Weilheim · Lenningen · Umland
„Shit happens“ auch Hunden: Nur wohin mit dem Beutel?

Umwelt Die Kirchheimerin Melanie Weiss und Denise Freyberg aus Filderstadt entwickeln eine App für Hundebesitzer: Die soll die nächste verfügbare Hundetoilette anzeigen. Damit haben einen Preis gewonnen.  Von Thomas Zapp

Die besten Ideen entstehen oft, wenn man eingetretene Pfade verlässt – und dabei zum Beispiel in Hundekot tritt. So ist es der Kirchheimerin Melanie Weiss und Denise Freyberg aus Filderstadt unabhängig voneinander schon häufiger ergangen. Doch dass man daraus eine Geschäftsidee entwickeln kann, wäre beiden nicht in den Sinn gekommen, hätten sie sich nicht im vergangenen Jahr beim Workshop Innovation Lab in Kirchheim getroffen. „Dabei ging es um nachhaltige Geschäftsideen“, erzählt Melanie Weiss.

Das Projekt „MachES!“ der Städte Kirchheim, Nürtingen, Esslingen und Filderstadt organisiert den offenen Workshop für Bürgerinnen und Bürger gemeinsam mit dem Regionalnetzwerk „Baden-Württemberg connected“. Dabei geht es darum, unabhängig von Fachkenntnissen oder Interessen Probleme zu identifizieren, die möglichst viele betreffen, dafür eine Lösung zu finden und ein Geschäftsmodell daraus zu entwickeln. Hundekot erfüllt diese Kriterien, auch wenn es erst mal nicht sonderlich attraktiv klingt. Aber: „Jeder sieht es, keiner will es aufheben“, sagt Denise Freyberg. Denn man weiß ja auch nicht, wohin damit. Die nächste „Hundetoilette“, also einen Mülleimer für Hundekot mit Beutelspender, ist meistens nicht in Sicht, wenn man sie braucht.  

Hier kommen die Gründerinnen ins Spiel: Mit ihrer interaktiven „D.O.G. Die saubere Gassi-App“ wollen sie künftig dafür sorgen, dass Hundebesitzerinnen und Hundebesitzer zum einen bestehende Toiletten in die App eintragen, sofern sie noch nicht verzeichnet sind. Damit können sie eine „Toiletten-Karte“ erstellen. Zum anderen kann man damit Kommunen konkrete Vorschläge machen, wo es an „Entsorgungsmöglichkeiten“ fehlt. Gleichzeitig soll die Hundehalter-Community Tipps für gute Gassi-Touren eingeben, womit sich auch ein Hunde-Touren-Guide erstellen lässt. 

80 Hundetoiletten in Kirchheim

In Kirchheim gibt es aktuell rund 80 Hundetoiletten für etwa 1400 gemeldete Hunde. Das führt häufig dazu, dass Beutel auf der „grünen Wiese“ landen, zum Unmut der Arbeiter vom Gartenamt. „Wenn der Rasen gemäht wird, ist man gesprenkelt“, sagt Melanie Weiss. Mit ihrer App schonen sie nicht nur Menschen, sondern auch die Natur: Denn Hundekot ist alles andere als natürlicher Dünger, weder mit noch ohne Tüte. Vielmehr weist er in der Regel Parasiten auf, im Unterschied zum Kot von Pflanzenfressern wie Kühe oder Pferde, die in den Boden und damit auch in Nahrung eindringen können. „In einem Hundeleben fällt rund eine Tonne Kot an. Bei 10 Millionen Hunden in Deutschland ist das eine enorme Umweltverschmutzung“, rechnet Denise Freyberg vor. Deswegen sind biologisch abbaubare Tüten, die in der Landschaft liegen, auch keine Lösung für die beiden. Die kommen obendrein mit rund 20 Cent die Kommunen deutlich teurer zu stehen als konventionelle, die rund 1 Cent kosten. Das Ziel muss also lauten: Der Hundekot gehört in den Müll und das möglichst schnell. In den Verwaltungen von Kirchheim, Filderstadt und Geislingen sind sie damit schon auf Interesse gestoßen. Langfristig sollen möglichst viele Kommunen dazukommen, am besten bundesweit.  

Das Projekt gefiel der Jury des Innovationswettbewerbs so gut, dass die beiden den 2. Platz gewannen und 250 Euro Prämie bekamen. Der Startschuss ist gefallen, nun geht es an die Entwicklung. „Wir haben Vollzeitjobs, aber schaffen es jetzt etwa einmal im Monat, uns zu treffen. Ansonsten telefonieren wir viel“, sagt Denise Freyberg. Sie arbeitet im E-Learning, Melanie Weiss ist im Projektmanagement online tätig.  Beide wissen also, worauf es ankommt, die Entwicklung und Programmierung der App wollen sie bis zum Ende des Jahres abschließen. Eine Webseite haben sie bereits. Auf https://hundetoilette.online schildern bereits viele Hundebesitzerinnen und Besitzer ihre Erfahrungen oder laden Bilder hoch, um neue Hundetoiletten zu melden. Danach wollen sie sehen, ob man aus der App mit dem „Geschäft“ auch ein Geschäft machen kann. Zu der Zielgruppe gehören die Gründerinnen selbst übrigens noch nicht. Sie sind Anfang 30 und haben bislang noch keine Zeit für einen Vierbeiner. Vielleicht ändert sich das ja, wenn die App erst mal fertig ist und sie diese auch selbst nutzen wollen. „Vorstellen könnte ich es mir“, sagt Melanie Weiss.