirtschaft, Politik, langjährigen Wegbegleitern und gratulierten den beiden Bio-Pionieren zu dieser Erfolgsgeschichte.
Lob vom Landwirtschaftsminister
Landwirtschaftsminister Peter Hauk ließ ein Lob ausrichten: „Die vertrauensvolle Zusammenarbeit und langjährige Partnerschaft mit den regionalen landwirtschaftlichen Bio-Betrieben, die Dinkel, Weizen oder Roggen anbauen, kennzeichnen die Arbeitsweise der Bäckerei Scholderbeck. In den vergangenen 30 Jahren ist auf diese Weise ein stabiles Netzwerk entstanden, das eine gemeinsame Entwicklung ermöglicht hat.“ Als Partnerbetrieb des Biosphärengebiets Schwäbische Alb öffnet die Bäckerei Scholderbeck immer wieder ihre Türen für Verbraucherinnen sowie Verbraucher und kooperiert mit den Biosphärenschulen, um schon den Jüngsten Wissen um Ökologie, Nachhaltigkeit und Handwerk zu vermitteln. Bei den Öko-Aktionswochen 2024 ist die Bäckerei aus Weilheim auch dabei. „Die Aktionswochen bieten unseren Bio-Unternehmen den perfekten Rahmen, um sich und ihr Tun ins Rampenlicht zu rücken. Sie sind deswegen ein wichtiger Baustein unseres Aktionsplans ‚Bio aus Baden-Württemberg“,, so Hauk. pm