„Mit dem Weiterbildungsverbund für Allgemeinmedizin schlagen wir im Kreis Esslingen im Schulterschluss mit Kooperationspartnern einen neuen Weg ein, um die Versorgung im Gesundheitswesen zu sichern“, sagte Landrat Marcel Musolf im Landratsamt am Standort Plochingen. Mit Vertretern der Ärzteschaft, der Kliniken und des Gesundheitsamts unterzeichnete er den Vertrag dazu. Mit dem Verbund werden künftig junge Ärzte intensiv bei ihrer fünf Jahre dauernden Facharztausbildung in der Allgemeinmedizin unterstützt, die Voraussetzung für eine Praxis-Niederlassung ist. Damit soll die Attraktivität des Landkreises für den Ärztenachwuchs gestärkt werden, in der Hoffnung, dass möglichst viele von ihnen dann auch eine Hausarztpraxis im Kreis eröffnen oder übernehmen.
„Wir bieten angehenden Allgemeinmedizinern eine qualitätvolle Weiterbildung“, so Musolf. Kooperationspartner sind die für die Weiterbildung zuständige Bezirksärztekammer Nord-Württemberg, die drei kreiseigenen Medius-Kliniken sowie die Filderklinik und die städtische Klinik Esslingen, die Kreisärzteschaften Esslingen und Nürtingen mit vorerst sechs hausärztlichen Praxen und das Gesundheitsamt im Landratsamt. Laut der Kreisverwaltung haben weitere Praxen ihr Interesse am Verbund signalisiert. Zudem sind die Universität Tübingen mit ihrem Kompetenzzentrum Weiterbildung Baden-Württemberg (KWBW) und die Koordinationsstelle Allgemeinmedizin der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg Vertragspartner.
Verbund bietet lückenlose und qualitätsvolle Weiterbildung
Die angehenden Fachärzte haben eine anspruchsvolle und umfassende Weiterbildung zu absolvieren. Sie können nun an allen Klinikstandorten im Landkreis, in den mitwirkenden Arztpraxen und im Gesundheitsamt die in der Weiterbildungsverordnung vorgeschriebenen Fähigkeiten praxisnah erwerben. Abzuleisten sind unter anderem 24 Monate Allgemeinmedizin in der ambulanten hausärztlichen Versorgung, zwölf Monate im Gebiet Innere Medizin in der stationären Akutversorgung sowie sechs Monate in mindestens einem Gebiet der unmittelbaren Patientenversorgung, im Falle des Esslinger Verbunds zum Beispiel in der Chirurgie, der Kinder- und Jugendmedizin, der Psychiatrie und Psychotherapie oder im öffentlichen Gesundheitswesen, das dem Gesundheitsamt selbst obliegt. Dieses fungiert unter der Amtsleitung der Medizinerin Dominique Scheuermann auch als Koordinationsstelle und kümmert sich um einen lückenlosen und möglichst wunschgemäßen Ausbildungsplan. Mit Markus von Ehr gewann das Gesundheitsamt dafür einen erfahrenen Mitarbeiter, der in Stuttgart selbst als niedergelassener Arzt tätig war und angehende Hausärzte auch in Fragen von Praxisgründung und -führung beraten kann.
Stipendium als zusätzlicher Anreiz
Zudem beschloss der Sozialausschuss des Kreistags ein mit monatlich 500 Euro honoriertes Stipendium für Medizinstudierende. Es verpflichtet dazu, eine anschließende Weiterbildung im Landkreis zu absolvieren. An der Weiterbildung können auch Interessierte mit abgeschlossenem Medizinstudium teilnehmen, die keine Stipendiaten waren. Das Stipendium verpflichtet ausdrücklich nicht dazu, sich im Kreis niederzulassen. Mit diesem Gesamtpaket gerüstet ist sich Landrat Musolf jedoch sicher, dass der Landkreis gute Chancen für eine attraktive und gesicherte berufliche Zukunft biete und viele aus dem Stipendium und dem Weiterbildungsverbund dem Landkreis als Fachärzte treu bleiben.
Kooperationspartner sind vom Erfolg überzeugt
Das unterstrich auch Jürgen de Laporte von der Bezirksärztekammer: „Es war noch nie so einfach, eine Hausarztpraxis zu bekommen.“ Vor gut 30 Jahren, bevor die Zulassungen begrenzt wurden, hätten sich noch viele niedergelassen. Diese Generation verabschiede sich in absehbarer Zeit in den Ruhestand. Der Verbund könne mit seiner großen Vielseitigkeit und Kompetenz die Interessenten unterstützen und sich damit gegenüber Verbünden in anderen Regionen behaupten.
Jörg Sagasser sprach für die fünf Kliniken von einem wichtigen Baustein zur Sicherstellung der Gesundheitsversorgung. Auch die Kliniken sehen sich mit einem Mangel an Fachärzten konfrontiert.
Wolf-Peter Miehe als Vertreter der Ärzteschaft dankte dem Landkreis und dem Gesundheitsamt für die Initiative, die seit längerem schwelende Idee des Verbunds in die Tat umzusetzen. Frank Portenhauser von der Kassenärztlichen Vereinigung (KVBW) bewertete die Voraussetzungen für den Verbund im Kreis Esslingen als bestens. Er wies auch auf Förderprogramme der KVBW hin. Thorsten Doneith vom Tübinger Kompetenzzentrum für Weiterbildung warb für die dort angebotenen Seminartage. Dominique Scheuermann wies auf die Ausbildungsmöglichkeiten im Gesundheitsamt hin, zum Beispiel in Fragen der Hygiene, des Infektionsschutzes und des Gutachterwesens. Gerne fungiere das Gesundheitsamt als Kümmerer und Koordinator im Verbund.