Angebot für Menschen mit Demenz
Spätestens beim Bingo sind alle dabei

Auch Menschen mit Demenz sind gerne aktiv – man muss nur herausfinden, was sie noch können. Das geschieht im Montagstreff in Brucken und im Dienstagstreff in Dettingen.

Was macht die rechte Hand und was die linke? Claudia Merkle hat Fingerübungen dabei. Foto: Karin Ait Atmane

Einen festen Termin hat Maria S. jede Woche: mit Kaffee und Kuchen, Gymnastik, Spielen, Singen oder Basteln. Die Dettingerin besucht schon seit Jahren den wöchentlichen Treff für Menschen mit Demenz, wo sie immer dieselben Leute trifft. Neuerdings muss sie dafür nicht mehr nach Brucken, sondern kann sogar zu Fuß ins Forum Altern in Dettingen gehen. Denn aufgrund der großen Nachfrage hat die Arbeitsgemeinschaft „DOLE“ (Dettingen, Owen, Lenningen und Erkenbrechtsweiler) das Angebot erweitert.

 

Jeder, wie es geht, wir übertreiben nicht.

Claudia Merkle

 

„Diese Treffen sollen einfach Spaß machen, das ist das Ziel“, sagt Ilona Rendler, die als Ehrenamtliche den Dienstagstreff in Dettingen leitet. Selbst an diesem besonders heißen Sommertag sind bis auf eine erkrankte Person, die sich abgemeldet hat, alle da. Einige sind selbst zu Fuß ins Forum Altern gekommen, andere wurden wie vereinbart mit dem Fahrdienst abgeholt.

Auf dem hübsch dekorierten Tisch steht angesichts der Temperaturen ausnahmsweise kein Kuchen, sondern Fruchtquark. Ilona Rendler versucht das Gespräch in Gang zu bringen. „Gucken Sie auch ein bisschen Olympia?“, fragt sie in die Runde und einige Frauen greifen das Thema sofort auf und tauschen sich über die Eröffnungsfeier aus. Andere löffeln versunken ihren Quark, was auch in Ordnung ist: Hier muss niemand mitmachen, aber im Lauf der zwei Stunden werden doch nach und nach alle aktiver und wacher. Ein alter Herr, der schon aufgrund von Hörproblemen wenig mitbekommt, singt gegen Ende gleich mehrere Verse eines Kirchenliedes vor. Claudia Merkle hört ihm aufmerksam zu – sie bildet mit Ilona Rendler, Beate Weeber und Susanne Faas das Team der Betreuerinnen. „Wir sind immer dieselben, weil das einfach wichtig ist für die Leute“, sagt Rendler. Für den Fall, dass eine der vier Frauen ausfällt, gibt es noch eine Springerin im Hintergrund.

Die vier Ehrenamtlichen kümmern sich um maximal neun Gäs­te und unterstützen sie zum Beispiel beim Bingo-Spielen, das sehr beliebt ist. Davor hat die Runde schon Gymnastik im Sitzen gemacht: „Jeder, wie es geht, wir übertreiben nicht“, so Claudia Merkle. Aber auch Übungen mit den Fingern können anspruchsvoll sein, vor allem, wenn die linke Hand etwas anderes machen soll als die rechte! Das sorgt für einiges Gelächter.

Gäste nicht überfordern, sondern stärken

Die Gäste nicht zu überfordern, sondern zu stärken, indem sie das tun, was sie noch können: Das ist wichtig und scheint hier zu gelingen. Wenn man die Leute aktivieren wolle, müsse man „gucken, was jeder noch kann“, sagt Ilona Rendler und erzählt von einem Mann, dem das Sprechen schwerfällt, der aber noch wunderbar Akkordeon spiele könne: „Das muss man rausfinden.“

Die Gäste des Dienstagstreffs werfen sich jetzt einen knallig-pinken Zottelball zu und benennen dabei das Handwerkszeug, das bestimmte Berufe benötigen. Anschließend liest Rendler schwäbische Gedichte und einige Rätsel vor, die allesamt gelöst werden. Zum Abschluss kommt Hermann Kovacic mit seinem Akkordeon vorbei und zieht mit Wanderliedern alle mit. „Musik gehört einfach dazu“, sagt Ilona Rendler und erzählt, wie kürzlich einige Gäste aufgestanden sind und mitgetanzt haben, als nebenbei eine Musikanlage getestet wurde.

Auf den ersten Blick sieht man den meisten nicht an, dass sie von Demenz betroffen sind. Das ist oft so, wissen die Ehrenamtlichen, doch vieles ist Fassade. Wichtig ist, die noch vorhandenen Fähigkeiten auch regelmäßig zu nutzen. Das geschieht hier, und wer sich zum Treff angemeldet hat, bleibt in der Regel auch dabei. Das hat in Brucken zu einer dauerhaft langen Warteliste geführt, deshalb habe man „alles drangesetzt, dass wir diese zweite Gruppe aufmachen konnten“, sagt Gabriele Steiner, die stellvertretende Leiterin von „Unser Netz“ Lenningen, das zur Arbeitsgemeinschaft DOLE gehört. Es sei nicht nur für die Gäste wertvoll, sondern auch für ihre Angehörigen. Sie werden oft über die zwei Stunden des Treffs hinaus entlastet, weil ihre Pflegebedürftigen zufrieden und ausgeglichen sind. „Fast alle sagen uns, am Abend nach dem Treff ist es einfach schön“, so Steiner.