Sepan-Hair“ steht in großen leuchtenden Buchstaben über dem Empfang. Der Boden in dem 300 Quadratmeter großen Salon in der Göppinger Innenstadt ist auf Hochglanz poliert. Sepan Mohammed sitzt auf einer Couch, die er erst vor Kurzem aus Italien bestellt hat. „Die komplette Einrichtung ist aus Italien“, sagt er stolz. Alles, bis auf den großen Olivenbaum gleich neben der Couch. „Der kommt aus Spanien.“
Im Mai hat sich der 29-Jährige seinen Traum vom eigenen Friseursalon erfüllt, den er gemeinsam mit seiner Verlobten Sinem Dogan betreibt. Noch vor zehn Jahren stand Mohammed vor dem Nichts. Von einem ungewöhnlichen Werdegang zu sprechen, scheint untertrieben, wenn man die Geschichte des Syrers hört. Der ausgebildete Koch ist erst 19 Jahre alt, als er seine Heimat und Familie wegen des Krieges verlassen muss. Mohammed flieht nach Deutschland und landet zunächst in einer Massenunterkunft in Mannheim. Von dort geht es in die vorläufige Unterbringung nach Oberensingen.
Wenn du das liebst, was du tust, dann kannst du es weit bringen.
Sepan Mohammed
In Nürtingen möchte Sepan Mohammed unbedingt anfangen zu arbeiten, deshalb lernt er so schnell wie möglich Deutsch – unter anderem mithilfe von Internet-Videos. Nach sechs Monaten bekommt er einen Job in einem Nürtinger Hotel. Schnell wird klar, dass Sepan Mohammed ungewöhnlich talentiert in der Küche ist. Das bleibt auch einem Restaurant mit gehobener Küche nicht verborgen. Mohammed wird zum Probearbeiten eingeladen und bekommt nach nur einem Tag einen Arbeitsvertrag. Mit seiner außergewöhnlichen Geschichte kommt er sogar ins Fernsehen.
Vom Koch zum Friseur-Azubi
Insgesamt fünf Jahre lang arbeitet der Syrer in Nürtingen als Spitzenkoch – dann geht es einfach nicht mehr. Oft muss er sieben Tage in der Woche arbeiten. „Manchmal 17 Stunden am Tag“, erinnert er sich. Obwohl Kochen seine große Leidenschaft ist, wird der psychische Druck in dem Job irgendwann zu viel. Mohammed beschließt, einen ganz neuen Weg einzuschlagen und eine Ausbildung zum Friseur anzufangen. „Ich habe das Haareschneiden einfach mal ausprobiert und gemerkt, dass ich es ziemlich gut kann“, sagt er lächelnd.

Mohammed bekommt eine Stelle in einem Friseursalon in der Esslingen Innenstadt. Plötzlich hat er zwar sehr viel weniger Geld zur Verfügung, doch er hat Freude an seinem Job. „Die Arbeit in einem Friseursalon ist auch stressig, keine Frage. Aber es ist einfach schön, die Freude in den Gesichtern der Menschen zu sehen, wenn man seine Arbeit gut gemacht hat. Als Koch siehst du die Gäste in der Regel nicht.“
In seinem neuen Beruf ist Sepan Mohammed ähnlich erfolgreich wie als Koch. Schnell baut er sich in Esslingen einen Kundenstamm auf. „Aber in Esslingen gibt es schon viele alteingesessene Salons. Dort etwas Neues aufzubauen, ist nicht leicht.“ Nach zweieinhalb Jahren wechselt er zu einem namhaften Friseursalon in Stuttgart, wo er die Färbetechnik Balayage erlernt. „Aber mein Traum war es immer, einen eigenen Salon zu haben.“ Die ersten Schritte als sein eigener Chef macht er in Göppingen, wo er einen kleinen Salon in einer Einliegerwohnung einrichtet. Seine Verlobte bietet zusätzlich Beauty-Behandlungen an. „Wir haben uns nur auf Frauen spezialisiert“, sagt Mohammed. Schnell spricht sich herum, dass ein neuer talentierter Friseursalon in Göppingen eröffnet hat, und plötzlich kommen die Kundinnen nicht mehr nur aus der Region. „Es kamen auch Leute aus Karlsruhe und sogar München“, erzählt Sinem Dogan. Und die Kundinnen werden auch prominenter. Bekannte Influencerinnen wie Model Seniz und Lea Prinz, Freundin von Nationalspieler Maximilian Mittelstädt, fragen Termine bei Sepan Hair an.
Zwei bis drei Wochen Wartezeit
Schon nach einem Jahr ist der Laden in der Einliegerwohnung zu klein, und das Paar schaut sich nach etwas Größerem um. Im Mai ziehen die beiden schließlich in den 300 Quadratmeter großen Salon in der Göppinger Innenstadt. Wer bei Sepan Hair auf den Stuhl möchte, braucht zwingend einen Termin; die Wartezeit beträgt zwischen zwei und drei Wochen. Berna Eradak kommt einmal pro Woche vorbei. Sie hat über Instagram von dem Laden erfahren. „Sepan ist einfach ein sehr ehrlicher Mensch. Ich habe nicht das Gefühl, dass er mir unnötig etwas verkaufen möchte, was ich nicht brauche.“
Wenn Sepan Mohammed daran denkt, dass er noch vor wenigen Jahren in einer Massenunterkunft leben musste, und heute darüber nachdenken muss, welche Designermöbel er für seinen Salon bestellt, schüttelt er ungläubig mit dem Kopf und lächelt. „Ich bin einfach sehr stolz darauf, so weit gekommen zu sein.“ Dass sein Erfolg nur mit Talent zu tun hat, glaubt er nicht: „Wenn du das liebst, was du tust, dann kannst du es weit bringen. Du musst nur ehrgeizig genug sein.“