Bad Boll. Man muss schon ein großes Herz für die Natur haben, um sich ein Schwalbenhaus zu bauen. Eigentlich braucht man einen Gemeindebauhof dazu, viel Manpower und Maschinenkraft – oder man kauft es.
Dieter Irsiegler aus Bad Boll hat es selbst angepackt. Mit eigenem Einsatz, handwerklichem Geschick und Helfern. Zwei Jahre hat er das Projekt verfolgt, von der Idee bis zum fertigen Turm. Fünf Meter hoch thront jetzt das Schwalbenhaus mit 16 Nestern hinter seiner Scheune. Mit zusätzlichem Schlupfloch für andere, kleine Vögel, die es sich hier gemütlich machen können. Und mit Belüftungsschlitz rundum. Denn die Sonne, sagt Irsiegler, wird da ganz schön draufknallen.
Irsiegler ist ein Bastler, er macht gern was mit Holz, hat auch schon größeres gebaut: ein Carport, einen Grillplatz, einen Freisitz. Filigran ist dagegen so ein Schwalbenhaus, mit einer Platte von 1,80 Metern, achteckig. Mit einem Dach, das mit Schindeln gedeckt wird, und all den „Zimmern“ für die Schwalben. Dafür braucht man viele kleine Holzplatten, die sich über die Ecken wie ein Puzzle zusammenfügen. Viele Dreiecke. „Man muss das zusammensägen, die Elemente richtig anpassen.“
Das Holz kam auf kurzem Weg von Schreinermeister Gerhard Gölz, der in derselben Straße wohnt. Das Schwalbenhaus hat der Bastler mit seinem Patenkind Steffen Baumann-Schäfer gebaut, vier Wochen haben sie dran gearbeitet. Das Haus ist auf einer Metallkonstruktion befestigt, die mit einem Rohrstück auf dem Mast aufsitzt und verschraubt wird. Man sieht es dem Gehäuse nicht an, was alles drin und dran ist: „200 Kilo wiegt das“, sagt Irsiegler.
Für das Aufsetzen hatte der Bauherr Helfer mit schwerem Gerät. Steinmetz Thorsten Krähmer kam mit seinem Fahrzeugkran, um das Schwalbenhaus in die Luft zu hieven und auf seinen Platz zu bugsieren. Marc Weissinger aus Weilheim, seines Zeichens Landschaftsgärtner, kam mit dem Traktor und einer Gitterbox, in die Dieter Irsiegler stieg und sich hinaufheben ließ, um das schwebende Schwalbenhaus auf seinen Platz zu dirigieren und zu fixieren.
Marc Weissinger hat ein Loch von einem ganzen Kubikmeter ausgehoben, und es mit Beton ausgegossen. Das ist das Fundament. Den Masten bekam Irsiegler vom Förster. Der stiftete einen Lärchenstamm: fünf Meter lang, 25 Zentimeter Durchmesser.
Das könnte alles vergebliche Liebesmüh sein, wenn die Schwalben nicht kommen. Aber: Hier tummeln sich Schwalben. 50 Schwalben, sagt er, sieht er hier im Sommer in seinem Garten, der sich hinterm Haus weit zieht, der an das Riedbächle grenzt und so am Übergang zur freien Landschaft liegt. Irsiegler will noch mehr machen: einen Teich schaffen, an dem sich Insekten sammeln und den Schwalben Nahrung bieten. Für die Natur hat er schon viel getan in seinem Garten. Mit Nistkästen an jedem Baum, mit Hühnern, die ein Hühnerhaus haben, mit einer Ecke Gestrüpp für die Spatzen und hohem Gras. Nur am Ende des Sommers wird gemäht. „Ich hab was übrig für die Natur“, sagt Irsiegler.
Die Schwalben können also kommen, im April, im Mai oder vielleicht auch schon im März. Das hofft und erwartet auch Irmtraut Niemann-Khaliefi vom Nabu. „Wenn die Schwalben hier nicht kommen, dann gibt es keine mehr“, sagt sie. Sie ist von dem Standort überzeugt und erzählt: Auf der anderen Straßenseite gibt’s schon etwas für Schwalben. Deswegen hat sich der Naturschutzbund eingebracht: Der hat die Schwalbennester gestiftet, die jetzt so einladend an Irsieglers Schwalbenhaus sitzen.Jürgen Schäfer